Jörg: Dieser Diskussionsansatz ist diffus – und so vielschichtig nicht vernünftig diskutierbar, trotzdem: eine 'Wohnpolitik' der Schwulen/Queers hängt immer an de Familie, die so blutstechnisch nicht vorhanden, erarbeitet werden muss. Die Freiheit sich eine eigen Familie zusammenzustellen, bedeutet auch Arbeit. Im Laufe des Lebens ändern sich diese Ansichten – und mit ihr zwangsläufig auch die Wohnvorstellungen, ultimative Lösungen/Idealvorstellungen gibt es nicht. So wie beziehungstechnisch die familie zusamengestellt werden muss (und nicht an Ehe oder was weiß ich hängt,) muss es auch die Zusammenlebform. |
Les Auteurs: Das ist auch nicht der Diskussionsansatz. Den suchen wir ja. Aber mit Deinem Beitrag sind wir schon ein Stück weiter. |
Sascha B.: Ich sehe das "Familiäre" bei "uns" nicht so ganz. Oder anders und genauer: in eine solche "Famile" hineinzuwachsen und dort zu verbleiben, verlangt mehr Arbeit als all das Heiraten, Kinder machen, Eltern besuchen etc. Und man wird nicht mal mit enger "Blutsbande" belohnt dafür. Deine Art "Familienplanung", Jörg, ist mir ein bisschen zu rationalistisch. |
Jörg: mitgeschnitten: In Berlin entsteht gegenwärtig gegenüber dem Crusing-Märchenbrunnen ein schwullesbisches Eigentumswohnungen-Projekt. Mal abgesehen, dass man dafür eine Menge Kohle braucht, hörte ich vom Projekt, dass es familiengerecht - und zwar community-familiengerecht gebaut werden soll: Intensive Nachbarschaftspflege, gemeinsame Dachterrassennutzung großzügige Lobby und gemeinsame Gästeapartmets, flexible an sich wechselnde Lebensbedingungen anpassende Wohnungen, die auch gemeinsame Kinderbetreuung und gegenseitige Pflege im Krankheitsfall mit einbezieht. |
Jörg: Auf alternativ gibt's das ja wohl schon (Tuntenhaus), und auf Gegenseitigkeit (Tuntentower), und auf Aids (Aidshospiz) auch. Für mich sprechen derzeit viele Indizien dafür, dass viele zwar gemeinsam etwas machen wollen, aber ihre Tür gern hinter sich zumachen wollen. Ein gemeinsames Haus (ob zusammen gekauft oder besetzt) scheint da die sinnvollste Lösung. Es sollte aber eine Fluktuation der Bewohner miteinkalkuliert werden - da muss man nicht für immer drin wohnen, wie schon oft und anderswo gehört. |
Christian: die absolut offene WG ist wohl unrealisierbar bei unserem Grad an Indiviualisierung. Zu stark ist der Wunsch nach Rückzugmöglichkeiten. Trotzdem haben WGs eine Zukunft, da man sich ein wenig verpflichtet, aufeinander einzugehen. Gegenseitigkeit kann am besten entstehen, wenn sie als Möglichkeit wahrgenommen wird. |
Riemen: @Jörg: In den Projekten kann man am besten die Tür hinter sich zumachen. Wenn man erstmal drin ist. Da ist die Toleranz hoch, die rauhe Wirklichkeit wird abgedämpft, Solidarität gibts auch, und es entsteht so eine Abgeschiedenheit, die die einen als Freiraum wahrnehmen, und die anderen als Gefängniss. Das ist rund um die Motzstrasse nicht anders wie rund um den Rosenthaler Platz. |
Unabhängige Nachrichten Agentur: In den von THC-Schwaden durchzogenen Gewölben der PrenzlauerBergFestung Tunta-Bunta haben Forscher bisher unbekannte Algorithmen entdeckt, die neues Licht auf das Netzwerk der Schwuler-Wohnen-Probleme werfen. Diese seien, so die Forscher, im Grunde die gleichen wie die schwuler Beziehungen und beide, so die steile These, nur Untergruppen des einen, alle beherrschenden, alle umtreibenden Problems: ICH UND MEIN SCHWULES PROJEKT. "Das ist die Weltformel!" so Geheimrat Wennemann "Zumindest für den Teil, den wir bewohnen." |
Dr. Vaseline: IHR NARREN!!! Niemals hättet ihr die Weltformel preisgeben dürfen. Nun wird Tunta-Bunta bombardiert! |
Jörg an Christian: das sind zum Teil alte linke (Polit-)Vorstellungen von WG. Die gegenseitige Verpflichtung, wie Du schreibst, kriegen viele Einzeller mit ihren FreundInnen besser hin als Traditions-WGs. Apropos Traditions-WG, je größer und bedeutender (bekannter) desto schlimmer der 10. Aufguss. Ich denke da immer an die "traditionsreiche Yorkstrassen-WG" (Berlin) |
Tunten-WG: mit Bev StroganoV, Tima, die Göttliche, Ichgola Androgyn, Ovo Maltine von Praunheim dokumentarisch festgehalten, bestimmt demnächst im Kino. Bestimmt auch schwuler wohnen festhaltend, aber nicht mehr die provokante Momentaufnahme ("Nicht der ..."). Von 1993 bis 1994 wohnte das Tunten-Quartett gemeinsam in der Schöneberger Erdmannstraße. Darüber hinaus sind alle aber auch Aids-Aktivisten der ersten Stunde: gründeten die Krankenpflegestation "HIV e. V.", holten "Act up!" nach Berlin und unterstützen das erste Ost-Berliner Aids-Zentrum "Pluspunkt". |
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