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Das Demonstrations- recht steht nicht jeder/m zu
In Berlin wird es immer schwerer, für politische Aussagen eine breite Öffentlichkeit zu bekommen. Vor zwei Jahren wurde zum ersten Mal die revolutionäre 1.Mai Demonstration auf Initiative des stramm konservativen Innensenators Werthebach (CDU) verboten. Zeitgleich bekam auch die Love-Parade Probleme, ihr wurde der Demonstrationsstatus aberkannt und der Veranstalter Planet-Com musste für die Reinigungskosten selbst aufkommen. Im Windschatten des Streits um die Love-Parade wurde der Fuckparade der Demonstrationsstatus aberkannt. Die Versammlungsbehörde argumentierte, dass eine musikalisch-kulturelle Parade kein Ausdruck politischer Willensbildung sei und bekam vor Gericht auch Recht. So fand eine absurde Fuck-Parade 2001 statt, auf der selbst das Radiohören restriktiv untersagt war. Die Fuck-Parade 2002 konnte nur mit dem Einsatz erheblicher politischer Unterstützung stattfinden und unter scharfen Auflagen. Der PDS-Vorsitzende Stephan Liebich und die Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen Lisa Paus erklärten sich solidarisch und hielten Redebeiträge. Trotzdem scheint die Berliner Versammlungsbehörde eine restriktive Auslegung des Demonstrationsrechts zu bevorzugen. Sie zog im Nachhinein vor Gericht. etuxx dokumentiert hier die Presseerklärung zur gelungenen Gerichtsverhandlung.
Liebe Freunde,
das Strafverfahren gegen den Initiator der Fuckparade, Martin Kliehm,
wegen angeblicher Auflagenverletzungen während der letztjährigen
Demonstration endete heute auf übereinstimmenden Antrag von
Staatsanwaltschaft und Verteidigung mit Freispruch. Der Staat trägt die
Kosten des Verfahrens sowie die Auslagen des Angeklagten (Amtsgericht
Berlin Tiergarten, Az. 254 Cs 4/03). Auch das Gericht kritisierte die
Institutionalisierung der Justiz für verfahrensfremde Zwecke des
Verwaltungsrechts.
Während der Zeugenvernehmungen zeigte sich die Absurdität der Vorwürfe:
Von 50-70 durchgeführten Dezibel-Messungen im Laufe der Demonstration
waren lediglich zwei (!) geringfügig lauter als 85 dba, aber weit
unterhalb der genehmigten Spitzenwerte von +30 dba. Die Auftakt- und
Schlusskundgebungen waren laut Polizeiprotokoll nur wenige Minuten kürzer
als geplant, und selbst wenn Redebeiträge ausgefallen wären, würde dies
keinen Straftatbestand und eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit
und Ordnung darstellen. Der Veranstalter hatte nachweislich keinen
Alkohol an Versammlungsteilnehmer ausgeschenkt, und der private Konsum
von Alkohol mit mitgebrachten Getränken oder aus umliegenden Cafes und
Restaurants kann weder dem Veranstalter angelastet werden, noch wäre ein
Konsumverbot verfassungsrechtlich möglich.
Bezeichnend war der Zeugenauftritt des Leiters der Versammlungsbehörde,
Herrn Haß. Seine Darstellung der Demonstration - hunderte betrunkene,
aggressive Teilnehmer, die stets zu laut dröhnende Wagen umtanzten,
nicht erkennbare Transparente, unverständliche Redebeiträge von einer
ungewissen Anzahl Redner - lässt sich freundlich ausgedrückt als
"verfremdend" bezeichnen. Diese tendenziöse Anti-Haltung der Behörde
zieht sich von der Anmeldung bis zur nun gescheiterten Anzeige wie ein
roter Faden durch. Wir halten Herrn Haß für befangen und können uns
Kooperationsgespräche unter seiner Leitung nicht vorstellen.
Der Ausgang dieses Prozesses muss ein Signal sein für die Politik der
Stadt und ihren Umgang mit dem Grundrecht Demonstrationsfreiheit. Es muß
Konsequenzen für zukünftige Demonstrationen haben, nicht nur für die
Fuckparade. Es muss ein Ende haben mit absurden Auflagen, Radioverboten
und Geschwindigkeitsbegrenzungen für Skater-Demos!
Viele Grüße,
Martin Kliehm (DJ Trauma XP) & Thomas Rupp (DJ moog_t)
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