Die meisten sexuell übertragbaren Infektionen äußern sich durch Symptome: Hautveränderungen, Schmerzen, Jucken, Brennen, Ausfluss, Durchfall, Fieber etc.
Es gibt jedoch eine Reihe von sexuell übertragbaren Infektionen, die (zunächst) symptomlos verlaufen, bzw. deren Symptome nicht bemerkt werden, da sie nicht sichtbar oder nicht spürbar sind, oder weil die Symptome so uncharakteristisch sind, dass nicht an eine Infektion gedacht wird.
Dazu gehören Hepatitis B und C, HIV und die Syphilis. Es ist nicht möglich, allgemein gültige Empfehlungen zu geben, wie oft sich jemand auf diese Infektionen testen lassen sollte, denn das Risiko hängt davon ab, wer wo mit wem wie oft welche Art von Sex hat.
Die Zeiten, in denen marginalisierte Gruppen innerhalb einer Gesellschaft zwangsgetestet werden, sind in der BRD glücklicherweise vorbei. So waren noch vor wenigen Jahren zum Beispiel Prostituierte gezwungen, dem Gesundheitsamt regelmäßige Nachweise über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein sexuell übertragbarer Infektionen zu liefern. Heute sind solche Testungen freiwillig, egal ob homo oder hetero, egal ob Sex aus Leidenschaft oder für Geld.
Seit es Medikamente gibt, die bei Menschen mit HIV den Ausbruch von AIDS verzögern, werden regelmäßige Antikörpertests für Menschen mit dem Risiko einer Infektion eigentlich von allen Akteuren im Gesundheitssystem empfohlen. Je nachdem, wie viele Sexpartner jemand hat, wie häufig die sexuellen Kontakte sind, welche Sexualpraktiken gewählt werden und ob beispielsweise ein Partner oder eine Partnerin an einer chronischen Infektion erkrankt ist (HIV, Hepatitis C), können und müssen unterschiedliche Testfrequenzen empfohlen werden.
Die Unsicherheit der Menschen bezüglich sexuell übertragbarer Infektionen wird jedoch leider auch vielfach ausgenutzt. Mittlerweile werden für Selbstzahler sogenannte Check-Up-Untersuchungen von Arztpraxen und Laboren angebotenen, auch ohne dass ein konkreter Verdacht auf eine sexuelle Infektion vorliegt, oder wenigstens ein erhöhtes Risiko bestand. Häufig ist ein Großteil dieser Untersuchungen nicht sinnvoll, dafür aber teuer. Viele frisch verliebte Paare investieren in solche teuren Testungen als "Treuebeweis"... - dem Labor ist dabei meistens sehr viel mehr geholfen als dem oder der Liebsten.
Zum Beispiel Antikörpertests: Antikörper sind Eiweiße, die vom Körper als Reaktion auf eine Infektion gebildet werden, und die direkt oder indirekt bei der Eliminierung der Erreger mithelfen.
Als Faustregel gilt: Antikörpernachweise sind für chronische Infektionen sinnvoll (wie für HIV), da es erstens einige Zeit dauert, bis sich überhaupt Antikörper bilden, so dass bei einer akuten Erkrankung Antikörper oft noch gar nicht im Blut vorhanden sind. Selbst bei einer akuten Syphilis im ersten Stadium hinkt der Antikörpertest ungefähr eine Woche hinterher. Hat der Körper einmal Antikörper gebildet, sind sie wiederum längere Zeit nachweisbar, auch wenn die Erkrankung längst behandelt und ausgeheilt ist.
Aber auch für viele sexuell übertragbare Infektionen, die chronisch verlaufen oder verlaufen können, sind Antikörpertests nur sehr bedingt hilfreich: So gibt mir beispielsweise ein negatives Testergebnis bezüglich gegen Chlamydien gerichtete Antikörper falsche Sicherheit: Zwar bedeutet es, dass ich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch keinen Kontakt mit Chlamydien hatte - nur kann sich dies schon morgen beim nächsten Date rasch ändern...
Ist mein Testergebnis positiv, bedeutet dies nur, dass ich irgendwann einmal Kontakt mit Chlamydien hatte. Noch unsinniger sind Tests auf Antikörper gegen Herpesviren. Herpes - egal ob Genital- oder Lippenherpes, macht sich immer irgendwann bemerkbar, darauf kann man sich verlassen! Wer noch nie Bläschen im Bereich der Lippen hatte, kann auch ohne Antikörpertest mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass er oder sie zu den 15% in Deutschland gehört, die (noch) nicht mit dem Lippenherpesvirus infiziert sind.
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Es gibt eigentlich nur zwei Antikörpertests, die für Menschen mit wechselnden SexpartnerInnen ohne Einschränkung als sinnvoll zu erachten sind: HIV-Antikörper und Syphilis-Antikörper. Bei der Syphilis steht die Behandlung als Konsequenz im Vordergrund, bei HIV zunächst meist das Wissen um die eigene Infektion.
Antikörpertests für Hepatitis A und B sind nur in drei Situationen sinnvoll: vor der Impfung, zur Überprüfung des Impferfolgs, und für die Nicht-Geimpften nur, um manifeste Erkrankungen nachzuweisen oder auszuschließen.
Die Notwendigkeit einer regelmäßigen Testung auf Hepatitis-C-Antikörper ist umstritten, da bislang nicht klar ist, wie häufig Hepatitis C sexuell übertragen wird. Bei nicht-blutigen Sexpraktiken wird Hepatitis C vermutlich ausgesprochen selten übertragen. Menschen, die sich Drogen in die Vene spritzen, sich häufig Piercings stechen oder Tattoos setzen lassen (insbesondere wenn das im Knast passiert), Menschen, die sich fisten lassen oder einen Partner oder eine Partnerin haben, die chronisch an Hepatitis C erkrankt ist, haben ein eindeutig erhöhtes Risiko, sich mit dem Hepatitis-C-Virus zu infizieren. Für diese Menschen kann eine ein- bis zweijährliche Routinetestung empfohlen werden, für alle anderen nicht.
Menschen mit HIV und wechselnden SexpartnerInnen sollten sich einmal im Jahr auf Feigwarzen und andere sexuell übertragbare Infektionen körperlich von einem Arzt oder einer Ärztin untersuchen und sich auf Syphilis-Antikörper testen lassen.
Obwohl, wie oben dargestellt, allgemeine Empfehlungen zur Testfrequenz problematisch sind, kann gesagt werden, dass ein- bis zweimal jährliche Antikörpertest für HIV und Syphilis sicherlich die Obergrenze sind. Zumal es jedes Mal furchtbar aufregt.
Alles andere, Routine-Abstriche aus der Harnröhre auf Gonokokken oder Chlamydien zum Beispiel, sind vor allem eins: schmerzhaft. Auch wenn Infektionen mit Gonokokken und Chlamydien stumm verlaufen können, reicht es völlig aus, die ärztliche Praxis erst dann aufzusuchen, wenn ich oder jemand, mit dem ich Sex hatte oder habe, Symptome bekommt. Wichtiger als alle Testerei ist ein umsichtiger Umgang mit sich selbst und anderen. Dazu gehören Safer Sex und die Kenntnis der Symptome sexuell übertragbarer Infektionen. Mit dem Restrisiko sollten wir in erster Linie: leben.
Mikrotiterplatte mit Antikörpertests
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Nachsatz zur Kostenfrage
Das Robert Koch Institut empfiehlt "vierteljährliche Untersuchungsintervalle für Personen mit zwei oder mehr Sexualpartnern pro Monat". Diese Empfehlungen wurden gemeinsam mit der Deutschen AIDS-Gesellschaft, der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der HIV-Versorgung, der Deutschen STD-Gesellschaft sowie der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie erarbeitet. Das Problem dabei, abgesehen von der psychologischen Belastung, besteht darin, dass von den Krankenkassen offiziell solche Vorsorgeuntersuchungen nicht bezahlt werden.
Viele - aber nicht alle - Gesundheitsämter bieten kostenlose und anonyme Tests an, meistens für Syphilis und HIV.
Streng genommen wird jede Untersuchung auf sexuell übertragbare Krankheiten nur dann von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, wenn ein klinischer Verdacht vorliegt, oder eben, wenn der oder die SexpartnerIn erkrankt ist. Glücklicherweise führen nicht die Krankenkassen, sondern höchstens die Schwulen selbst – beispielsweise in Profilen schwuler Internetportale – Listen über ihre Sexualkontakte.
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Hinweis: Das Lesen von Texten zu medizischen Themen ersetzt nicht den persönlichen Besuch bei deinem Arzt oder deiner Ärztin.
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