queering spaces

Wie jedes Jahr im Sommer verlassen wir mit dem kraß die vier Kneipenwände des zakk, um den Barabernd für lesben.schwule.queers nach draußen zu verlegen:

queering spaces

Freitag, 13. August 04, ab 21.00 h

Bremen, Fockegarten am Weserufer zwischen Stephani- und Eisenbahnbrücke

"queering spaces" bezeichnet die Raumnahme von Orten, die wir durch unsere Anwesenheit temporär als queer (um)definieren. Indem wir uns Orte aneignen, verändern wir aktiv die heteronormativ dominierte Geographie unserer Umgebung. Das Besetzen von Orten war und ist eine existentielle Notwendigkeit, um sexuelle Identitäten und Kulturen leben und entwickeln zu können. Diese Räume unterliegen ständigen Veränderungen. Lesbische, schwule, queere Räume sind daher immer auch umkämpfte Räume.

Mit der rechtlichen und gesellschaftlichen Etablierung einer Homosexualität, die sich in den bürgerlichen Wertekanon einordnet, nimmt die Repression gegen Räume unangepasster, nicht-normativer Sexualität zu. Öffentliche Grünanlagen als Orte schwuler Sexualität sind ein Beispiel dafür, wie die aktuelle Sicherheits- und Ordnungspolitik in die Topographie subkultureller Orte eingreift. In der Logik der Rhetorik dieses Sicherheitsdiskurses ziehen Schmutz und Dunkelheit als verhaltensauffällig definierte Gruppen an, die die "Sicherheit und Ordnung" stören. Stärkere Beleuchtung und die Auslichtung von Gebüschen sollen Parkanlagen "sicher und sauber" machen. Cruising Areas werden durch solche Umgestaltungsmaßnahmen "zurückgebaut", eingeschränkt und letztlich verdrängt.

Nachdem wir uns in den letzten Jahren aus der Nähe zu Cruising Areas entfernt haben und diesen Prozess letztes Jahr benannten, indem wir unter dem Label "queering spaces" die Tätigkeit des Besetzens anstelle der besetzten Orte in den Vordergrund stellten, ziehen wir dieses Jahr dann doch wieder in eine Cruising Area: auf der Suche nach öffentlichen Räumen, in die wir unserem Barabend verlegen können, stießen wir erneut auf den Fockegarten, der bereits in früheren Jahren als Ort unserer temporären Raumnahme im Gespräch war.

Die Cruising Area im und rund um den Fockegarten über die Bahngleise hinweg galt lange Zeit als "gefährlicher Ort". in den letzten Jahren gab es wiederholt Meldungen antischwul motivierter Angriffe auf dort cruisende Männer, auch wenn sich diese Informationen oftmals nicht endgültig bestätigen ließen. Der Fockegarten stellt sich daher als ein schwer einschätzbarer Ort dar, der sich einer präventiven Aufklärungsarbeit zu antischwuler Gewalt sowie der Aids-Prävention weitgehend entzog.

Gleichzeitig ist die Umgebung des Fockegarten ein Ort, der in den letzten Jahren städtebaulichen Veränderungen unterlag. Die Umgestaltung der Weserpromenade als touristentaugliche Flaniermeile und als Verlängerung der Gastronomiezeile an der Schlachte sowie der Kahlschlag auf der anderen Bahnseite, wo zukünftig die entstehende Überseestadt an die Innenstadt stoßen soll, bedeuten strukturelle Eingriffe in diesen öffentlichen Raum schwuler Sexualität.

"queering spaces" verstehen wir auch als ein Thematisieren und Sichtbarmachen umkämpfter Räume durch unsere temporäre Aneignung. Der Fockegarten als ein öffentlicher schwuler Raum ist ein gefährdeter Ort, der durch die städtische Umstrukturierung vom Verschwinden bedroht und bereits eingeschränkt ist.

Einen bereits schwul besetzten Ort durch die Tätigkeit "queering spaces" zu einem queeren Raum zu erweitern, empfinden wir als schwierig. Darum möchten wir uns angemessen unaufdringlich im der Weser zugewandten Bereich des Fockegartens bewegen. Unsere Gegenwart an dem Abend wird von den Cruisern vielleicht als störend empfunden werden. Unsere Raumnahme soll ihnen möglichst wenig Raum nehmen bzw. ausreichend Raum lassen.

Musik wird es dennoch geben, wenn auch nicht aus fetten Boxen, und wenn sich die technische Frage der Stromzufuhr noch klärt, auch ein kleines Videoprogramm zu public sex und public space. Sitzgelegenheiten gibt es ausreichend vor Ort (Bänke und Treppen); wenn ihr mögt, bringt euch Decken, Isomatten, Kissen ... mit.

ps: bei Regen oder anderen Unwettern gehen wir ins zakk.

kraß --> bar für lesben.schwule.queers

krass@klubraum.org

zakk.klubraum.org
pit (hh): dann müssen die schwulen eben mal woanders hingehen, herjehminee, nein auch schwule haben kein recht auf ewige zwischennutzung als cruising meile.  
pit (hh): eh kraß, habt ihr was gegen touristen - oder las ich euren text falsch, meine eltern fahren reglmässig nach hb, wollt ihr die nicht, sagt einfach bescheid.  
tim.randale: Wir Schwulen werden bestimmt ebenbürtige Nachfolger der Vertriebenenverbände Schlesiens und Ostpreußens, auf unsere ganz eigene schwule Art :-))  
Lore Logorrhöe: wie "queer" ist denn dieser space? es geht doch mehr um männer, die mit männern sex haben, oder? wie transig und lesbisch ist denn dieses cruisinggebiet? und warum dürfen schwule andere schwule beim cruisen nicht belästigen? die schwulenbewegung der 70er hat genau solche aktionen gemacht.  
konrad: zickenalarm bei etuxx?  
antos: Glaubt hier eigentlich irgendwer wirklich, dass in öffentlichen Anlagen neben Grünzeugs auch "sexuelle Identitäten und Kulturen" wachsen? Oder daran, dass ausgerechnet bei der stummen Suche nach dem kleinen Kick eine "unangepasste, nicht-normative" Sexualität ihr revolutionäres Haupt erhebt?