"Kann man Weinbrände auch mit Obstwasser löschen?" - oder:
Die Etuxx-Frage der Woche

Die immer gern experimentierende Etuxx-Redaktion probiert hier jetzt mal Folgendes: Fragen zur Diskussion zu stellen, die in den thematischen Foos aufgetaucht sind, die aber über die dortigen Debatten hinausgehen, Fragen, die am Rande liegen blieben, die Euch und uns aber interessieren. (Vorschläge für die kommenden Fragen der Woche bitte an: redaktion@etuxx.com.)

Die "Zürcher Oberland Medien" fragen z.B. ihre LeserInnen gerade: "Braucht es eine zweite Gotthard-Tunnel-Röhre?". Darauf kann man nur mit "ja" oder "nein" antworten, also abstimmen. Das ist uns (und Euch hoffentlich auch) zu anspruchslos. Wir hätten schon gern Argumente. Und zwar Eure und keine vorgegebenen (wie etwa hier).

Häufig sind Fragen der Woche auch eine Art Preisausschreiben. So wollen die Betreiber einer Asterix-Fanseite wissen: "Was versteht Majestix unter Sport?". Bei uns gibt´s zwar keine Comic-Figürchen zu gewinnen, aber wir versprechen Euch: Wir lassen uns von Euren Antworten beeinflussen.

Dass sowas auch schief gehen kann, sehen wir auf der Onlineseite von "Bild der Wissenschaft". Dort heisst es: "Sehr geehrte Leser, leider haben Hacker die letzte Umfrage "Glauben Sie, dass Gebete die Erfolgsrate einer künstlichen Befruchtung erhöhen können?" gestört. Die Redaktion musste sie deshalb von den Seiten nehmen.".

Nun gut, wir sehen der Gefahr in´s Auge. Und unsere erste Frage der Woche lautet:

Sollte Etuxx auch Diskussionen im
wirklichen Leben veranstalten?


(In der "Rattenbar" z.B. oder an einem anderem Ort? Über den bei uns geschilderten Angriff auf zwei schwule Skins oder über andere Themen?)

LeserInnen beraten Etuxx
Kolja, aus der Provinz: real life diskussions, wozu? damit die berliner die berliner kennen lernen und die doofen provinzler richtung hauptstadt schauen können? sorry, rl-etuxx wäre ein grund, mich hier zurück zu ziehen.  
pro life: Real-life Diskussionen erreichen andere Leute. Real-life Diskussionen haben mehr Unterhaltungswert. Real-life Diskussionen bringen Schwung in verschlafene Provinznester.  
pro life 2: Real-life Diskussionen helfen bei der Partnerwahl. Real-life Diskussionen schonen die Augen. Real-life Diskussionen schaffen unvirtuellen Mehrwert.  
Bahnsteigkarte: Jaja, Zurückziehen. Darum gehts doch. Sich in's Netzt zurückziehen, in's Hinterzimmer zurückziehen, virtuell werden, und nur noch zum ficken aus'm Loch kommen. Kommt raus aus euren foos!  
Sascha B.: Wie sollten Berliner Real-Life-Diskussionen denn "Schwung in verschlafene Provinznester" bringen? Wir wollten uns immer bemühen, über Berlin hinauszugehen. Dass uns das bisher nicht befriedigend gelungen ist, muss umgekehrt nicht heissen, dass wir jetzt einen Berliner "Club" aufmachen sollten. Ich finde, Etuxx sollte ein Online-Diskussionsmagazin bleiben. Davon abgesehen, möchte ich tatsächlich alle Etuxx-LeserInnen mal persönlich kennenlernen! Aber das steht auf einem anderen Blatt.  
stjopa: Kolja, wir "Berliner" waren auch schon bei Dir in der "Provinz".  
Kolja, aus der Provinz: stjopa: das ist nicht der punkt. aus bestimmten anlässen war ich auch schon in berlin. aber es werden strukturell leute ausgeschlossen, wenn diskussion plötzlich life weitergeführt wird. oder wollt ihr alle herkommen? etuxx meets salon perverse in dd? und ich gehe davon aus, dass sich hier nicht nur leute aus berlin, leipzig und dresden tummeln.  
Marcie: Es werden aber auch Leute wieder eingeschlossen, Kolja, die jetzt ausgeschlossen sind! Die kriegen von der Diskussion garnix mit, während dir schlimmstenfalls ein abend in berlin entgeht. Ist das wirklich so schlimm?  
Nachgefragt: Ich finde den Gedanken zwar reizvoll, aber wie wollt ihr denn verhindern, daß die Blubberköpfe sich gegenseitig zulabern?  
Marcie (im Muttikostüm): In der schwulen Baustelle wars immer schrecklich, wenn Leute sich stundenlang immer die gleichen Positionen an den Kopf geknallt haben. Ich kann mich da an die Veranstaltung mit dem GaySkinheadMovement erinnern. Aber wenn Leute einfach von ihren Erfahrungen berichten, aus ihrem Leben erzählen (selbe Veranstaltung) wars immer toll.  
Kolja: Marcie: sorry, der ansatz ist trotzdem berlin-zentristisch und ist den vorteilen dieses mediums genau entgegengesetzt. ich weiss auch gar nicht, wozu ihr rl-etuxx benötigt. hat berlin keine diskussionsrunden mehr?  
Marcie: Nö  
Ronda: Ich finde es höchst erfreulich, wenn sich anhand "virtueller" Diskussionen einige Teilnehmer derart motivieren können, dass sie eine real-life-Diskussion ins Leben rufen möchten. Bewegen oder verändern kann man meiner Ansicht nach meist nur dann etwas, wenn sich Leute real treffen. Auch als Experiment interessiert mich der Ansatz, da ich annehme, dass real-life-Diskussionen trotz gleicher Thematik anders ablaufen als hier. Vielleicht könnte der Anteil der Beiträge, deren einziges Ziel es ist zu provozieren, halbiert werden.  
Kolja: jo, und die provinzler bekommen dann noch öfter die antwort: *gähn* das iss doch schon lange ausdiskutiert! oder was? aber macht mal! good bye!  
off: macht doch mal ne testveranstaltung. so we ich die teilnehmerInnen hier einschätze wird die diskussion etweder nach 5 minuten in kakaphonisch-babylonisches stimmengewirr übergehen, weil jedeR sofort sein ping-pong-bonmot in den raum schreit, oder ihr werdet euch so heillos zerstreiten und beleidigen und prügeln und mit handtaschen zuschlagen, dass es nicht nur keine zweite rl-veranstaltung mehr geben wird, sondern auch kein etuxx-virtuell mehr. ceterum censeo (mit kolja, und noch südlicher): wir reichshauptstadtverweigerer ham halt nix davon. wo wir doch schon viel seltener zum ficken kommen.... jetzt auch noch verknappung intellektueller überlebensrationen!! nenene!  
Marcie: Ein Wort an Euch, Reichshauptstadtverweigerer! "Anarchie und Sinnlichkeit", ein klassisches Reichshauptstadttreffen, brachte in seiner Folge zuerst die Homolandwoche, dann die Tuntentinte, und schliesslich etuxx hervor.  
Bedenkenträger Robert: eine gewisse Abneigung zu derart Veranstaltungen kann ich nicht ganz leugnen. Ist das Thema hot, sind es auch die Menschen. (Remember Pädophilie-Debatten). Interessante Diskussionen müssen meiner Meinung nach gut vorbereitet sein - und sollten auf keinen Fall so ablaufen: etuxx - Themen -Foo jetzt einfach im Real Live. Mit Sicherheit brüllen sich nach 10 Minuten Fraktionen an ... . Beim Friedrichshainer Putztruppenfall kann ich mir z.B. erst mal nur eine Podiumsdiskussion vorstellen. Das wiederum müsste gut vorbereitet sein. Eher Arbeit für mehrere Leute, von etuxx im Moment alleine nicht zu schaffen.  
Bedenkenträger Robert: Andererseits frage ich mich welche phänomenal neuen Erkenntnisse würde so eine Diskussion bringen, die hier nicht möglich wäre? Es könnten Menschen zu Wort kommen, die nicht zur online-Diskussion neigen, da diese Art zu diskutieren vielen noch fremd oder unbehaglich ist. Oder werden die, die sich hier nicht aus dem Fenster lehnen, es real auch nicht tun?  
Leo: Ich bin dafür. Auch wenn diese Nische kaum Erfahrungen in Sachen Streitkultur hat, denke ich es hat schon einen Lerneffekt gegeben: Diskussionen müssen auch ohne umfassenden Konsens funktionieren können. IRL bräuchte eine gewisse Moderation: Outsourcing von Zwiegesprächen. Zurechtrücken von Ansprüchen der RednerInnen aneinander. Zurverfügungstellung einer sachlichen Diskussionsgrundlage. Eingrenzung von Exkursen. Animation und Abbau von Hemmschwellen. Sprich es müßte wer mit sehr viel Fingerspitzengefühl vorbereiten. Die einfachere Möglichkeit ist, sich von der Metaebene aus herunterzutasten, wie wär's mit einer IRL-Diskussion über Etuxx?  
Leo: Den RAW-Vorfall halte ich für einen nicht so geeigneten Einstieg. Dafür hat sich schon Stunden danach die Polizei aktiv interessiert, wer will sich da auf ein Podium setzen? - Kolja, eine Verlagerung von Diskussionen kann ich mir schwer vorstellen, eher eine Ergänzung. Wenn es tatsächlich zu Veranstaltungen kommt, lassen sich Audiodokus online stellen oder es gibt KorrespondentInnenberichte. Und was Grundsätzliches zum Thema Provinz: Ich bewundere alle, die's dort aushalten, ich hab's nicht. Die Metropole ist experimenteller, die Provinz oft ausdauernder. Das sollte sich ergänzen, nicht widersprechen.  
Marcie: Ich finde den Diskussionsstand, den wir mit etuxx erreicht haben, den bisher besten, das vorneweg. Aber gerade Dinge wie etuxx, Projekte, Veranstaltungen, Netzwerke - enstehen nunmal im real-life. Bumsköppe streiten sich. Aber am Rand der Veranstaltung, vielleicht bei ihrer Vorbereitung, vielleicht unter ihrem Eindruck, entstehen wieder Keimzellen für etwas Neues.  
Marcie: Wenn ich den Begriff "Diskussion" durch Veranstaltung ersetze, durch Vortrag, Info-Abend, Teach-In, wird dann klarer, was ich meine?  
off: eigentlich sind wir ja nur todneidisch über euere potentiale in megalopolis... aber marcie: unfruchtbare podiumsdiskussionen würde ich euch ja noch durchgehenlassen. aber so was tolles wie teach-ins, nein, das nicht! ceterum censeo....  
Die dumme Glatze: findet, daß der vorteil bei etuxx, nämlich mal zurückscrollen und nochmal nachlesen zu können, was die anderen kinder gesagt haben, bei der rl-diskussion verloren ist. Da werden hunderttausende wild und unüberlegt durcheinander schwafeln, wo das bei etuxx vielleicht nur zehn oder zwanzig tun. und der dummen glatze wird wieder der pufferspeicher überlaufen, weil sie sich nicht alle dreimal gewendeten argumente merken kann. fuer speicherhirn-entlastung durch php, gegen reale warmluft!  
Sascha B.: Trotz meiner Skepsis mag ich doch gerne ein Experiment machen, ja. Und schlage daher, durch Leo noch mal angeregt, folgendes vor: Am 12.12. wird es ohnehin einen Etuxx-Abend in der Rattenbar geben. Wie wäre es, den zu nutzen, um (zeitig! nicht erst für 23 Uhr!) eine Diskussion anzuberaumen, eben: über Etuxx?! Und dann schauen wir mal...  
Kolja: na denn: winke, winke!  
OnAir: etuxx ist eine online-veranstaltung und wird es auch bleiben (das, um kolja zu beruhigen; wir wollen Dir damit nicht deine heimat :-) nehmen, herzchen). etuxx-veranstaltungen, die im wirklichen leben stattfinden, interessieren mich persönlich nur dann, wenn dadurch neue leute auf das projekt aufmerksam werden; nur dafür würde ich noch mehr zeit investieren. von rl- diskussionen verspreche ich mir garnichts (mehr). wenn es "nur" um die nebeneffekte geht (@marcie) könnten wir doch mal ne nette party machen; mit kolja als dj oder so.  
Sascha B.: Och Kolja, jetzt sei nicht beleidigt! Auf Etuxx fällt gar nix weg dadurch. Im Gegenteil: es kommt ein Protokoll dazu. Und das wird weiterdiskutiert. Sowas wie: "*gähn*, das hatten wir alles schon live!", wirst Du hier nicht lesen.  
off: ceterum censeo... kolja, lass uns doch ne gegenveranstaltung machen irgendwo zwischen dresden und nürnberg (z.b. am grenzübergang hof-plauen. und wir verraten NIEMANDEM was da tolles diskutiert wird....  
Bert the Evil: /me mag auch keine rl-diskussionen, weil dabei nur rauskommen würde, wie lieb er ist  
Marcie: nagutnagutnagut. dannhaltnicht. aberschadetrotzdemichhättenämlichgerneinenschwulerwohnenkongressgemacht. jajasogrosswolltichraus. nagut. jetztgehtszurückinsfoohäuschen. yp  
Marcie: aberdenetuxxabenddürfenwirdochmachen?  
off: kompromissvorschlag (kann marcie nicht so enttäuscht grummeln sehen bei meinem weichen süddeutschen herz): die diskussionen kosten fett eintritt und alle anreisenden provinzler bekommen ein schönes-wochenend-ticket spendiert. ansonsten: ceterum censeo...  
für Kolja: Wie schmeckt eigentlich  beleidigte Leberwurst?
Marcie: ich?grummeln?  
Marcie: Scherz beiseite. Die Gegenargumente sind überzeugend und das Thema erledigt. Neue Frage.  
Sascha B.: Marciiiiiiiiiiie! Mit Deiner letzten Aussage bist du aber selbst hart dran an der Leberwurst. Lass uns einfach mal eine Diskussion zu Etuxx machen in der Rattenbar am 12.12; dann sehen wir weiter, ja?!  
Marcie: Sorry, so isses nicht gemeint. Aber wenn wir jetzt nicht schluss machen mit dem thema, wird das pendel wieder zurück schwingen, und wir landen im ewigen kreislauf gleicher argumente. deshalb bitte wirklich eine neue frage. falls sich mal eine neue situation ergibt, möchte ich nämlich wiedervorlage beantragen können  
nucius: tscha, das sieht ja fast so aus, als ob man hier bloß einen schmollmund ziehen muss (wie kolja) oder in der alten latein-kiste kramen (wie off) und dann lasst ihr ne gute idee wieder fallen. beides könnte ich ja vielleicht auch? maxime peccantes, quia nihil peccare conantur... :~#  
nucius: rl-disko hat andere vorteile als disko im netz: manche sachen kann man im netz garnicht ausdrücken, da fehlen der tonfall und der blickkontakt. andere sachen müssen vielleicht mal gesagt werden, aber man traut sichs nur, wenn niemand weiß, von wem es kommt. das kann doch nicht gegeneinander stehen. -- mich stört eher, dass ihr solche veranstaltungen mit "etuxx" labeln wollt. geht's euch um "sach-themen" oder wollt ihr euch als personen bekannt machen? auf eine diskussion über etuxx ("...und vielen dank an die fleißigen redaktöre...") würd ich jedenfalls nicht gehn. de etuxxibus non est disputandum. ;)  
Marcie: Wir wollten erst garnicht als etuxx redakteure eine rl-disko, sondern als rattenbar-gäste. Als das unmöglich schien, kam etuxx auf. Siehe  Antifa - wohin gehst du
OnAir: @Marcie: ich finde Deine Geschichts-Schreibung über etuxx hier ja ganz interessant ("Anarchie und Sinnlichkeit, dann Homolandwoche, dann Tuntentinte, und schliesslich etuxx" oder: "als rl-disko nicht funktionierte kam etuxx auf") erlebe sie aber etwas anders. Vor allem ist etuxx kein ersatz (für all das). Für mich jedenfalls; und für Dich? Offene Redaktionsanfrage. Jetzt könnte es spannend werden...  
OA-Online-Akademie: Die Homolandwoche entstand aus Unzufriedenheit über das Metropolentreffen "Anarchie und Sinnlichkeit" - zuviel Grossstadt, zuviel Sub. Die Tuntentinte entstand aus dem Rundbrief der Homolandwoche (liegt noch bei uns rum). Etuxx war/ist ein Projekt von Ex-Tuntentinten-Redakteuren. Stets zu Diensten. Marcie  
OA-Online-Akademie 2: Und das etuxx kein Ersatz für "all das" ist, habe ich behauptet. Siehe oben.  
off: lieber nucius, danke, jetzt glaub ich bald selbst dran, dass ein dauerhaft geschmettertes cc alles bewirken kann. aber zum label "etuxx": bürgt doch für ne gewisse qualität, oder nicht? warum nicht damit werben? ich seh das problem ja darin, dass das gleiche etikett schon das gefühl gibt (ob begründet oder nicht), dass da kräfte aus dem net abgezogen werden. wahrscheinlich hätte ich mich zu keinem zeitpunkt empört, wenn ihr die veranstaltungen einfach (hinter dem rücken der provinz und der net-öffentlichkeit) vorbereitet und dann hier beworben hättet. soll ja eigentlich keinem das kommunizieren verboten werden. hat eher was von psycho-gruppendynamik.