Juckreiz ist eine Hauterscheinung, die eine im wahrsten Sinne des Wortes in den Wahnsinn treiben kann. Insbesondere wenn der Juckreiz auf Schwanz oder Scheide begrenzt ist, müssen zwei sexuell übertragbare Erreger als Ursache in Betracht gezogen werden: Die Krätzemilbe und die Filzlaus.
Die Krätze (=Skabies) ist eine geschichtsträchtige Erkrankung und begleitet die Menschheit seit mehreren tausend Jahren. Dieses Spinnentier fühlt sich in den oberen menschlichen Hautschichten wohl, führt dabei aber zu scheußlichem Juckreiz. Beim ersten Kontakt mit der Skabiesmilbe dauert es noch vier bis sechs Wochen, bis der heftige nächtliche Juckreiz beginnt, bei jeder weiteren Infektion kommt es meist innerhalb von wenigen Tagen zu juckenden Hauterscheinungen.
Zur Häufigkeit der nicht meldepflichtigen Kr¨zte können keinen genauen Aussagen gemacht werden. Schlechte Wohn- und Hygieneverhältnisse fördern die Ausbreitung der Milbe.
Die bereits mit einer Lupe erkennbare Milbe (Sarcoptes scabiei hominis ) hat vier Beinpaare, ist rundlich bis oval von Gestalt und ca. 0,4mm groß. Da der Parasit auf Luftatmung angewiesen ist, verbleibt er in der oberen Hautschicht. Hauptübeltäterin ist das Milbenweibchen, welches in der Hornschicht Gänge gräbt und dabei Kot und (täglich ein bis drei) Eier ablegt. Oft führen die Milbengänge zu einem kleinem Milbenhügel unter dem die Milbe liegen bleibt. Nachts machen sich Männchen und Weibchen auf den Weg zur Partnersuche. Aus den Eiern schlüpfen nach drei Tagen junge Larven, die nach zwei Wochen zu geschlechtsreifen Milben geworden sind. Ihre Lebenserwartung beträgt ungefähr zwei Monate.
Die Übertragung der Erreger erfolgt vor allem durch engen Körperkontakt, zum Beispiel im Bett, bei Familienkontakten, in Heimen und Kasernen. Selten kommt es zur Übertragung durch erregerhaltige Bettwäsche, Handtücher, Kissen oder ähnlichem. Dabei muss es zur Übergabe eines begatteten Milbenweibchens kommen, so dass das Übertragungsrisiko mit der Anzahl der weiblichen Milben steigt.
Nach ungefähr vier Wochen kommt es dann zu Ekzemen, also Entzündungen der Haut vor allem an Stellen, wo die Haut dünn und es warm ist. Dies sind zum Beispiel die Räume zwischen den Fingern, unter der Achsel und unter der Brust sowie ums Genital herum. Vermutlich entsteht der unglaubliche Juckreiz durch die Bewegung der Milben, also durch «Kitzeln» der Beine, aber auch durch eine allergische Reaktion auf die Milben und ihren Kot. Bei jeder weiteren Infektion mit den Milben kommt es innerhalb von wenigen Tagen zum Juckreiz.
Üblicherweise finden sich nur wenige lebende Milbenweibchen (10 bis 50) auf einem befallenen Körper. Bei immungeschwächten Menschen kann sich die Milbe jedoch deutlich besser vermehren und es kann zu «krustigen Skabies» (sogenannte Scabies norvegica) mit Tausenden von Milben kommen. Das Ansteckungsrisiko ist dann natürlich deutlich höher.
Nächtlicher Juckreiz ist immer sehr verdächtig auf Skabies, kommen dann noch entzündete Hautveränderungen an den oben genannten Stellen dazu, ist die Diagnose schon sehr wahrscheinlich. Beweisend für eine Krätze ist der Fund einer Milbe, dabei gräbt der Arzt jedoch sehr oft im Dunkeln. Hautgeschabsel aus einem Milbenhügel, welches unter dem Mikroskop betrachtet wird, hat eine geringe Trefferquote, Tesafilmabrisse sind ähnlich schlecht. Manchmal lassen sich unter einer speziellen Lupe (Dermatoskop) die Gänge, die Milben oder der Milbenkot nachweisen. Es gibt keine Laboruntersuchung zum Nachweis einer Skabiesinfektion.
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Das klassische Jacutin® (Lindan) hat bei der Behandlung der Skabies langsam ausgedient, neuere Präparate sind besser wirksam und nebenwirkungsärmer. Eine Wiederholung der Therapie am darauf folgenden Tag und eine Woche später sind empfehlenswert. Wirksam, aber für die Therapie der Skabies offiziell nicht zugelassen, ist auch eine Tablette. Diese lässt sich jedoch über internationale Apotheken beziehen.
Nach der Therapie bitte nicht die Nerven verlieren, wenn der Juckreiz nicht sofort verschwindet. Bis die Haut wieder abgeheilt ist, können noch ein paar Tage (manchmal auch Wochen) vergehen.
Die Elimination der Milben und das Vermeiden eine erneuten Infektion sind das Ziel der Therapie. Deshalb müssen auch die Partner und Familienangehörige, auch wenn sie beschwerdefrei sind, mitbehandelt werden. Ebenso müssen die «Leibwäsche», also Textilien mit Körperkontakt (Unterwäsche, Schlafanzug, Bettwäsche usw.), gewechselt und gewaschen (Waschmaschine bei 60°C) werden. Möbel (Sofas, Stühle, Bett) oder Teppiche bitte mehrfach staubsaugen oder reinigen. Nicht waschbare Kleidung, Schuhe, Plüschtiere o.ä. sind nach 14tägiger Lagerung in luftdicht verschlossenen Plastiktüten oder nach Einfrieren milbenfrei.
Sackratten oder Filzläuse sind putzige kleine Tierchen, die mit bloßem Auge sichtbar sind. Ihre Größe beträgt ungefähr zwei bis drei Millimeter. Sie besitzen drei Paar sehr kräftige Beine, mit denen sie sich an Haare oder andere Strukturen festklammern. Innerhalb von drei Wochen entsteht aus einem Ei eine geschlechtsreife Laus. Seine nächsten Verwandten sind die Kopf- und die Kleiderlaus. Lateinisch wird die Filzlaus Pediculus oder Phtirius pubis genannt. Die Verwandtschaft mit der loriotschen Steinlaus ist nicht sicher nachgewiesen.
Bei engem körperlichem Kontakt kommt es zur Übertragung der Läuse, die sich von Schamhaar zu Schamhaar hangeln. Eine Übertragung durch gemeinsam benutzte Textilien (Unterhose, Handtuch, Badehose) ist möglich, aber selten.
Auch beim Filzlausbefall kommt es zu Juckreiz am Genital und an den mit Schamhaar bedeckten Stellen. Der Juckreiz ist auszuhalten und tags wie nachts gleichbleibend. Es handelt sich hierbei um Stiche der Laus, während der Nahrungsaufnahme, denn die Laus ist ein blutsaugendes Tier. Manchmal kommt es zu bakteriellen Entzündungen der Einstichstellen durch massives Kratzen.
Meistens entdecken die Betroffenen die krabbelnden Tierchen und können sie dem Arzt zeigen, es handelt sich also um eine Blickdiagnose. Da die Läuse manchmal schwer auszumachen sind, sucht der Arzt vor allem nach den Eiern der Läuse. Diese werden Nissen genannt und hängen weiß bis durchsichtig wie Kornähren an den Schamhaaren. Eine Lupe erleichtert das Auffinden von Eiern und Läusen ungemein. Ältere Bissstellen erscheinen blau und werden Tâches bleues genannt.
Ziel der Therapie ist das Abtöten der Läuse und auch der Eier. Zur Lausbehandlung sind unterschiedliche Substanzen zugelassen. Nach der Behandlung mit solch einem Medikament sollte man versuchen, möglichst viele Eier mechanisch zu entfernen. Dazu verdünnt man Haushaltessig 1:2 mit Wasser, lässt diese Tinktur ungefähr zehn Minuten einwirken. Danach mehrfaches Kämmen der Schamhaare mit einem möglichst engzinkigen Kamm. Auch eine Rasur der Schambehaarung, falls nicht überbordend, hilft der Eireduktion.
Nach acht bis zehn Tagen sollte die Behandlung noch einmal wiederholt werden, weil das genau der Zeitraum ist, in der die nächste Laus-Generation geschlechtsreif ist.
Um eine schnelle Rückkehr der Tierchen zu vermeiden, auch hier an Partner(innen) Behandlung denken sowie eine gründliche Reinigung (Waschmaschine bei 60°C) der Leibwäsche (Unterhose, Schlafanzughose, Handtücher, Bettwäsche usw.) vornehmen.
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