Die warme Pistole auf der Brust
von Detlef Grumbach



Die Süddeutsche Zeitung (16.04.2004) bespricht die in der Bibliothek rosa Winkel erschienene Autobiographie von Wolfgang Cordan (leider nicht in der Online-Ausgabe). Sie tut dies rundherum positiv, klagt darüber, dass Cordan so unbekannt ist und schließt dann: "Dies hätte sich mit der Veröffentlichung seiner Autobiographie, die große Aufmerksamkeit verdient, ändern können. Aber sie ist in einem Nischenverlag erschienen, der sich vor allem für die sexuelle Präferenz eines Autors interessiert. Eine solche - auch innerhalb der Schwulenszene umstrittene - Reduzierung ist umso unangemessener, als es im Text allenfalls vage Anhaltspunkte für eine gelebte Homosexualität gibt. Von der Vergessenheit des Exils ins Hermetische einer Subkultur - leider landete Cordan in der publizistischen Abseitsfalle." Wir fanden das einen Leserbrief wert und wollen den hier einer möglicherweise interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen:

Betr.: "Die warme Pistole auf der Brust". Rezension von Wolfgang Cordan: "Die Matte" in der Süddeutschen Zeitung vom 16. April 2004

Sehr geehrte Damen und Herren,

Autoren und Verlegern geziemt es zu schweigen, wenn ihre Bücher kritische Aufnahme im Feuilleton finden, doch im Falle des hymnischen Lobes der Cordan-Autobiographie "Die Matte" in der Süddeutschen Zeitung vom 16. April 2004 wollen wir von dieser Goldenen Regel einmal abweichen. Zumal hier der Verlag Zielscheibe der Kritik wurde, und nicht das Buch.

Cordan, so schreibt der Rezensent Michael Philipp, wurde "nach 1945 nicht recht in der bundesrepublikanischen Literatur beheimatet." Das ist wohl wahr. Um das später in die Rezension eingeführte Bild des Fußballspiels aufzugreifen: Deutsche Verlage haben dem Autor im Laufe der Jahre leider die Rote Karte gezeigt und ihn des Platzes verwiesen!

Angesichts dieser Tatsache hätte man sich als Kleinverleger eigentlich ein dickes Lob dafür gewünscht, den mittlerweile weitgehend unbekannten Autor mit hohem finanziellen Risiko wieder ins Spiel gebracht zu haben. Nun mäkelt der Rezensent aber herum und versteigt sich sogar zu der Behauptung, die Publikation des Buchs im MännerschwarmSkript Verlag sei unangemessen, "umso unangemessener, weil sich der Verlag", so behauptet der Rezensent, "vor allem für die sexuelle Präferenz eines Autors interessiert" und es für "eine gelebte Homosexualität" im vorliegenden Buch "allenfalls vage Anhaltspunkte" gibt. Cordan sei bei MännerschwarmSkript "in der publizistischen Abseitsfalle" gelandet, schreibt Philipp abschließend in seiner Kritik. "Stampft das Buch ein!", würde er uns womöglich gerne hinterher rufen. Und dann?

Nun mag man fragen (und auch ein Redakteur hätte das tun können), woher der Rezensent seine Informationen bezieht. Oder aber, warum er nicht nach möglichen Gründen fragt, warum das von ihm über den grünen Klee gelobte Buch nicht in einem anderen Verlag erschienen ist. (Das Geld war es nicht, mit dem wir andere ausgestochen haben könnten.) Und wie er darauf kommt, die Publikation von Cordans Autobiographie in unserem Verlag als unangemessen, quasi als Betriebsunfall darzustellen. Widerlegt nicht die Lektüre dieses einen immerhin bei uns und seit seiner Niederschrift 1966 nirgends anders verlegte Buch die ganze "Philippika" und die in ihr enthaltenen Vorurteile? Zugegeben, wir sind ein Nischenverlag. Wir machen Bücher aus der Nische. Aus der Nische heraus. Nicht für die Nische. So stellt eine von der Hamburger Kulturbehörde eingesetzte unabhängige Jury für die Vergabe einer Verlagsprämie nach genauerer Analyse des Verlagsprogramms fest:

Der MännerschwarmSkript Verlag "hat es von Beginn an vermieden, ideologisch oder sektiererisch vorzugehen, hat sich im Gegenteil stets bemüht, allgemein gültigen literarischen Qualitätskriterien zu genügen. Besonders mit den jüngsten Verlagsnovitäten, die einem allgemein literarisch, literarhistorisch und soziologisch interessiertem Publikum interessante Themenkreise erschließen, zeigt der MännerschwarmSkript Verlag, dass ein Verlagsprogramm, das sich dem Thema "Homosexualität" verpflichtet fühlt, nicht nur Ebenbürtiges, sondern sogar Besseres zu leisten vermag als eine entsprechende Reihe in einem großen Publikumsverlag."

Noch Fragen bitte? Ach ja! Nehmen wir nur mal einen Augenblick lang an, der Rezent hätte Recht - mit der Abseitsfalle. Wer lockte den Autor denn da hinein? Der Verlag, der ihn auf den Platz stellt, oder Rezensent wie dieser, die die Tinte nicht halten können und in ihrer Gedankenlosigkeit erst jene Zusammenhänge produzieren, gegen die sie sich dann wortreich entrüsten.

Mit freundlichen Grüßen,
Detlef Grumbach
MännerschwarmSkript Verlag
Lange Reihe 102
20099 Hamburg
Sascha B.: Das Urteil des SZ-Rezensenten über den MännerschwarmSkript Verlag ist zwar unangemessen; es erinnert aber zumindest im Ansatz an eine nicht ganz unberechtigte Kritik vieler Leserinnen und auch Autorinnen an der Einrichtung von speziellen "Frauenreihen" in Verlagsprogrammen der 70er und 80er Jahre. Irgendwann wurde dann klar, wie beschränkt und antiemanzipatorisch es ist, grossartigen Büchern wir denen von Irmtraut Morgner oder Kate Millett das Etikett "Frauenliteratur" aufzukleben.  
Sascha B.: Das Programm von MännerschwarmSkript unterscheidet sich natürlich wohltuend von dem reinen Nischenkommerz eines Bruno Gmünder - trotzdem ist auch dort die Nische nicht einfach wegzudiskutieren. Als schwuler Romanschriftsteller würde ich auf das Label "Schwulenroman" für meine schwulen Romane keinen Wert legen und versuchen, mein Manuskript eher bei Wagenbach oder Ammann etc. unterzubringen als bei MännerschwarmSkript. Es gibt da eben das Gefühl: Wenn´s literarisch gut genug ist, dann nehmens auch die "ungelabelten" Verlage.  
lore @ sascha: das problem ist aber doch die gesellschaftliche situation, die die nische produziert, und nicht der verlag, der daraus versucht, was zu machen. in diesem fall zeigt es halt mal wieder die homophobie des rezensenten und von dir.  
Sascha B.: Lore, ich hätte ein bisschen mehr von Dir erwartet, als dass Du gleich die Ideologiekeule auspackst. Natürlich ist "die gesellschaftliche Situation das Problem" - und da gibt es eben eine immer wieder zu beobachtende Sukzession der Emanzipation (tut mir ja leid, dass ich so fortschrittsgläubig bin :-), in deren Verlauf Schwulenverlage ebenso immer obsoleter werden wie sog. Frauenliteratur es wurde. Und diese Entwicklung verläuft quer zur Distinktion Mainstream - Underground.  
Sascha B.: Noch sind schwule Verlage nicht überflüssig, aber schwule Themen sind eben auch nicht mehr "ähbäh" und werden, ausreichende Qualität vorausgesetzt, oft auch von anderen Verlagen publiziert (und zwar nicht nur, weil diese damit Kohle scheffeln wollen - wenn Du William Burroughs, Hubert Fichte, Allen Ginsberg usw. publizierst, wirst du eher nicht reich damit).  
Detlef Grumbach, Männerschwarm: Drei Hinweise vom Verlag: Auf unserer website steht eine Rede Detlev Meyers zu unserem 5. Verlagsgeburtstag, die sich mit dem Thema beschäftigt. Man findet den Link auf der Startseite unten: "Was ist ein schwules Buch?". Außerdem setzen wir uns in unserem Verlagsprortait (Navigation: Über uns") und der dort verlinkten Dankesrede für die Verlagsprämie der Freien und Hansestadt Hamburg mit der Frage auseinander. Die direkten URLs: www.maennerschwarm.de/schwulbuch.html; verlag.html; rede.html Grüße von Detlef Grumbach, MännerschwarmSkript  Männerschwarm Buchladen und Verlag
Halford: Abgesehen von dem Mumpitz von Michael Philipp: Die Frage nach der Existenzberechtigung schwuler Strukturen stellt sich deshalb laufend neu, weil diese Strukturen als Reaktionen auf Bedingungen entstanden sind, die sich verändert haben und weiter verändern. Das sollte über den Bereich des Verlagswesens hinaus diskutiert werden.  
Lore Logorrhöe: ich frage mich, warum sich schwule alle nase lang die frage stellen, ob sie noch eine existenzberechtigung haben oder ob sie sich nicht doch besser in der allgemeinheit auflösen sollten.  
Halford: Weil Fragen stellen klug machen soll, vor allem dann, wenn man die Antwort nicht schon vorher weiß. Ich denke aber nicht, dass das Ende des Schwulseins droht, wenn schwule Strukturen auf ihre Sinnhaftigkeit hin überprüft werden.  
Lore Logorrhöe: mein gott, da hat ein verlag sich die arbeit gemacht und ein buch publiziert, das sonst niemand rausgebracht hat, und jetzt hauen alle in die gleiche kerbe wie die süddeutsche und hinterfragen die sinnhaftigkeit schwuler strukturen. ich finde das schäbbig. die links von detlef warn übrigens höchst interessant. danke!  
Sascha B.: Lore, diese Frage hast Du falsch gestellt (bzw. wiedergegeben). Richtiger wäre es festzustellen, dass Homosexualität längst kein Kriterium mehr dafür ist, von vornherein (= per se) ausgegrenzt zu werden. Und da also dies kein Differenzkriterium mehr ist - lass uns bitte neue ausdenken (oder meinethalben alte wieder hervorholen)! Schwul zu sein alleine genügt nicht und bedeutet noch gar nichts! Einverstanden?  
Lore an alle: der erwähnt vorfall beweist doch gerade, dass homosexualität wohl offensichtlich schon noch ein kriterium sein kann, um ausgegrenzt zu werden. schwulsein BEDEUTET etwas in dieser gesellschaft. natürlich ist diese bedeutung das komplexe und plurale ergebnis von hegemoniekämpfen und realisiert sich mal mehr so, mal mehr so.  
André Beßler: Was für eine geschichtete Wahrnehmung! Geht es nun um die Frage, ob ein Buch gleichsam "nicht schwul genug für einen schwulen Verlag" ist oder um die Autobiografie Wolfgang Cordans, dessen Lebensleistung doch wohl jedem Menschen einigen Respekt abnötigen muss? Die jüdischen Jugendlichen, denen Wolfgang Cordan im niederländischen Exil das Leben gerettet hat, wären vermutlich eher irriert über diese Diskussion.  
Onair: Wenn es Luxus-Diskussionen gibt, dann diese. Der Ehrenrettung halber muss aber erinnert werden, von wem sie angestoßen wurde: der Süddeutschen Zeitung. Was abermals die Provinzialität dieses Blattes unterstreicht. Schade, dass war nicht immer so. Aber die TAZ hat wohl Recht, wenn sie in ihrer Jubiläumsausgabe die Süddeutsche in 50 Jahren dort angekommen sieht, wohin sie sich gerade bewegt. In der Abseitsfalle.  
beate bronski: Gut, dass ihr den Brief vom Männerschwarmverlag veröffentlicht habt. Ich finde es absurd, dass eine homophobe Rezension in der SZ eine Diskussion über die Legitimät eines schwulen Verlags auslöst. Und das gerade hier. Gehört denn dann etuxx nicht auch zu der schwulen Struktur, die einige hier als überholt erachten?  
beate bronski@Detlef Grumbach: Gibt es schon eine Reaktion der Süddeutschen Zeitung?  
Gerne Süddeutsche-Leserin: Die Besprechung ist und bleibt schwulenfeindlich und Rezensent Michael Philipp gehört auf die Finger geklopft. Onairs gesichtete Provinzialität der Süddeutschen Zeitung kann ich aber ansonsten nicht bestätigen und finde seinen Einwand flappsig, hochnäsig und dumm, na er wollt' halt auch was sagen, so wie ich.  www.sueddeutsche.de
nochnäsig und dumm: huch, da hat sich die süddeutsche zeitung doch tatsächlich als eine ihrer leserinnen getarnt.  
Detlef Grumbach, Männerschwarm: Die Süddeutsche hat reagiert. Franziska Augstein, die im Mail-Verteiler des Verlags ist, hat unseren "offenen" Leserbrief gelesen und sich sofort gemeldet. Sie hat uns gebeten, eine gekürzte Fassung zu liefern und wollte sich für die Veröffentlichung einsetzen. So ist es dann geschehen: am 22. April wurde er gedruckt. Demnächst auch auf unserer Website.  Männerschwarm Buchladen und Verlag
Sascha B. @ B. Bronski: Provokation (zugegeben): Diese Rezension in der SZ war eigentlich nicht homophob, sondern homophil. Einfach mal um die Ecke denken, geht doch - oder?!  
Halford: Die Logik (?) von Cordan beruht auf der Vorstellung, Schwule denken nur an Sex. Inwiefern kann diese Vorstellung homophil sein?  
La Grit @ Sascha B.:: Irgendwie müsste Dir doch klar sein, wie schräg Du argumentierst. Und irgendwie wäre es doch nicht zu viel verlangt, wenn Du Dich einfach mal mit dem Selbstverständnis des MännerschwarmSkript Verlages auseinandersetztes, wie sie in Detlev Meyers vortrefflicher Agrumnetation "Woran erkennt man ein schwules Buch?" dokumentiert ist. Dann müsstest Du eigentlich verstehen, dass Du an dieser Stelle ziemlich bigotte und nicht ganz zu Ende gedachte Vorurteile reproduzierst.  
La Grit @ Sascha B. again: Ich beziehe mich auf Deine Einlassung "Wenn's gut genug ist, dann nehmen's auch die 'ungelabelten' Verlage". Ist das vielleicht die von Dir herbeigewünschte neue Differenzierungsleistung zwischen "guter/ungelabelter" Literatur und "schlechter/schwuler" Literatur? Ich habe allerdings den Eindruck, dass es so ist und ich bin bis auf weiteres gespannt auf die Qualität Deine Entgegnung!  
Sascha B.: Jaja, ich bin auch gespannt (gähn!), gespannt auf "auseinandersetzes" und "Agrumnetation". Bleib doch gespannt und fick Dich selbst. (Im übrigen ist Det Meyer der unbegabteste Kronzeuge, der sich denken lässt.) Aber natürlich möchte ich weiter provozieren: Gute Literatur hat es wirklich nicht nötig, sich als "schwule" zu verkaufen. Das ist übrigens kein Einwand gegen das Verlagsprogramm von "MännerschwarmSkript", das ich sehr gut finde. Aber Differenzierungen liegen nicht jedem oder jeder...  
La Grit @ Sascha B.: Wow, super! Du bist ja cool *gacker! Ich würde ja gerne wissen, warum Dich das ganze Thema so heiß macht, dass Du meinst, hier Dein Reißzweckenhämmerchen rausholen zu müssen. Wenn wir uns schlagen wollen, nimm die Brille ab, und ich besorge uns einen Strauß weiße Lilien. Aber es ist ja auch aus dem Zusammenhang Deiner bisherigen Äußerungen ersichtlich, dass Du die selben Denkmuster dieser ziemlich peinlichen Philippika bedienst, "gut=ungelabelt" versus "schwul=ahbäh". Ob Du Dir dessen nun bewusst werden kannst/willst oder eben nicht.  
Return of La Grit aganist Sascha B.: So ist das mit den Differenzierungen, und wie Du richtig sagst, liegen die eben nicht allen. Dass sie Dir nicht liegen, hast Du nun hinlänglich unter Beweis gestellt. Und bemühe Dich doch bitte nicht weiter als Provokateur, bei Dir ist das doch nur eine Pose, und sie steht Dir vor dem Hintergrund des von Dir gesagten ganz unvorteilhaft.  
Sascha B.: Das Thema macht mich nicht so wirklich heiss, aber es geht oder liegt mir nahe, weil ich mich auch mal beruflich näher mit Sinn und Unsinn schwuler Buchhandlungen, Sortimente, Verlagsprogramme usf. beschäftigt habe bzw. beschäftigen musste. Warum ist es so schwer zu verstehen, dass es ein Fortschritt sein kann, wenn Verlage eingereichte Manuskripte nach der literarischen Qualität beurteilen und nicht mehr nach überkommener Moral, wenn sie schwule Autoren nicht mehr verstecken? War Detlev Meyer unglücklich darüber, auch bei "Fischer" veröffentlicht zu werden? Ich glaube nicht. Schwul ist eben nicht mehr "ähbäh" - und das ist gut so! :-)  
Sascha B.: Was den "Provokateur" angeht, so magst Du recht haben, dass ich mich da eher zurücknehmen sollte, weil solche Provokationen immer 1:1 genommen werden und ihr Ziel, nämlich eine Diskussion anzustossen, zum Selbstzweck wird. Es endet dann in einem Austausch von Reflexen. - Statt weisser Lilien würde ich übrigens Sonnenblumen vorschlagen. Die sind weniger gruftig...  
La "Serenitá" Grit: Äh, ja, wenn meine Vorrednerin mit der schwierigen Persönlichkeit - kein Grund, gleich wieder hysterisch zu werden, Darling, wir sitzen alle im selben Boot - sich erst mal gesammelt hat und über die Reflexstufe hinaus ist, bringt sie ihr Zeug doch ganz vernünftig zusammen. Ich möchte nun noch einmal allen verbliebenen LeserInnen dieser Kolumne (hallo? ist da jemand? es ist so still um mich...) meinen Standpunkt darlegen und brauche dafür einen zweiten Absatz.  
La Grit: Selbstredend gibt es allgemeine Kriterien zur Beurteilung der Literatur. Man muss sich nur fragen, wer die macht und wie die entstehen. Nun fügt es sich an dieser Stelle, wie die Beobachtung lehrt, oft so, dass das Fachpersonal in vielen Verlagen sich schwer tun mit der Anwendung dieser Kriterien auf schwule Inhalte. Daraus leitet sich die Notwendigkeit einer Publizistik ab, die sich da nicht so schwer tut (verdammt, ich brauch noch einen dritten Absatz).  
La Grit: Diese spezialisierte Literatur kann meinetwegen auch von Marsmenschen betrieben werden, solange sie sich bei der Beurteilung von Texten an sinnvolle (was verhandelbar ist) literarische Regeln halten (und die neue Rechtschreibung). Nun lehrt wiederum die Beobachtung, dass homosexuelle Männer und Frauen vielleicht etwas geeigneter dafür sind, die literarische Darstellung/Abbildung/Gestaltung ihrer Lebensumstände zu beurteilen, als andere Menschen. Nun stellt sich die Frage: Ist dieser BEfund zu bewerten? Und wenn ja, wie?  
André Beßler: (1/5) Dass Michael Philipp die Autobiografie Wolfgang Cordans in der "publizistischen Abseitsfalle" sieht, sollte nicht überdramatisiert werden. Seine Rezension in der "SZ" fand ich insgesamt eher erfreulich. Cordans Bücher werden auch nach Jahrzehnten noch gelesen und keines ist im Abseits gelandet. Als Kleinverlag ... (2/5)  
André Beßler: (2/5) ... ist "Männerschwarm" ein beachtliches unternehmerisches Risiko eingegangen, das Buch rund vierzig Jahre nach der Niederschrift des Skripts zu veröffentlichen. Das späte Erscheinen erklärt sich dabei aber doch wohl eher durch den Umstand, dass einzelne im Buch genannte Akteure die Veröffentlichung lange Zeit behindert haben als mit ... (3/5)  
André Beßler: (3/5) ... verlegerischen Berührungsängsten anderer Verlagshäuser. Denn anders als die Diskussion bisher vermuten läßt, geht es in Cordans Autobiografie nicht so sehr um sein Verhältnis zur Homosexualität, als vielmehr um die entschiedene politische Moral eines in Deutschland geborenen Intellektuellen und um seine ... (4/5)  
André Beßler: (4/5) ... Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft sowie um die Bedeutung von Vertreibung und Holokaust für die kulturelle Verflachung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, mithin der Grund für Cordans Abkehr von der ... (5/5)  
André Beßler: (5/5) ... westlichen Zivilisation und seinen Neubeginn in Lateinamerika. Meiner Meinung wäre es schade, wenn sich unsere Diskussion allzu weit von diesen Aspekten entfernt.  
Tim Buk2: Wer hat sich eigentlich die Begrenzung auf 700 Zeichen ausgedacht? Für eine Diskussion ist das eher "kontraproduktiv". Die Beiträge von La Grit und von Andre Bessler sehn ziemlich zerhackt aus. Bei alledem denk ich, dass es nicht so ganz egal ist, in welchem Verlag ein Buch erscheint.  
André Beßler: Niemand behauptet das. Nur: Ein Verlag muss sich an den Ambitionen und an der Radikalität seiner Autorinnen resp. Autoren messen (lassen), nicht an tatsächlichen oder zu erwartenden Rezensionen. Das Gerede von der "publizistischen Abseitsfalle" macht doch bloß dann Sinn wenn man davon ausgeht, dass Bücher die bei "Männerschwarm" verlegt werden, ausschließlich von Schwulen gelesen werden.  
@Tim Buk2 "700 Zeichen": Wir haben uns das ausgedacht, 700 Zeichen sind unserer Meinung nach ausreichend, danach sollte man mindestens im Interent sowieso einen Absatz machen. Außerdem wird Menschen, die selber wenig zu sagen haben, aber ihre Meinug bedeutungschwanger mit fetten "COPY & PASTE" Texten belegen, die Arbeit erschwert. Die setzen hier dann einfach nur noch einen Link statt Diskussionen zu fluten. Unsere Programmiererinnen haben sich mit dem Thema beschäftigt: 700 Zeichen war die Lösung.