"Das ist nicht Islam."

Von Amir Taheri.

Übersetzung aus dem Amerikanischen und Vorwort von Leo Bauer.


Entscheide was ich anziehe und Du bestimmst was ich bin. Geschlechternormalität wird mit Dresscodes gemacht, und umgekehrt mit deren Durchbrechung in Frage gestellt, so könnte eine der zentralen Aussagen der Queer-Theorien zusammengefaßt werden, die um die Jahrhundertwende den moralistischen Antipatriarchalismus der 1968er-Linken als Affirmation von sexueller Normalität entlarvten. Ihre Vertreterinnen benannten mit aus den USA importierten Ideen die Durchsetzung kollektiver Dresscodes als ein Herrschaftsinstrument und analysierten Kleidung als ein Mittel der Festlegung von Geschlechterrollen.

Doch wenn in Deutschland die politische Öffentlichkeit sich eine Meinung in Bekleidungsfragen bildet, stehen nach wie vor kulturalistische Interpretationen im Vordergrund der Diskussion. Dabei ist die Konstruktion autochthoner Kulturen nicht nur eine historisch fragwürdige Exotisierung, sondern zudem aus queerer Sicht ein Akt der Ausübung repressiver Normalität. Auch in der aktuellen Kopftuchdebatte, die durch die Brille des deutschen Kulturalismus als theologische Frage einer seit Karl May romantisierten Religion wahrgenommen wird, ist der herrschaftskritische Blick auf die geschlechternormierende Wirkung dieser Uniformierung bedenklich unterrepräsentiert.

Kopftuch

Die Auseinandersetzung findet vor dem Hintergrund eines Systems statt, dessen jahrzehntelange Balance einer unvollständigen Trennung von Staat und Religion in dem Maße erodiert ist, wie sich verschiedene theokratische Diktaturen aufgrund ihre Handelsbeziehungen mit Europa für das im Westen unübliche deutsche Modell der Kirchensteuer und der damit einhergehenden staatlichen Glaubensregistrierung begeistern. Das Dilemma des Bundesverfassungsgerichts bei der bereits mehrfach vertagten Entscheidung ist, die Gleichbehandlung der Religionen wahren zu sollen ohne dabei den brüchig gewordenen Sonderstatus des Christentums antasten zu dürfen.

Sollte das sich als unmöglich herausstellen, dann hätte Fereshta Ludin auch eine über die Religion des Islam hinaus bedeutsame politische Neudefinition des Verhältnisses von Staat und Kirchen in Deutschland erzwungen. Die Kreuzberger Lehrerin, die für die aus Saudi-Arabien finanzierte Islamische Gemeinschaft Milli Görus den Rechtsweg ausgeschöpft hat, ist einige der wenigen Frauen unter dem Kopftuch, die sich bislang in der Öffentlichkeit geäußert haben und hat dadurch auch international Beachtung gefunden.

Kopftuch

Aus Anlaß der von ihr angestoßenen Entscheidung hat Amir Taheri, einer der bedeutenden politischen Intellektuellen der islamischen Zivilisation, die Geschichte dieses Dresscodes erzählt ( New York Post, 15. August 2003 ):

Der französische Premierminister Jean-Pierre Raffarin hat kürzlich ein Komitee einberufen, um ein Gesetz zu entwerfen, in staatlichen Einrichtungen, einschließlich Krankenhäuser und Schulen, den islamistischen Hijab (Kopftuch) zu verbieten. Die Entscheidung ist unter Beschuß der französischen "Kirche" des Islam geraten, einer im letzten Frühjahr von Raffarin geschaffenen Einrichtung. Deutschland hat sein Kopftuchproblem mit einer Anzahl islamistischer Organisationen, die Bund und Länder aufgrund von Verboten des umstrittenen Kopftuchs wegen "religiöser Diskriminierung" verklagen. In den Vereinigten Staaten klagen verschiedene islamische Frauen gegen Flughafensicherheitsfirmen, die mit der Aufforderung bei Routinekontrollen von Passagieren den Hijab abzunehmen ihr Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit verletzt haben sollen.

Diese und andere Fälle beruhen auf der Behauptung, dass das umstrittene Kopftuch ein essentieller Bestandteil des islamischen Glaubens ist, und dass Versuche es zu verbieten daher einen Angriff gegen den Islam darstellen. Diese Behauptung ist absolut falsch. Das fragliche Kopftuch hat nichts mit dem Islam als Religion zu tun. Es ist weder vom Koran sanktioniert, der grundlegenden Erzählung des Islam, noch von den Hadithen, den auf den Propheten zurückgeführten Traditionen.

Dieses Kopftuch wurde in den frühen 1970er Jahren von Mussa Sadr eingeführt, einem iranischen Mullah an der Spitze der schiitischen Gemeinde im Libanon. In einem Interview 1975 in Beirut erklärte Sadr diesem Autor, dass der Hijab, den er eingeführt hatte, vom Kopftuch libanesischer katholischer Nonnen inspiriert wurde, welches wiederum von dem christlicher Frauen auf klassischen Gemälden des Westens übernommen worden war. (Ein beiläufiger Besuch im Metropolitan Museum in New York oder dem Pariser Louvre würde das Original des neo-islamistischen Hijab in zahlreichen Gemälden vorfinden, die die Jungfrau Maria sowie weitere weibliche Charaktere aus dem Alten und Neuen Testament darstellen.) Sadrs Idee war, dass durch das Tragen des Kopftuchs schiitische Frauen eindeutig gekennzeichnet und dadurch von sexueller Belästigung und Vergewaltigung durch Yasser Arafats palästinensische Paramilitärs, die damals den Südlibanon kontrollierten, ausgenommen wären.

Kopftuch

Sadrs Neo-Hijab trat im Iran erstmals 1977 als ein Symbol islamistisch-antiimperialistischer Opposition gegen das Schahregime in Erscheinung. Als die Mullahs 1979 die Macht in Teheran ergriffen, stieg die Anzahl der Frauen, die den Hijab trugen, explosionsartig auf Zehntausende an. 1979 erklärte Abol-Hassan Bani-Sadr, der erste Präsident der Islamischen Republik, dass "wissenschaftliche Forschung nachgewiesen hat, dass Frauenhaar eine Strahlung aussendet, die Männer verrückt macht." Zum Schutz der Öffentlichkeit verabschiedete die neue islamistische Regierung 1982 ein Gesetz, das den Hijab für Frauen ab dem Alter von sechs Jahren obligatorisch machte, unabhängig von ihrem religiösen Bekenntnis. Die Verletzung der Hijab-Kleiderordnung wurde fortan mit 100 Stockhieben und sechsmonatiger Haft bestraft.

Mitte der 1980er Jahre war eine Form des Hijab, die der Islam vor den 1970ern nicht gekannt hatte, zur Standardausstattung von Millionen von Frauen überall auf der Welt geworden, auch in Europa und Amerika. Einigen jüngeren islamischen Frauen, insbesondere westlichen Konvertitinnen, wurde die Ansicht vorgespiegelt, der Neo-Hijab wäre essentieller Bestandteil des Glaubens. (Katherine Bullock, eine Kanadierin, war so begeistert von der Idee ihr Haar zu bedecken, dass sie zum Islam konvertierte während sie über den Hijab forschte.) Die Tracht ist so entworfen, dass sie die Geschlechterapartheid begünstigt. Sie bedeckt die Ohren der Frau so, dass sie vieles nicht klar hören kann. Gestaltet wie eine Maske, hindert sie die Frau daran, einen vollständigen Überblick über ihre Umgebung zu bewahren. Sie unterstreicht auch die Vorstellung von der Frau als einem Objekt, das verpackt und gekennzeichnet ist.

Kopftuch

Islamische Frauen, wie alle Frauen in allen Gesellschaften, haben im Lauf der Jahrhunderte ihre Köpfe mit einer Vielzahl von Trachten bedeckt. Diese trugen unter anderem Namen wie Lachak, Chador, Rusari, Rubandeh, Chaqchur, Maqne'a und Picheh. Sie hatten allesamt stammesgesellschaftliche, ethnische oder anderweitig folkloristische Ursprünge und standen nie im Zusammenhang mit Religion. (Im Senegal beispielsweise tragen islamische Frauen bei der Feldarbeit einen farbenprächtigen Kopfschmuck gegen die Sonne, gehen aber oben ohne.) Islamische Frauen können den betrügerischen Charakter des neo-islamistischen Hijab leicht nachvollziehen, wenn sie in ihren Familienalben blättern. Sie werden kein einziges Bild finden, auf dem eine ihrer weiblichen Vorfahrinnen das vielbeschworene Kopftuch trägt, das jetzt als absolutes Muß des Islam vermarktet wird.

Der gefälschte islamische Hijab ist nichts als ein politisches Instrument, eine Waffe des visuellen Terrors. Er ist das Symbol einer totalitären Ideologie, die mehr vom Nationalsozialismus und vom Stalinismus inspiriert ist als vom Islam. Er symbolisiert soviel vom Islam wie Maos Uniform von der chinesischen Zivilisation. Er wird als ein Mittel benutzt, um Druck auf islamische Frauen auszuüben, die ihn nicht tragen, weil sie die makabre Ideologie dahinter nicht teilen. Er ist ein Zeichen der Unterstützung für Extremisten, die durch psychologischen Druck, Gewalt, Terror und schließlich Krieg erst den Muslimen und dann der Welt ihre Vorstellungen aufzwingen wollen. Die Tragödie ist, dass viele die ihn tragen sich dieser Implikationen nicht bewußt sind. Sie verhalten sich so, weil ihnen eingeredet wurde, dass eine Frau, die nicht ihren Kopf mit dem von Sadr entworfenen Hijab bedeckt, keine "gute Muslima" sein könne. Selbst heute tragen weniger als ein Prozent der islamischen Frauen den Hijab, der als Symbol multikultureller Vielfalt einige westliche Liberale behext hat. Die Hijab-Debatte in Europa und den USA kommt zu einem Zeitpunkt, wo das umstrittene Kopftuch im Iran, dem einzigen Land, wo es gesetzlich vorgeschrieben ist, ernsthaft in Frage gestellt wird.

Kopftuch

Im vergangenen Jahr genehmigte das islamistische Regime einigen Mädchenschulen in Teheran, ihren Schülerinnen zu erlauben, den Hijab abzunehmen solane sie sich innerhalb von Schulgebäuden aufhalten. Dieses Experiment wurde durchgeführt, nachdem eine im Regierungsauftrag erstellte Studie den Hijab als die Ursache von "weitverbreiteten Depressionen und absinkendem Bildungsniveau" und sogar Selbstmord bei Teenagerinnen identifiziert hatte.

Das Erziehungsministerium in Teheran hat gerade angekündigt, dass zum Beginn des neuen Schuljahrs im kommenden Monat das Experiment auf weitere Mädchenschulen ausgedehnt werden wird. Schulen, wo der Hijab abgeschafft wurde, weisen "reale Verbesserungen" im Bildungsstandard auf, die sich in einem 30-prozentigen Wachstum der Zahl der Schülerinnen widerspiegeln, die den höchsten Abschluß erreichen. Zur Zeit bereiten mehrere weibliche Mitglieder des Islamischen Majilis, des iranischen Parlaments, einen Gesetzentwurf vor, das gesetzliche Eintrittsalter für das Tragen des Hijab von sechs auf zwölf anzuheben und so Millionen von Kindern das Trauma der Bedeckung ihrer Köpfe zu ersparen. Ein weiteres Zeichen, dass die Islamische Republik ihre Haltung in Sachen Hijab entspannen könnte, ist die kürzlich ergangene Entscheidung, den Mitarbeitern von im Staatsbesitz befindlichen Firmen außerhalb des Iran das Ablegen des Hijab zu erlauben. (Die neue Regelung hat es beispielsweise Hunderten von Frauen, die in Paris, London und weiteren europäischen Hauptstädten für Unternehmen in iranischem Besitz arbeiten, ermöglicht ohne den verhaßten Hijab zur Arbeit zu kommen.)

Die feinsinnige Ironie, dass militante Islamisten ausgerechnet die Gerichtshöfe der "zionistischen Kreuzritter" in Frankreich, Deutschland und den Vereinigten Staaten darüber entscheiden lassen was "islamisch" ist und was nicht, wird nicht vermisst werden. Die Richter und Geschworenen, die diese Fälle entscheiden, müssen sich darüber im klaren sein, dass sie es nicht mit dem Islam zu tun haben, einem religiösen Glauben, sondern dem Islamismus, der eine politische Doktrin ist. Die Hijab tragenden Militanten haben ein Recht ihre politische Ideologie zu propagieren. Aber sie haben kein Recht im Namen des Islam zu sprechen.

Kopftuch


Amir Taheri war in den 1970er Jahren Chefredakteur der iranischen Tageszeitung Kayhan und leitete später das Nahostressort der London Times. Er lebt als Autor in den USA und schreibt für unterschiedliche amerikanische, europäische und arabische Medien.

Leo Bauer ist Gründer der Initiative Potsdamer Abkommen und Mitglied der Gruppe queer.for.israel.

Ist das auch religiös oder islamistisch?: Die Behörden des westtürkischen Urlaubsortes Pamukkale haben Touristen verboten, in Badekleidung spazieren zu gehen. Der Anblick von halbnackten jungen Frauen lenke die rund hundert Arbeiter an einer ärchäologischen Ausgrabungsstätte ab, berichtete die türkische Zeitung «Hurriyet» am 10.September. «Wenn einer der Arbeiter eine Touristin angreift, wer ist dann verantwortlich?», rechtfertigte der örtliche Museumsdirektor den Schritt. Ein Schild an der Ausgrabungsstätte soll die Urlauber auf das Entkleidungs-Verbot hinweisen. Der türkische Ort Pamukkale ist für seine Sinterterrassen und das angrenzende antike Hierapolis weltbekannt.  
autochthon -: am Fundort entstanden, eingeboren  
Sascha B.: Pamukkale ist kein heiliger Ort des Islam. Restriktive Moral lässt sich allerdings auf Religion zurückführen (die sie verbrämt). Aber eine Kleiderordnung wird in der laizistischen Türkei natürlich immer weltlich zu rechtfertigen sein, hier mit der zutreffenden Annahme, dass Männer ihre Triebe nicht beherrschen können, mithin Menschen sind, die vor sich selbst zu schützen jede Gesellschaft verpflichtet ist.  
Fronck: Wahnsinnig toller, informativer Artikel ... danke! Irgendwie wusste mans ja, dass Kopftuch und Islam nicht ein- und dasselbe sind. Jetzt weiss mans genau.  
Sascha B.: Ist doch schön, dass man es jetzt genauer weiss. Aufklärung tut not. Nicht zuletzt, was den islamischen Klerikalfaschismus angeht, der hierzulande unter sogenannten Linken irgendwie als Kollateralschaden der Aufklärung verbucht wird (oder doch schon als hübsche Form des Kulturalismus), obwohl er in der Konsequenz schlicht ist, was er ist: Klerikalfaschismus eben, der auch nicht die minimalste Toleranz verdient hat.  
Leo 24.09.2003: Das Bundesverfassungsgericht ist der Entscheidung ausgewichten, indem es sie an die Legislative des Bundeslandes Baden-Württemberg weiterreicht. Und es argumentiert kulturalistisch: "Vielmehr kann das Kopftuch für junge muslimische Frauen auch ein frei gewähltes Mittel sein, um ohne Bruch mit der Herkunftskultur ein selbstbestimmtes Leben zu führen."  [Volltext Kopftuch-Urteil]
OA: Ob das ein Ausweichen ist oder nicht ist doch Ansichtssache. Was soll denn das BVG-Urteil erreichen? Soll es Deiner Meinung nach ernsthaft das Tragen eines Kopftuches verfassungsgemäß verbieten? Ich frage mich, in was für einem Staat Du eigentlich leben willst. Ich glaube, ich würde da sofort meine Ausreise beantragen. Das Verfassungsgericht ist nicht ausgewichen sondern hat m.M. nach ganz zu Recht den Entscheid dahin zurückverwiesen, wo er hingehört: in das kleinkarierte Schwabenländle, ums mal deutlich zu sagen.  
Leo: Mark Landler in der New York Times: Scarf ruling in Germany can't cloak ongoing debate  [full text]
OA: Mark Landler legt das Urteil falsch aus, wie übrigens gestern viele Nachrichtenagenturen ganz unterschiedlich und widersprüchlich berichtet haben. Es stimmt eben nicht, was er schreibt,dass es einer muslimischen Lehrerin nicht verboten werden kann, ein Kopftuch zu tragen. Das Gegenteil ist der Fall. Das Gericht hat nur beschieden, dass ein Verbot auf Verfassungsebene nicht ausgesprochen wird. Und deshalb den Entscheid an die Verwaltungsgerichte zurückverwiesen. Entscheidend ist, dass jetzt ein Verbot verfassungsgemäß möglich ist.  
Leo: Gute Frage. Was erwarte ich außer einem Verzicht auf kulturalistische Propaganda? Erst einmal das Eingeständnis dass es um mehr geht als die Frage ob jemand ein Kopftuch tragen darf. Kann ich mich jetzt auch als atheistischer männlicher Europäer vermummen wenn mir danach ist, oder muß ich dazu erst allahu akbar sagen und die Geschlechtsumwandlung machen? Konkreter: Kann sich der 1.Mai-Demonstrant daraus ein Recht auf seinen Kapuzenpulli ableiten? Was ändert es für islamische Mädchen, wenn ihre Lehrerin ein Kopftuch trägt? Das Urteil tut so als stellten sich diese Fragen gar nicht.  
Leo: Das Wort Verbot ist irreführend. Es geht nicht um eine gesellschaftlich flächendeckende Illegalisierung (=Verbot), sondern darum was ein Lehrer in seiner Rolle darf. (Daß Frau Ludin außerhalb des Unterrichts Kopftuch tragen kann stand nie zur Diskussion.) Das Verfassungsgericht kann gar nicht sagen, der Staat habe kein Definitionsrecht an der Lehrerrolle, sonst würde es das vielzitierte Neutralitätsgebot leugnen. Insofern muß ich Landler doch Recht geben.  
Leo: Man muß ja nicht gleich Schuluniformen für Lehrer einführen. Das Gericht hätte mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Religionen argumentieren können. Das heißt, die Institutionen eines säkularen Systems können keine Plattform für Zeremonien einer Religion bieten, da das eine unangemessene Privilegierung dieser Religion wäre. Wenn Muslimas das 24/7-Kopftuchgebot zelebrieren wollen, dann wird demnächst christlicher Religionsunterricht im Priestergewand erteilt und für die Ungetauften gibt es Esoterikschulungen im Dalai-Lama-Dress. Der Mathelehrer käme vielleicht noch im Anzug. Wenn das Schulsystem dem Prinzip des Säkularismus verpflichtet sein soll, dann muß Religion Privatsache sein.  
Leo: Der Islam kann da keine Ausnahme machen. Vor allem nicht wo jede Diskussion mit dem Wort "Kultur" beendet ist und oft gar nicht erst in Frage gestellt wird, ob diese Religion wirklich ihren Anhängerinnen verbietet sich den politischen Voraussetzungen einer säkularen Gesellschaft anzupassen. Vielleicht sollte man die Schüler darüber diskutieren lassen, wie das Grundprinzip des Säkularismus, die Autonomie der Politik von der Religion, im Islam theologisch verankert werden kann. Das setzt allerdings voraus, daß das bisher etwas schlampig säkularisierte Schulsystem von Privilegien des Christentums bereinigt wird, die es auch gibt (und die Landler, anders als viele deutsche Meldungen, erwähnt).  
Leo: Und es ist auch keine Sache des "kleinkarierten Schwabenländles". Es ist z.B. einer der aktuellen Streitpunkte um die europäische Verfassung, inwieweit sie säkular sein oder aber sich auf "Gott" beziehen soll. Westeuropa denkt dabei anders als Osteuropa. Nur im deutschprachigen Raum nicht kaum jemand diese Debatte zur Kenntnis, obwohl sie den größeren Rahmen für das Kopftuchurteil bietet:  [God in the Eurpean Constitution?]
fb: Leo wenn Du noch weiter hier so pseudoaufgeklärt daherschwafelst kann ich mich nicht mehr beherrschen. Dein Säkularismus zielt lediglich gegen den Isalm und nicht gegen die Religion. Du kommst so marxistisch daher, aber vergisst wohl ganz einige Grundzüge der Religionskritik. Du postulierst den den sekuläre Staat und bleibst doch ganz gefangen in dem was Marx nur die politische Emanzipation nannte im Gegensatz zur menschlichen Emanzipation. Du fällst schlicht hinter die Kritik der Aufklärung zurück. Schade.  
fb: "Wir sagen ihnen vielmehr: Weil ihr politisch emanzipiert werden könnt, ohne euch vollständig und widerspruchslos vom Judentum loszusagen, darum ist die politische Emanzipation selbst nicht die menschliche Emanzipation. Wenn ihr Juden politisch emanzipiert werden wollt, ohne euch selbst menschlich zu emanzipieren, so liegt die Halbheit und der Widerspruch nicht nur in euch, sie liegt, in dem Wesen und der Kategorie der politischen Emanzipation, Wenn ihr in dieser Kategorie befangen seid, so teilt ihr eine allgemeine Befangenheit."  
fb: "Wie der Staat evangelisiert, wenn er, obschon Staat, sich christlich zu dem Juden verhält, so politisiert der Jude, wenn er, obschon Jude, Staatsbürgerrechte verlangt." (MEW 1, 347 ff)  Marx Zur Judenfrage
FB: "schlampig säkularisiert", "hätte mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Religionen argumentieren können" Leo du bist in der Begrenzheit der politischen Eamzipation der bürgerlichen Gesellschaft stehen geblieben. Dein Anti-Kopftuch-Plädoyer ist spiegelbildlich zur Pro-Position gefangen in der Halbwelt der Aufklärung.  
Sascha B.: Säkulares Bemühen, lieber FB, muss heute in der Tat primär gegen den Islam sich richten, da der Islam aktuell die wirkungsmächtigste und unter humanistischen Gesichtspunkten verheerendste aller Religionen ist! Der Islam ist ein weltweiter Agent der Reaktion. Es geht nicht, wirklich nicht, um die bessere Interpretation des Marxismus. Zumal auch er sich der europäischen Aufklärung verdankt. First things first, dear! Dass wir hier so diskutieren können, verdankt sich dem "Imperialismus der Aufklärung". Überlege Dir lieber mal, wo DU stehengeblieben bist: In einer lächerlichen pseudorevolutionären Perspektive offenbar resp. in den für Unaufgeklärte üblichen Hauptwiderspruchs-Kindereien.  
kleine redaktionsschelte: etuxx hat hier 700 zeichen eingeführt, und sich was dabei gedacht. eure diskussionsbeiträge (leo und fb) hier sind eine mittlere zumutung. wie leute, die in diskussionen ständig reden und andere nicht zu wort kommen lassen. worauf soll man jetzt eingehen? ehrlich. OA.  
für SaschaB. und seine Achse des Bösen: Der Islam ist "aktuell die (...) unter humanistischen Gesichtspunkten verheerendste aller Religionen"? Wovon redest Du eigentlich? Von Saddam Hussein und dem 11.September? Fereshta Ludin? Al Kaida? Oder meinem Freund Hassan? Was sollen diese plakativen Rundumschläge? Ganz offensichtlich bist gerade Du selbst kein Kind dieser europäischen Aufklärung, die Du immer wieder so hoch lobst. OA  
fb: @sb: meine marxintention bezieht sich darauf dass hier einige fraktionen der linken meinen ein privilleg auf marx zu haben, das möchte ich bestreiten und die lanze gegen sie brechen. also kein hauptwiderspruch und so. (auch wenn ich von einem totalitätsanspruch des wertgesetz innerhalb der nordischen industriestaaten ausgehe). nun den islam als am meisten reaktionär zu beschreiben: puh. da muss ich schlucken nach. jahrhunderten des kolonialismus und massenmordens im namen des christentums fällt mir das schwer zu glauben selbst unter der einschränkung heute. das staatlich organisierte christentum unter der ägide der usa betreibt zumindest quantitativ ein grösseres morden.  
Am Rande: In der überwiegend islamisch geprägten Türkei gilt eine strikte Trennung von Staat und Religion. Kopftücher werden als politisches Statement gewertet. Deshalb sind sie an staatlichen Schulen generell verboten, weder Lehrerinnen noch Schülerinnen dürfen sie tragen.  
Sascha B.: Richtig, OA, von all dem rede ich, bis auf Deinen Freund Hassan natürlich; dies aber auch nur, weil ich von dessen Position noch nichts gehört habe :-) Ich sehe überhaupt nicht, warum mein Urteil, der Islam sei aktuell die verheerendste aller Religionen ungerechtfertigt wäre. First things first eben. Später polemisiere ich auch gerne wieder gegen reaktionäre Katholiken, evangelikale Fundamentalisten oder orthodoxe jüdische Siedler.  
Leo: Ich gelobe mich künftig kurz zu fassen, auch wenn hier im virtuellen Raum die Redezeit außer Konkurrenz vergeben wird. Aber mir fallen die Argumente leider (noch) nicht in etuxx-gerechten Häppchen ein. @fb: Das wichtigste an Marxens Text zur Judenfrage ist, dass er vor der Gründung Deutschlands als Nation und vor der Entstehung des modernen Antisemitismus geschrieben wurde. Marx sagt darin, dass es für eine religiöse Minderheit erfolgversprechender sei statt Gleichstellung zu fordern eine neue mehrheitsbildende säkulare Utopie zu entwerfen. Genau das mache ich. Wieso wirfst Du mir dabei "Stehenbleiben" vor, weil ich niemanden zum Atheismus zwingen will?  
Leo: @ fb: Es gehört zu unserem europäischen "postkolonialem Kater", dass wir immer nur den europäischen Kolonialismus wahrnehmen. Die Kalifate waren auch Kolonialmächte, z.B. durch das "dhimmitude"-System und den Sklavenhandel in Afrika und Asien. "The slave trade inside the Islamic empire ... began to flourish at the time of the Moslem expansion into Africa, in the middle of the seventh century, and it still survives today in Mauritania and Sudan. The Spanish and Portuguese originally purchased black African slaves for their American colonies from Arab dealers."  [Islam's Wretched Record on Slavery]
kb: na, der autor des artikels hat ja wirklich ahnung! er ist offensichtlich aus einem "islamisch" regierten bzw. revolutionierten land geflüchtet. sicher nicht umsonst. trotz allem ist die kopfbedeckung vom islam gefordert (im übrigen ist sie auch für männer empfohlen). letztendlich bleibt die entscheidung dazu aber dem individuum überlassen. muß den unbedingt eine staatliche gewalt in die persönliche kleiderordnung eingreifen?? die schwulen verlangen doch auch gewisse rechte. und kriegen sie langsam auch, weil wir ja ach so liberal sind. dürfen muslime nicht das recht auf freie kleidungswahl haben? leben und leben lassen!  
verheerende Kommentare: Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: die wirkungsmächtigste und verheerendste aller Religionen. Aua! Die Folge solcher Kommentare: Musliminnen werden auf der Straße angespuckt. Und eines noch zum Kopftuch: Klar ist auch, dass Kreuz, Kutte und Kipa dann auch verschwinden. Denn Säkularismus heißt nicht "gute" Religion rein, "böse" Religion raus, sondern alle raus aus der Schule.  
Sascha B.: "Verheerend" ist es natürlich auch, wenn einem die Argumente ausgehen und man zwecks Abwehr anderer Meinungen zu Kurzschlüssen auf Kindergartenniveau greifen muss. Rassisten brauchen keinen Vorwand. Und wir hier brauchen keinen verständnislosen Kulturalismus. Herr Ratzinger z.B. wäre wahrscheinlich froh, wenn sein reaktionärer Katholizismus politisch ähnlich wirkungsmächtig wäre wie der Islam. Ist er aber glücklicherweise nicht, weil wir in einer freieren Gesellschaft leben.  
Sascha B.: Es geht überhaupt nicht um "leben und leben lassen". Bzw.: mach mal in islamischen Ländern Werbung für diesen La-la-la-Liberalismus - danach sprechen wir uns wieder. Oder was dieses Land angeht: gilt das dann auch für Faschos: "leben und leben lassen". Es gibt da einen klaren, vernünftigen Grundsatz: keine Freiheit für die Feinde der Freiheit. (Und im übrigen hat hier ja wohl niemand Kruzifixe u.ä. in Klassenzimmern verteidigt).  
Leo: @kb: Ist das "Recht auf freie Kleidungswahl für Muslime" ein Grund in Deutschland einen Gruppenzwang einzuführen, oder einer, im Iran einen abzuschaffen? Und willst Du mit Deinem Vergleich sagen, auch schwule Lehrer haben jetzt das Recht, in ihrem Lieblings-Fummel oder -Fetisch zu unterrichten, solange kein Gesetz gemacht wird, das es ihnen verbietet? Die Regierung hat längst gezeigt, wo es hingehen soll: Kürzlich bei Schröders Besuch in Saudi-Arabien war Ekin Deligöz von der Grünen Partei ganzkörperverschleiert.  dpa 07.10.2003
Humanistische Union: Der Bundesvorsitzende der HU, Reinhard Mokros, erklärt: "Das Gericht hat es versäumt, die ganz konkrete und besonders schwere Beeinträchtigung der Klägerin in ihren Freiheitsrechten hinreichend zu würdigen. Immerhin bedeutet das Verbot des Kopftuches für die Klägerin ein de facto Berufsverbot. Es bleibt weiterhin nicht nachvollziehbar, weshalb offenbar auf der einen Seite das Tragen der Halsketten mit Kreuz an deutschen Schulen zulässig sein soll, während Kopftücher als gefährlich verboten werden können." ...  
Humanistische Union: "Eine schlüssige und aufgeklärte Begründung, warum bereits das bloße Tragen eines Kopftuches einen werbenden oder gar missionarischen Charakter beinhaltet, kann bis heute niemand ernstlich vorweisen. Die Humanistische Union plädiert für einen aufgeklärten Umgang mit der pluralen Realität der Religionen auch bei uns in Deutschland. Die für die allermeisten Menschen heute völlig selbstverständlich zum Ausdruck gebrachten Glaubensüberzeugungen im Alltag sollte nicht künstlich von den Schulen ferngehalten werden."  Presseerklärung vom 24.9.2003
Die Humanistische Union: ... betrachtet die Grundrechte als unverzichtbare Voraussetzung für eine freie Entfaltung und Selbstbestimmung der Menschen. Als Bürgerrechtsorganisation setzt sie sich u.a ein für das Recht auf freie Meinung und Demonstrationen; mehr demokratische Mitwirkungsrechte; humane Bedingungen für Gefangene und Flüchtlinge; das Selbstbestimmungsrecht von Kranken und Sterbenden, konsequente Trennung von Staat und Kirche; Machtbegrenzung und Kontrolle von Polizei und Geheimdiensten; Entkriminalisierung von Drogen; Gleichstellung von Frauen; Datenschutz, Akteneinsichtsrecht. Die Humanistische Union ist die älteste Bürgerrechtsorganisation in der Bundesrepublik.  
Sascha B.: Auf Parteierklärungen hirnloser Kulturalisten haben wir hier gerade noch gewartet. Ist der Begriff "humanistisch" nicht gesetzlich geschützt? Nein, ist er nicht? Schade aber auch. Apropos "Berufsverbot": ich erwarte dringend ein Bekenntnis von Frau Ludin und ihren HinterMÄNNERN zum Pluralismus und zu den Menschenrechten... Tja, so leicht wird ein Pseudo-Humanismus zum Anti-Humanismus.  
Leo: Der Antisemit Jamal Karsli sagt offen, worauf es hinausläuft: "Eines müssen wir wissen: Das Verbot des Kopftuchs bedeutet, den ersten Schritt zur Trennung von Kirche und Staat zu vollziehen, der zur Folge hat, die Privilegien der christlichen Kirchen in Deutschland abzuschaffen. ... [Es] bedeutet den ersten Schritt zur Entfernung der Kreuze aus den Klassenzimmern, Gerichten und Krankenhäusern. Ich weiß nicht, ob die CDU das will!? [Es] bedeutet auch, über kurz oder lang die Kirchensteuer abzuschaffen, oder den Amtseid, der lautet: So wahr mir Gott helfe." Die CDU will es wohl nicht, aber die HU sollte das wollen, wenn sie es mit der Trennung von Staat und Kirche ernst meint.  [Rede Jamal Karsli, 02.10.03]
Sonia: Ich finde es als Muslimin, die Kopftuch trägt sehr traurig dies zu lesen. Ich verstehe nicht, wie ein kleines, harmloses Kopftuch zum medialen Dauerbrenner wird. Persönlich trage ich das Kopftuch, weil ich mich nicht unter dem gesellschftlichen Zwang drängen möchte dem Schönheitsideal nachzueifern, sondern als intellektuelle Frau ernstgenommen zu werden. Es ist also nicht mehr als eine Identitätsfrage und es hat sicherlich keine politische Ambitionen. Abgesehen davon, dass man bevor man ein Urteil fällt,sollte man sich ein doch ein Gesamtbild verschaffen. Des Weiteren kann ich dir versichern, dass das "Phänomen" des Kopftuchtragens nicht erst im Iran in diesem Jahrhundert aufkam.  
Hetero: Also ehrlich gesagt, finde ich kopftuchtragende Frauen oftmals sehr attraktiv.  
Sascha B. an Sonja: Von wem (und wo) wirst Du denn, wenn Du Kopftuch trägst, "als intellektuelle Frau ernstgenommen" bzw. ernster genommen, als wenn Du keines trügest? Das solltest Du bitte noch dazuschreiben. - Und natürlich gab es Kopftücher schon zu früheren Zeiten und auch in Europa. Meine Uroma, eine Brandenburger Bäuerin, trug z.B. bei der Arbeit und überhaupt, wenn sie aus dem Haus ging, immer ein Kopftuch. Aber auch das war nicht nur "harmlos" oder "praktisch", sondern dahinter steckte ein sozialer, religiös unterfütterter Konformitätsdruck ("Wohlanständigkeit").  
Sascha B. an Sonja (II): Diese ideologische Implikation gibt es hierzulande nicht mehr. Wohl aber gibt es sie im Islam. Je mehr sie sich von der Moderne bedroht sehen, umso mehr verhärten sich Religionen offenbar (das lässt sich auch am Beispiel des Katholizismus gut studieren). Dissidente Bewegungen innerhalb des Islam sind leider noch nicht sehr sichtbar. Vielleicht ist der Friedensnobelpreis für Frau Ebadi ja ein Anfang im Hinblick darauf.  
Sascha B. @ Hetero: Ja, klar, ich finde Wollmützen tragende Männer oft auch sehr attraktiv. Aber hat das was mit dieser Diskussion hier zu tun.?  
Frage: Worin genau liegt denn nun der Unterschied, ob ich einen Marken-Pulli tragen und schlank sein muß, um nicht von meinen Schulkameraden fertig gemacht zu werden, oder ob ich ein Kopftuch tragen muß?  
noch ein hirnloser Kulturalist: Schön, wenn man wegen einer überlegten, nicht islamfeindlichen Argumentation hier so mit Schmähungen überzogen wird. Im Namen des Christentums, das nun mal eher unsere Sache ist, auch wenn wir als Einzelne nichts mehr damit zu tun zu haben glauben, sterben in Afrika täglich Menschen, weil Geburtenkontrolle und Kondome verhindert werden. Wer ständig die Wirkungsmacht des Islam beschwört ist der eigentliche Grund für diese Wirkungsmacht. Jedenfalls reicht ein kleiner Blick in den Deutschen Alltag, um zu erkennen, dass hier die christlichen Kirchen alles dominieren. Aber die Frau mit Kopftuch ist leichter zu erkennen und deshalb besser angreifbar.  
kb: @leo. nein, es soll eben kein gruppenzwang eingeführt werden - freie wahl ist die devise. wenn eine frau frei das kopftuch wählt, sollte es ihr nicht abgezwungen werden. bei allem hat ja jeder selbst noch ein gefühl für ein gewisses maß. daß man im öffentlichen dienst weder im fummel noch tiefverschleiert arbeitet, wird jeder selbst erkennen, hoffe ich. ich arbeite im öffentlichen dienst - mit kopftuch, aus privaten erwägungen. Sie wählen ihre Kleidung doch auch aus eigenem Ermessen, oder? und Skinheads tragen im job auch keine perücken, nur um ihre gesinnung zu verbergen. sie werden auch nicht wegen ihrer äußerlichkeiten verfolgt, sondern wegen ihrer taten.  
kb: ps: die politikerin hat sich ihren gastgebern angepaßt, aus höflichkeit. sie trägt im heimischen parlament nicht mal kopftuch, oder?  
Sascha B.: @ "Frage": Verstösst Dich deine Familie oder wirst Du vor ein Gericht gezerrt, wenn Du keine Markenklamotten trägst und nicht schlank bist? Siehste... @ "noch ein hirnloser...": Also, wer ist denn hier paranoid? Die Aussage, dass die christlichen Kirchen im deutschen Alltag "alles dominieren", kannst Du nicht ernst meinen. Oder anders gefragt: Wohnst Du in einem kleinen Dorf im Allgäu?  
Kulturalist: Naja, immerhin sitzen ja in allen Gremien von politischer oder gesellschaftlicher Bedeutung die Kirchen mit drin und wenn der Papst Geburtstag hat, gibts Jubelfernsehen. Und dann steht auch noch in der Verfassung Religionsunterricht als einzig verbindliches Schulfach drin ... wenn das keine Dominanz ist. Ich komm übrigens nicht aus dem Allgäu, aber in meinem Klassenzimmer hing trotzdem ein Kruzifix. Die Sichtbarkeit der Kirchen ist hier in Berlin oder im Osten generell nicht so groß, aber mitmischen tun sie überall. Und wenn Lehmann oder Ratzinger was sagen, tönt das auf allen Kanälen.  
Sascha B.: Lächerlich. Rückzugsgefechte. Vieles tönt auf vielen Kanälen. Aber wer das für "dominant" hält, hat ein ganz persönliches Problem mit der Kirche. Oder mit dem, was er dafür hält. Stefan Raab und Dieter Bohlen "tönen wirkungsmächtiger auf allen Kanälen". Ich kann ja auch nichts dafür, dass Du Dich verfolgt fühlst. Eine lässliche Debatte jedenfalls...  
Leo: Vielleicht brauchen wir erst mal eine Diskussionsgrundlage: Nach einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung (die sicherlich dazu tendiert solche Zahlen eher nach oben zu korrigieren als nach unten) meinen 19% der Deutschen: "Deutschland ist ein christliches Land. Muslimische Bräuche haben hier nichts zu suchen." Ich gehöre zu den 81% und meine, Europa ist ein säkularer Kontinent, und Religion muß Privatsache sein. Die Frage, in welcher Religion Theokraten auftreten, ist nebensächlich - der Vatikan und die Organisation der Islamischen Konferenz stimmen ohnehin in allen internationalen Fragen überein. Wird mit einer Kritik der islamischen Theokratie im Ausgleich die christliche gestärkt?  [die CDU-Studie]
Leo: Ich halte diese Vermutung für unbegründet. Nur noch durch das Bündnis mit den Islamisten kann der von der europäischen Aufklärung in den standby-Modus geschaltete Mullah vom Petersplatz verhindern, dass er ganz bedeutungslos wird. @kb: Eben, ich wähle meine Kleidung aus freiem Ermessen und argumentiere nicht wie Frau Ludin, eine religiöse Vorschrift würde mich dazu zwingen. Und wie Sie sicher wissen, herrscht in Saudi Arabien Kopftuchzwang. Wenn eine europäische Politikerin sich dem anpaßt, suggeriert sie damit, die Freiheit der einzelnen würde außerhalb Europas nicht gelten. Das ist vielleicht eine "Höflichkeit" gegenüber dem Königshaus, aber ein Affront gegen die Untertanen.  
Leseempfehlung:: Ein Opfer für das Abendland - Der Streit um ein islamisches Symbol gefährdet eine christliche Klosterschule -  Die Zeit 42/2003
Feindbild Islam: Wie Medien, Politik und deutsche Linke am selben Bild stricken.  Riza Baran
Sascha B.: Wunderbarer Artikel von Herrn Baran! Er schreibt u.a.: "...stehen die konservativen IslamistInnen den deutschen Konservativen durchaus politisch nah, so daß das Engagement türkischstämmiger MuslimInnen in der CDU eher Ausdruck der Integration ist als Zeichen einer islamischen Verschwörung." Na super! Eine solche "Integration" wäre natürlich überhaupt nicht antiaufklärerisch und reaktionär...  
Sascha B.: Noch so´n toller Satz: "Die Hinwendung zum Islam hat bisher, im Gegensatz zum Rechtsextremismus Deutscher, niemanden gefährdet.". Ich sage mal so: Etliche solcher "Hinwendungen" (ein echter Kandidat für das "Unwort des Jahres") zum Isalm haben tausende Tote verschuldet. Einen humanisierten Islam mag es in der Theorie ja geben - praktisch gibt es ihn nicht.  
brenda: Sascha jetzt komm mal wieder runter.  
frida: was habt ihr eigendlich gegen islam und das kopftuch tragen????  
Sascha B. @ Brenda: Mach´ich. Aber nur, wenn Du in Zukunft hier `was zum Thema beiträgst... ;-)  
antwort: @frida: dasselbe, was andere gegen die kippa und das judentum haben!  
Maja: Wo bleibt bei all der Disskussion der Gedanke an Religionsfreiheit und Selbstbestimmungsrecht?????  
Leo: @frida: Nichts, ich habe lediglich etwas gegen Theokratie. @Maja: Auf der Strecke. 2000 stand das Bundesverfassungsgericht kurz davor zu entscheiden, dass nicht-moslemische Iranerinnen zwecks Abschiebung von deutschen Behörden dazu gezwungen werden dürfen, fürs Paßbild ein Kopftuch zu tragen. Richter argumentierten, da es sich um ein iranisches Gesetz und nicht um ein religiöses Gebot handele wäre eine Klage wegen Verletzung der negativen Religionsfreiheit nicht begründet. Das Urteil wurde nur deswegen nicht ausgesprochen weil die beiden Irannerinnen in die USA entkommen konnten.  [Kopftuchzwang-Pressemitteilung]
Leo: Fereshta Ludin, Stroh-Frau der Islamisten für das Kopftuchurteil, geht zu offen geschichtsrevisionistischer Argumentation über: "Ich fühle mich wie kurz vor dem Holocaust" - siehe:  [die tageszeitung]
trance-x: frida: bei den muslimen hier sind selbst unterschiedliche stroemungen unterschiedlicher ansicht. dabei existieren tendenzen, die denn auch bereits etwas besagen .. 1. erzkonservative, islamisten, fundamentalisten vertreten welche ansicht? warum vertreten sie diese ansicht? aha aha aha ... 2. frauengruppen, liberalere, beteiligtere sind signifikant haeufig fuer ein kopftuchverbot. warum nur? warum sind diejenigen, die es am meisten betrifft dagegen? aha aha aha ... ps: entwertung von symbolik funktioniert im uebrigen keineswegs immer und zu jedem zeitpunkt. umgekehrt koennte ein kopftuchverbot auch einfach nach 5 jahren wieder auf den pruefstand - mischloesungen.  
DenkMal: Was mich persönlich hier betroffen macht ist die Tatsache, dass die Thesen Amir's ohne zu Hinterfragen einfach so als wahr übernommen werden, obwohl keine Quellenangaben für Behauptungen aufgestellt wurde. Ansonsten bleibt festzustellen, dass ich mich, angesichts der geifernden Diskussion ums Kopftuch, beruhigt zurükcklehnen kann. Wir haben keine Probleme ...  
hilal kalayci: hey ich trage auch kopftuch ihr könnt einfach es nicht aushalten das wir so schön an unser islam glauben dass wir nicht wie die deutschen sind manche glauben an jesus manche nicht was für glauben habt ihr deutschen ach ihr seid sooooo dummm das ihr dass versteht ich kann euch erzälen warum wir kopftücher tragen aber dafür versch wende ich mir die zeit ihr wirds immer noch nicht verstehen weil ihr soo dumm seit  hilal
mtmoa2002@yahoo.de: Im Sommer sah ich eine junge Frau mit einem Tigerkopftuch und einem 3/4 langen Rock sehr eng. Ist das Islam? Ist etwa Christentum Pornos anschauen und Mädchen kaufen für Sex? Ist Islam 13 Jährige Mädchen in die Ehe zu zwingen und Frauen zu unterdrücken? Ist Christentum etwa so frei, dass jeder machen kann, was er will. Wir sollten uns mal überlegen, wie wir beiderseitig die alten Vorurteile abbauen und zusammen miteinanderleben können. Nichts perfekt auf dieser Welt.