Progressiver als die Polizei erlaubt Zwei Omsen aus Bad Schwartau von Tom Sejlhus Was die Gleichstellung von homosexuellen Lebensweisen anbelangt, hat die Bundesregierung es bislang weder vermocht, homosexuelle Menschen in gleichem Maße am bestehenden System teilhaben zu lassen, noch hat sie sich daran gewagt, die althergebrachte Lebensform der Ehe insgesamt zu hinterfragen. Die Frage, wie die rechtliche Situation von Paaren (welcher sexuellen Ausrichtung auch immer) verbessert werden kann, die nicht heiraten möchten, wurde nur am Rande gestreift. Und was ist mit Menschen, die gern in einer Dreier-, Vierer- oder Fünferbeziehung leben möchten, von denen eine Person vielleicht noch aus einem Nicht-EU-Land kommt? Und was ist mit meinen Freunden – meiner Wahlfamilie? Vielleicht würde ich denen gern ein Auskunftsrecht im Krankheitsfall einräumen oder sie im Todesfall besonders berücksichtigen? Es wird gestreut, der Mainstream sei für solche Fragen nicht aufgeschlossen. Doch in die Strumpfhose des Mainstreams wurde jüngst eine weitere Laufmasche gerissen und zwar von zwei befreundeten Rentnerinnen aus Bad Schwartau in Schleswig-Holstein. Die beiden Frauen, 73 und 79 Jahre alt, sind heterosexuell und haben den Bund der Homo-Ehe geschlossen, um sich gegenseitig abzusichern. Mit dieser Nummer haben zwei alte Damen mehr Kreativität bewiesen als die gesamte Polit-Bagage zusammen. Auch haben sich die beiden Siebzigerinnen als der Fraktion der Handelnden zugehörig gezeigt und – vermutlich ohne den Begriff "queer" zu kennen – haben sie meiner Ansicht nach eine Tat hingelegt, die den queeren Aktionswillen manch einer bloß theoretisierenden Labertasche bei weitem übersteigt. So hoffe ich, dass noch viele heterosexuelle Menschen die starre Gesetzgebung unterwandern und eine Homo-Ehe miteinander eingehen werden. Und spätestens, wenn jemand auf dem Standesamt aufkreuzt und sich mit einem polysexuellen Außerirdischen verpartnern möchte, dann wird dem einen oder anderen Politiker eventuell dämmern, wie lange er die Bedürfnisse der BürgerInnen wohl ignoriert haben muss.