Homophober Überfall am Rosenthaler Platz
Am Morgen des 25.4.2003 wurden gegen 4:30 h drei Personen am Rosenthaler Platz in Mitte von einer Gruppe von Jugendlichen beschimpft und anschließend im Weinbergspark niedergeschlagen. Zwei der Betroffenen im Fummel unterwegs, der Dritte war als Punk zu erkennen. Die jugendlichen Täter riefen u.a. "linke Zecke", "Tunte", "Transe" und "Opfer", bevor sie die Verfolgung aufnahmen. Während sie ihre Opfer zusammenschlugen, riefen sie u.a. "Adolf Hitler". Die Jugendlichen waren unauffällig gekleidet und standen vor und nach dem Überfall Bier trinkend und pöbelnd am Rosenthaler Platz herum.
Die Opfer wurden insgesamt zweimal niedergeschlagen und dabei z.T. schwer verletzt. Sie waren blutüberströmt, als sie Passanten ansprachen, die aber weitergingen ohne ihnen zu helfen, obwohl die Täter sie weiterhin verfolgten.

Die Polizei, die über Handy gerufen worden war, ließ sich Zeit, obwohl sich zwei Wachen in der unmittelbaren Nähe des Tatorts befinden (Wache in der Brunnenstr. etwa 200 m entfernt, sowie Wache Eberswalder Straße). Die Polizei traf erst gegen 4:50 h ein, als die Verletzten bereits zuhause waren. Die beiden Polizisten legten keinen Wert darauf, mit allen drei Opfern zu sprechen - vielmehr vermittelten sie reines Desinteresse und grinsten höhnisch. Außerdem hielt es die Polizei nicht für nötig, zum Rosenthaler Platz zu fahren, wo sich die Täter noch bis mindestens 5:30 h aufhielten.
Als ein Opfer am nächsten Tag zur Wache Eberswalder Straße ging, um Anzeige zu erstatten, stellte der Betroffene fest, dass der Bericht vom Vortag mehrere inhaltliche Fehler enthielt. U.a. war nur von einem Opfer die Rede und die Tatzeit war nach hinten verschoben worden, wohl um den Eindruck zu erwecken, die Polizei sei prompt erschienen. Der Beamte, der die Anzeige aufnahm, wies das Opfer darauf hin, dass es "die Leute nun mal provoziere, wenn Sie sich so anziehen".
Wir gehen nicht davon aus, dass die Bullen sich besonders viel Mühe geben werden, die Täter zu fassen. Also sind wir für jeden Hinweis dankbar, der weiterhelfen könnte. Hier noch mal alles, was wir zu den Tätern bislang sagen können: Es handelt sich um die Nacht vom 24. 4. (Donnerstag) auf den 25. 4. (Freitag), bzw. um den frühen Morgen. Die Gruppe von 7 oder 8 männlichen Jugendlichen mit Kurzhaarfrisuren (keine Glatzen), unauffällig gekleidet, überwiegend in grau, zwischen 17 und 20 Jahren alt stand am Rosenthaler Platz herum. Einige davon verfolgten um ca. 4:30 h zwei Tunten und einen Punk in den Weinbergsweg hinein, wo zwei aus der Gruppe (beide blond) die Betroffenen niederschlugen. Anschließend wurden die Opfer von den beiden Schlägern grölend weiter durch die Kastanienallee verfolgt bis zur Höhe Schwedter Straße. Die Gruppe hielt sich danach noch bis mindestens 5:30 h am Rosenthaler Platz auf.
Falls ihr Hinweise habt, meldet Euch bitte beim Schwulenreferat des AStA FU unter der Nummer (030)839091-18 (AB) oder der Mail-Adresse info@gaycampus.de.
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Ingeborgs Kommentar:
Tja, ist das jetzt Wahnsinn, Dummheit, Langeweile, überbordende Hormone - was veranlasst Leute dazu, andere Leute, die, wie sie finden, nicht so sind wie sie selbst, zu beschimpfen, anzumachen, und letztlich zusammenzuschlagen.
Drei bekannte Rattenbargänger und -macher sind am 25.4. angegriffen worden. Es ist total egal, wie sie zu diesem Zeitpunkt aussahen. Nichts, aber auch wirklich gar nichts, sollte das Aussehen jemanden dazu verleiten, jemand anderen anzugreifen. Wenn dem so wäre, würde ich täglich in der U-Bahn um mich schlagen.
Also ... was war es? Liegt es daran, das man uns ansieht, das wir das Leben so genießen wie wir wollen. Das wir kaum Kompromisse eingehen, um in dieser Stadt zu überleben. (Für meinen Teil ist ein Kompromiss, mir eine Monatskarte gekauft zu haben - im übrigen eine Premium-Karte, ich kann's mir eigentlich nicht leisten, aber das Gefühl, den BVG-Kontrolleuren eins auszuwischen, ist wunderbar.
Nun gut. Wir wissen es nicht, es interessiert uns auch nicht. Wir wollen es einfach nicht. Aus keinem Grund, nirgends, niemals. Aber, aber, als ich es im Freundeskreis erzählte, erwähnten viele, das das in letzter Zeit so eine Tendenz ist, die wieder ansteigt. Es gab einen Überfall direkt im Tuntenhaus. Wenn man durch die Straßen geht, wird man angepöbelt (egal ob im Fummel, als Fetisch-Glatze oder als Punk).
Aus Solidarität mit den mir bekannten Opfern, bin ich zwei Tagen nach dem Überfall mit meiner Freundin Gisela und später mit dem zugestiegenen Freund von Gisela von Mitte nach Friedrichshain gefahren. Genauer gesagt zur Frankfurter Allee, zur Supa-Molly. Um meine andere Freundin Kaey zu zitieren: "Schön war das nicht." Mittlerweile hat man alles gesehen, gerade in der U-Bahn: Penner, Transen, Punks, Glatzen, Behinderte, Kranke, hässliche Frauen und hässliche Männer, nervende Kinder, Assis und so weiter. Kann mir bitte jemand erklären, was man davon hat, eine Transe zehn Minuten lang anzustieren. Man bekommt dann keine 3 Wünsche frei und wir laufen auch nicht übers Wasser.
Doch, was kann man ändern. Müssen wir wirklich eine Art Bürgerwehr gründen. Müssen Transen nach der Rattenbar mit einem Shuttle-Bus nach Hause gefahren werden? Ich bin schon x-Male im Fummel völlig breit nach Hause gestöckelt und ich dachte, es wird schon nichts passieren. Ach, ich habe noch nicht mal daran gedacht und ich will daran auch nicht denken.
Aber langsam muß man überlegen, wie man sich wehren kann. Nicht gegen die Angriffe, sondern gegen dieses Gedankengut, das sich langsam wieder in den Köpfen festsetzt.
So weit dazu. Alles Liebe und Kopf hoch. PS: Vielleicht auch Fäuste hoch? Ich weiß es nicht.
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