Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Politiker und Bankgesellschaft plündern Berlin.      von Benedict Ugarte-Chacon
Original + weitere Infos auf www.berliner-bankenskandal.de

Im Jahre 1994 fasst man in Berlin einen folgenreichen Entschluss: Drei unterschiedliche Regionalbanken, die Berliner Bank AG, die Landesbank Berlin und die Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank AG/Berlin Hyp, sowie einige Fondsgesellschaften werden unter dem Holdingdach der Bankgesellschaft Berlin zusammengeschlossen. Die Landesbank und die Berlin Hyp gehören zu 100% dem Land Berlin, bei der Berliner Bank hält das Land eine Mehrheitsbeteiligung von 56%. Da die drei Banken bislang unter dem Schutz der öffentlichen Hand ein recht beschauliches Dasein führten, haben sie mit der freien Marktwirtschaft so gut wie keine Erfahrung. Beobachter sehen deshalb den Niedergang der neuen Bankgesellschaft schon bei deren Entstehung vorprogrammiert.[i] Die damalig regierende große Koalition unter Eberhard Diepgen verspricht sich von der Bankgesellschaft hohe Dividenden und diverse Gefälligkeitsgeschäfte, alles um den klammen Berliner Haushalt über Wasser zu halten und diverse Großprojekte weiterhin finanzieren zu können. Um auch aus Anteilsverkäufen der Bankgesellschaft Kapital schlagen zu können, ist ein hoher Aktienwert notwendig. So werden bei der Fusion der drei Banken die Eingangsbilanzen bewusst überbewertet, die beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die den Aktienwert der neuen Bankgesellschaft festzustellen haben, messen jeder Bank überhöhte zukünftige Erträge zu. Die Erschaffung der Bankgesellschaft Berlin reiht sich ein in eine Serie von größenwahnsinnigen Projekten zum Ausbau Berlins zu einer "Superstadt". Der Spiegel stellt schon Anfang 1995 fest, dass die "Berliner Kassen außer Kontrolle geraten sind" und die verfolgte Politik zu einer "Jahrhundertpleite" führen könnte.[ii]

Peter Grottian
Peter Grottian u. AktivistInnen der Initiative "Berliner Bankenskandal"


Die neue Bankgesellschaft stellt jedoch nicht nur eine Geldquelle für die große Koalition dar, sie eignet sich auch als ein prächtiges Prestigeobjekt, immerhin ist sie nun das sechstgrößte Kreditinstitut Deutschlands. Dass sie keine großen Erträge einfährt, stört zunächst nicht weiter.

Immobilienfonds

Das merkwürdige Geschäftsgebaren der Verantwortlichen in der neuen Bankgesellschaft wird bei einem Blick auf die von der Landesbank Berlin aufgelegten geschlossenen Immobilienfonds deutlich. Marktunüblich, wenn nicht gar einzigartig, sind die Garantien, die den Fondszeichnern von der Bank gegeben werden. Zunächst sichert eine meist über 25 Jahre gegebene Mietgarantie feste Mieteinnahmen. Ob die Immobilien, die sich in den Fonds befinden, Mieteinnahmen erbringen oder nicht, ist also für den Gewinn der Anleger nicht relevant. Tatsächlich handelt es sich bei einem großen Teil der in diesen Fonds untergebrachten Immobilien um schlechtgehende Objekte mit hohem Leerstand oder besser: um Schrott-Immobilien. Bei solch einer Garantie ist dies allerdings für den Fondszeichner nicht von Belang. Die zweite Garantie ist eine Andienungsgarantie. Die Anleger können damit ihre Anteile nach 25 Jahren zu 100% der von ihnen investierten Summe an die Landesbank Berlin zurückverkaufen, wenn sie weitere fünf Jahre damit warten, kauft die Landesbank die Anteile zu 115% der ursprünglichen Investitionssumme zurück. Der tatsächliche Marktwert der Immobilien spielt hierbei keine Rolle. Für die von der Landesbank gegebenen Garantien haftet die Bankgesellschaft. Zusätzlich zu diesen garantierten Gewinnen können die Anleger meist zwischen 50 bis 80% ihrer ursprünglichen Investition von der Steuer absetzen.

Nicht nur, dass mit dieser Praxis seitens der öffentlichen Hand auf Steuergelder verzichtet wird, für alle Risiken, wie z. B. die ausbleibenden Mieteinnahmen aus den Schrott-Immobilien, werden die Steuerzahler zur Verantwortung gezogen.[iii] Hinter der Bankgesellschaft steht das Land Berlin, welches zu dieser Zeit 57% der Anteile hält, und hinter dem Land Berlin steht die Bundesrepublik Deutschland. Besser als mit solch einer Haftungskette kann wohl kein Anleger versichert sein. Ein Schelm, wer sich angesichts der Liste der Fondszeichner Gedanken macht. Neben Persönlichkeiten aus den oberen Etagen der Bankgesellschaft und Personen aus deren privatem Umfeld finden sich prominente Namen aus der Landes- und Bundespolitik.

Die Bankgesellschaft versucht seit dem Beginn dieser unüblichen Geschäftspraxis sämtliche darin enthaltenen Risiken zu verschleiern. So nimmt sie ab Mitte der neunziger Jahre mit Hilfe von Strohmännern Bilanzmanipulationen in Höhe von ca. drei Milliarden Mark vor. Die Verantwortlichen in der Bankgesellschaft zeichnen sich nicht nur durch solch unseriöse Finanzjonglagen aus, sie scheinen auch zum größten Teil ihrer verantwortungsvollen Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Sehenden Auges steuern sie den Konzern mit größter Sorgfalt gegen die Wand.

Filz

Die Bereitschaft der Verantwortlichen, sich und ihren Freunden Vorteile zu sichern, kommt nicht nur bei der Zeichnung von Immobilienfonds zum Tragen. Der ehemalige Chef der Berlin Hyp und ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus Klaus Landowsky beispielsweise lässt den Privatclubs, u. a. dem "Lawn-Tennis-Turnier-Club Rot-Weiß", in welchen er und andere Bankmanager Mitglieder sind, Zuwendungen "seiner" Bank zukommen. Ebenso gewährt die Berlin Hyp Großspendern der CDU, vornehmlich aus der Baubranche, Kredite in Milliardenhöhe. Es kommt allerdings vor, dass sich Bauunternehmer mit ihren Vorhaben übernehmen. Ihre Unternehmen lassen sich aber dadurch sanieren, dass eine Fondsgesellschaft der Bankgesellschaft mitunter schlechte Immobilien zu einem großzügig überhöhten Preis aufkauft und in einem ihrer Immobilienfonds unterbringt.

Dass die Politiker der großen Koalition Parteifreunde in diverse Ämter bei der Bankgesellschaft oder einer ihrer Teilgesellschaften hieven, verdient keine besondere Erwähnung.

Krise

Anfang 2001 steht die Bankgesellschaft vor der Insolvenz. Mit ihrem negativen Rekord-Jahresergebnis belastet sie den Berliner Haushalt enorm. Zudem werden Stimmen laut, die der Führung der Bankgesellschaft Inkompetenz und kriminelle Energie vorwerfen. Klaus Landowsky steht plötzlich unter Verdacht, Kredite gegen Parteispenden verschenkt zu haben. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, welches trotz zahlreicher Prüfungen der Bankgesellschaft nichts von der drohenden Insolvenz bemerkt haben will, fordert im März 2001 den Rücktritt von fünf Vorstandsmitgliedern der Bankgesellschaft. Landowsky wird die Möglichkeit zum "honorigen Ausstieg" gegeben, offiziell tritt er nach eigenem Wunsch zurück. Die "Versorgungsbezüge" für die ausgeschiedenen Manager belaufen sich auf monatlich zwischen 15 000 und 20 000 Euro. Sie werden lebenslänglich bezahlt.[iv]

Was tut die Politik?

Nicht nur die Verantwortlichen in der Bankgesellschaft üben sich in Verschleierungstaktiken. Der großen Koalition sind sämtliche Risiken des Konzerns von Anfang an bekannt, ein öffentliches Eingeständnis dieser Risiken aber würde die Dividende der Bankgesellschaft schmälern, diese wird jedoch, genau wie diverse Anteilsverkäufe, benötigt, um die finanzielle Lage des Landes zu verbessern. Zudem wälzt das Land seine finanziellen Probleme auf die Bankgesellschaft ab, beispielsweise werden unrentable Immobilien an die Bankgesellschaft verkauft. Sämtliche Entscheidungen, die in den oberen Etagen der Bankgesellschaft getroffen werden, werden durch die Politiker der großen Koalition, die einen Posten im Aufsichtsrat inne haben, abgesegnet.

Als der Wirtschaftsprüfer Achim Walther 1997 in seinem Bericht schreibt, dass die für die Immobiliengeschäfte der Bankgesellschaft zuständige Konzerntochter Immobilien- und Baumanagement der Bankgesellschaft Berlin GmbH (IBG) "durch Mietgarantien über 25 Jahre und die angebotenen Andienungsrechte so hohe wirtschaftliche Risiken eingegangen [ist], die sie aus heutiger Sicht vielleicht nicht aus eigener Kraft bewältigen kann"[v] und er zudem das einige Jahre später stattfindende Bankdesaster voraussagt, wird sein Bericht weder von der Bankgesellschaft noch von der Politik berücksichtigt. Als Anfang 2001 die Krise der Bankgesellschaft zu Trage tritt, wendet sich Walther an verschiedene Politiker und bietet diesen an, ihnen seine Kenntnisse zur Verfügung zu stellen, immerhin ergeben sich Haftungsansprüche zu Gunsten des Landes Berlin. Weder der damalige Senator für Stadtentwicklung und SPD-Landesvorsitzende, Peter Strieder, noch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, noch dessen Nachfolger Klaus Wowereit, an den sich Walther im November 2001 wendet, haben Interesse an den Kenntnissen des Wirtschaftsprüfers. Ebenso desinteressiert zeigt sich im Januar 2002 der Oppositionsführer im Berliner Abgeordnetenhaus, Dr. Frank Steffel.

Um den Konkurs der maroden Bankgesellschaft zu vermeiden, beschließt die rot-grüne Übergangsregierung im Juli 2001 eine Kapitalzuführung von zwei Milliarden Euro. Die Übergangsregierung gibt vor, die Bank nunmehr gerettet zu haben, im folgenden Wahlkampf wird der Bankenskandal zu einem Landowsky-CDU-Skandal umgedichtet. An der Geschäftspraxis der Bankgesellschaft ändert sich nichts, die Risiken aus den Immobilien- und Fondsgeschäften bleiben weiterhin unkalkulierbar. Dem rot-grünen Übergangssenat muss also klar sein, dass in Zukunft weitere Finanzspritzen des Landes notwendig sein werden, vor allem, weil nach dieser Kapitalzuführung die Anteile des Landes Berlin an der Bankgesellschaft bei 81% liegen. Auf die Idee, die Bankgesellschaft aufzulösen bzw. in die Insolvenz zu führen, kommt keiner der Verantwortlichen. Die Erfüllung von Mietgarantien und Andienungsgarantien beispielsweise hätte somit verweigert werden können. Der rot-grüne Übergangssenat beginnt stattdessen eine Maßnahme vorzubereiten, die die Berliner Bevölkerung für die nächsten 30 Jahre beschäftigen wird. Am 9. 4. 2002 verabschiedet das Berliner Abgeordnetenhaus unter dem rot-roten Senat das sog. Risikoabschirmungsgesetz. Dies bedeutet, dass das Land Berlin von nun an für die nächsten 30 Jahre die Risiken aus den Immobiliengeschäften der Bankgesellschaft zu übernehmen hat. Hochrechnungen ergeben eine Summe der Risiken von 21,6 Milliarden Euro. Die Gewinne aus den Immobilienfonds werden weiterhin an die Fondszeichner verteilt, mit den enormen zu erwartenden Verlusten aus diesen Geschäften wird die Berliner Bevölkerung belastet: Phantasielos und unverantwortlich gestaltet sich in diesem Sinne die Kürzungspolitik des sozialdemokratisch-sozialistischen Senates. U. a. Erwerbslose, SozialhilfeempfängerInnen, Jugendliche, Kitas, Selbsthilfeprojekte, MigrantInnen, Schulen und nicht zuletzt Universitäten sind die Leidtragenden solch zerstörerischer Politik.

Und nun?

Von der Berliner Politik ist, was die Aufklärung des Bankenskandals betrifft, weiterhin nicht viel zu erwarten. Eine zahnlose Staatsanwaltschaft hat bisher keine nennenswerten Ergebnisse vorzuweisen, ein überforderter Untersuchungsausschuss tagt teilweise im Geheimen, d. h. die Bevölkerung wird die Ergebnisse dieses Ausschusses nur teilweise erfahren. Es wird versucht, einen Schlussstrich unter die skandalösen Ereignisse zu ziehen, gleichzeitig wird die bisherige Konzernpolitik weitergeführt. In Kauf genommen wird dabei die weitere Verschärfung der Haushaltsnotlage Berlins und die Aufwendung von Steuergeldern zu Gunsten privater Gewinne.

Auch ein Blick in den aktuellen Geschäftsbericht der Bankgesellschaft verheißt wenig gutes. So wird zwar eine "Wende zum Besseren" versprochen und die Sanierung des Konzerns mit öffentlichen Geldern wird als "erfolgreich weitergeführt" bezeichnet, jedoch sitzen mit Hans-Jörg Vetter, Johannes Evers und Norbert Pawlowski drei Hauptverantwortliche für das Bankdesaster im Vorstand. Dennoch tröstet uns folgende Feststellung: "Zum Prinzip der neuen Bankgesellschaft Berlin zählt ein ehrlicher Umgang mit der Vergangenheit."[vi]

Was man tun kann

Eine Möglichkeit, den von Politik und Bankgesellschaft weitergeführten Skandal zu beenden, ist die Unterstützung des Antrages zum Volksbegehren "Schluß mit dem Berliner Bankenskandal!" der Initiative Berliner Bankenskandal. Mit dem Volksbegehren soll letztendlich das Risikoabschirmungsgesetz aufgehoben und der Konzern Bankgesellschaft Berlin aufgelöst werden. Dass die Bereinigung des Berliner Bankenskandals nur ein Schritt hin zu einer politischen Neuorientierung sein kann, versteht sich von selbst. [i] Vgl. Mathew D. Rose, Eine ehrenwerte Gesellschaft - Die Bankgesellschaft Berlin, Transit Buchverlag, Berlin 2003, S. 18

[ii] "Von New York lernen" in: Der Spiegel 8/1995

[iii] "Inbegriff des Filzes" in: Der Spiegel 9/2001

[iv] Berliner Zeitung v. 13. 8. 2003

[v] Rose, S. 109

[vi] Bankgesellschaft Berlin, Geschäftsbericht 2002, S. 4

Empfehlenswert:

Mathew D. Rose, Berlin - Hauptstadt von Filz und Korruption

Hannover: Zu den wenigen Dingen, die mich an etuxx stören, gehört die Fixierung auf Berlin. In welchem Bezug steht dieser ansonsten informative Text zum "queer underground"?  
Berlin: Hallo Hannover, die "Berlinlastigkeit" liegt an Berlin, alle Redakteure sind Berliner, doch grundsätzlich sehen wir uns nicht als Berliner Projekt, sondern eher als eins für den deutschsprachigen Raum. Doch speziell zu Deiner Frage folgendes:  
"Bankenskandal" am 12.1 @ 21h Möbel Olfe: Wieviel queer ist der Bankenskandal? In der Stadt leiden die Kitas, Hochschulen, Selbsthilfeprojekte und nicht zuletzt die wenigen lesbisch-schwulen Projekte. Schon vergessen scheint einer der Auslöser, der Berliner Bankenskandal: Im Gießkannenprinzip die Berliner Bankgesellschaft ihre Freunde reichhaltig mit riskanten Krediten ausstattete und Prominenten Höchstrenditen offerierte. Peter Grottian, ist Hebamme der Initiative "Berliner-Bankenskandal" und Prof.für Politikwissenschaften am Otto-Suhr-Institut der FU. Mit ihm wollen wir diskutieren über die Auswirkung und Ursachen des Berliner Bankenskandal, nicht zuletzt einem Ort des Geschehens: dem Möbel Olfe im Neuen Kreuzberger Zentrum.  
Naiv-?-Hasi: Eigentlich sind doch die haarstreubenden Vorgänge recht gut dokumentiert. Wie kommt es, dass die Staatsanwaltschaft so gar keine Handhabe hat? Horrende Versorgungsbezüge sind zwar legal, aber Finanzierung von klar defizitären Projekten von »Freunden« aus »öffentlichen« Geldern wohl kaum. Mal bitte ohne Verschwörungs-Hammer á la »alles Verbrecher«: wo könnte man erfolgreich ansetzen?  
Hannover @ Berlin: Natürlich leiden auch lesbisch-schwule Projekte unter dem Bankenskandal, liebe Hauptstadt, aber mit dem Argument könnten wir ja willkürlich jeden beliebigen Haushaltsentwurf zum Thema machen.  
Berlin-SüdOst@ Hannover: Na vielleicht kommen sie bei dem ganzen Fond- und Anlagegequatsche auch darauf, wie das als Schwuler oder Lesbe mit der Alterssicherung funktioniert soll, oder dass die Nazis ja auch ganz schlimm gegen die Spekulantenschweine waren, und das mit "Zinsen und Juden" ... . Oder, dass die imperialistische Schlimm-USA neben dem Fordismus auch Queer im Gepäck hatte. Oder "Paygay" oder pink money? oder oder ...  
FB@Südost: Ich weiss nicht was Du uns mit dieser Auflistung sagen willst? Bedeutet den Bankenskandal zu thematisieren = Kooperation in Gedanken mit den Nazis? Oder meinst Du: tolle Idee. Dann wird "den" Schwulen/Lesben mal andere/erweiternde Themen nahe gebracht.  
hasi @ hannover: queer-politik ist eine "politik-struktur", eine "vorgehensweise", die sich vor allem dadurch von anderen unterscheidet, dass gruppen bündnisse miteinander eingehen, die sonst nur wenig kontakt haben, oft sogar "konkurierend" sind. bei themen wie dem berliner bankenskandal ist diese art des denkens notwendig, wenn überhaupt irgendwas passieren soll - also ist der bankenskandal durchaus ein "queeres" thema. ein artikel, der einen hannoverischen background hätte, würde sicher auch "abgedruckt", allerdings schreiben hier ja meist die berliner, und die leben halt hier ...  
Brenda@Hannover: Wir freuen uns immer über eingesandte Texte und Artikel zu anderen Lokal- oder Regionalpolitiken. Und wir freuen uns natürlich auch, dass wir nicht nur in Berlin gelesen werden. :-)  
MC: Ich fand die Veranstaltung zum Bankenskandal im Möbel Olfe sehr schön. Weil sie informativ war. Und angenehm un-lesbischwulqueer. Nur der Tonfall von Grottian war mir teilweise unangenehm (demagogisch wäre zu hart - aber so in die Richtung). Ich bin allerdings auch ungeübt im Anhören von Reden aller Art.  
MC: Niemand ist auch nur auf die Idee gekommen, eine der weiter oben von Berlin-Südost befürchteten Diskussionen aufzumachen. Und was das Ansetzen angeht: die Festschreibung privater Gewinne aus öffentlichen Mitteln ist keineswegs unumkehrbar. Wenn aus den bevorstehenden 30 Jahren Plünderung nur 15 oder 10 Jahre würden, wäre schon viel gewonnen.  
MC: Ein bischen zu wenig ist mir Grottian auf die Zwickmühle eingegangen, in der die Berliner Partei-Politik steckt. Wer immerzu von einer grossen Zukunft Berlins schwärmt, kann nicht öffentlich seinen Bankrott erklären. Selbst dann nicht, wenn dadurch die Belastung kurzfristig sinkt. "Schwamm drüber und weitermachen" ist in dieser Logik durchaus folgerichtig.  
ulrike: leider hat grottian nix dazu gesagt, wie viel queer jetzt daran sein soll. aber das ist da vielleicht auch einfach kein vordringliches thema. ich hätte gerne gewusst, was grottian unter "demokratischen volksgefängnissen" versteht, hab mich aber nicht getraut nachzufragen. ich finds aber doof, so provokante begriffe zu verwenden und sie dann nicht weiter auszuführen. das geht dann wirklich in richtung stammtischredner.  
Der Bankenskandal ist keineswegs queer: Das ist die klare Antwort des Abends. Leider hat sich in dieser Republik noch nicht rumgesprochen, dass der Berliner Bankenskandal keineswegs nur ein Berliner Thema ist (@hannover). Im Gegenteil. Überall in diesem Land (und auch in Hannover) sitzen die Geldsauger, die nach wie vor nicht bereit sind, auf ihre Renditen zu verzichten, obwohl sie inzwischen wissen, wie dreckig es "ihrer Hauptstadt" geht. Das hat sich offenbar leider noch nicht rumgesprochen. Deshalb steht es auch hier um so dringlicher. etuxx wird weiter berichten! (Onair)  
Hallo Onair: Ich bin auch nicht bereit, auf meine Zinsen zu verzichten, Du? Wenn Du schon den Anleger als "Geldsauger" titulierst, wieso greifst Du nicht gleich zu einem bösen antisemitischen Vergleich, sag was mit Rattenpack, böser Spekulant, Bonzen, Pfeffersack ... vergiss das J-Wort nicht. Oder vereinige Dich mit den Nationalsozialisten, die hatten auch was gegen Zinsen, gegen das geldsaugende, spekulierende Pack, das den Volkskörper schädigt... . Ist Zinsen/Rendite haben wollen böse? Ich weiß, gleich sind wir beim Kapital und beim Wertgesetz. Iljonka aus der Schweiz  
Brenda: mich kotzt es langsam echt an, dass einige hier ständig meinen, auch nur bei jedem kleinsten spekulativen Anlass die Antisemitismuskeule schwingen zu müssen. Vielleicht muss nicht jede Diskussion darauf reduziert werden, das wäre dann etwas produktiver.  
Brenda@Iljonka: um irgendwelche Zinsen von dir geht es auch gar nicht. sondern um die aus ganz bestimmten Anlagefonds, die vom Vorstand der Berliner Bankengesellschaft und der CDU/SPD Koalition Anfang der 90er geschaffen wurden. Und warum sollen sich nicht Menschen bereiterklären, auf bestimmt Zinseinkünfte zu verzichten. Also ich würde das tun, wäre ich an solch einem Fond beteiligt.  
lore: wenn man bedenkt, dass juden und jüdinnen ganz zentral an der kapitalismuskritk als theorie und bewegung beteilgt waren, ist das langsam eine absurde wendung der dinge.  
Danke Andrea: für die Fotos  [1]
Danke Andrea: für die Fotos  [2]
FB@brenda, Onair:: Ich bin bekanntermassen kein Antideutscher aber vielleicht doch etwas infiziert durch die Wertkritik, und da muss ich Iljonnka auf einer Ebene recht geben und diese Kritik trifft auf die Art zu wie die Intiative Bankenskandal rezipiert wird. Die Zirkulationssphäre des Kapitals und die Produktionsspähre des Kapitals sind zwei Seiten der selben Medaille, sprich des Kapitalismus. Der Besitzer an Kapital möchte mittels Produktion oder mittels Zirkultion sein Kapital vermehren. Dabei ist das Eine nicht unredlicher als das Andere. Bei beiden bleiben die Nichtbesitzer von Kaptal auf der Strecke.  
fb: Und es glaube niemand, die Politk von Rot-Rot sehe ohne den Bankenskandal so viel besser aus. Aber er schränkt die potentielle Politikfähigkeit ein, dahin muss die Kritik gehen. Das ist ein Unterschied zu: "die Abzocker". Aber das habt ihr ja auch garnicht gemeint. Und bestimmte Kreise möchten das vielleicht auch nur immer wieder "missverstehen". Die Ware benötigt im entwickelten Tausch immer, Geld, Zins und Kredit. Also: Auf, Nieder, Immer wieder! Und stürtzt das ...  
Berlin Nordost: Skandalös ist, und da haben Grottian & Co. Recht und treffen den Nagel auf den Kopf, wenn sie von argentinischen Verhältnissen in Berlin reden. Es geht beim Bankenskandal nicht ums Wertgesetz und um die Zirkulation von Geld und Waren. (Da geht es zwar immer drum, aber den Punkt will ich mal außen vor lassen.) Auch nach so genanten Gesetzen (die aus dem G-buch und die ungeschriebenen) der Marktwirtschaft bzw. des Kapitalismus sind diese Verträge unrechtmäßig zu Stande gekommen, wären demnach quasi ungültig.  
Berlin Nordost: Der Skandal ist, dass dieser so genannte Rechtsstaat den Verursachern nicht beikommt und per Solidaritätsprinzip alle dafür aufkommen sollen. Während der allgemeine Trend zur Privatisierung der Risiken usw. geht und Prinzipen wie Solidarität und Gemeinschaft immer weiter ausgehebelt werden, darf hier noch mal der Steuerzahler aufkommen. Da die Staatsanwaltschaft anscheinend zu blöd ist, diesen Unrechtsnachweis zu führen, sollte der Senat Mittel ergreifen, dieses Unrecht stark zu mildern, die Anteilzeichner zwingen, aus den Verträgen auszusteigen bspw. durch Veröffentlichung der in Berlin unerwünschten Personen an der Stadtgrenze und den zentralen Plätzen der Stadt.  
Berlin Nordost: Ein breites gesellschaftpolitisches Mobbing gegen diese Fond-Nichtaussteigwoller halte ich für ein probates Mittel. Allerdings birgt die Methodik den einen oder anderen Fallstrick. Schnell ruft ein aufgehetzter Mob nach Blutopfern und selbsternannte Berlinkämpfer könnten ruckizucki in den Wahn verfallen, im Auftrag des Volkes zur Lynchjustiz schreiten zu müssen - oder neue Schleyer landeten in neuen Volksgefängnissen ... .  
sOziAlistische Perspektiven: Wie wärs, um Berlin wieder eine Mauer aufzubauen mit Finanz-Kontrolleuren an den Grenzen? Fondszeichner kommen nicht mehr rein, werden stattdessen sofort enteignet und nach - sagen wir - Russland abgeschoben. Mit den gewonnenen Millionen könnte man überall in der Stadt Volksküchen aufbauen.  
dolomiti: Jaja, polemisiert mal schön. Ist ja auch nicht einfach, wenn man als Profiteur und Verfechter eines Systems mit dessen Fratze konfrontiert wird. Grottian hat zu recht darauf hingewiesen, daß sich hier ein Szenario offenbart, daß sonst gerne mal als antikapitalistische Verschwörungstheorie belächelt wird: Eine Verflechtung von Politik und Wirtschaft im Kapitalinteresse. Ich sehe in der Tat auch nicht ein, weshalb man so tun sollte, als hätten die armen unbescholtenen Anleger damit so gar nichts zu tun. Sie sind Teil des Ganzen und gehören zumindest namentlich in die öffentliche Debatte (soweit eine stattfindet).  
sOz iAl: Klar war das ein Polemik. Allerdings nicht die eines "Profiteurs" oder "Verfechters", lieber dolomiti. Sollte eher eine kleine Gedankenanregung über öffentlichkeitswirksame Massnahmen sein. Ich glaube, das Abgeordnetenhaus zu umstellen und Zugänge für Abgeordnete zu blockieren, die sowieso schon längst drin sind, ist da nicht besonders intelligent. Ich muss allerdings zugeben, dass mir gerade auch nichts einfällt.  
dolomiti: Na dann nix für ungut. Dachte bei den Profiteuren auch eher an den eidgenössischen "ich und meine Zinsen"-Beitrag von oben.  
fb: Und wir zahlen`s doch! Das Volksbegehren zur Rücknahme der Risikoabschirmung des Berliner Senat in Höhe von 21 Mrd. Euro wurde vom Berliner Senat nicht zugelassen, obwohl die erste Hürde zur Zulassung mit 37.000 Unterschriften deutlich übersprungen wurde - nötig waren 25.000 Unterschriften. Da, diese Abstimmung grundlegende haushaltspolitische Fragen des Berliner Senats berühre, wäre sie nicht Verfassungskonform. Die Initiative Berliner Bankenskandal prüft, ob sie gegen die Entscheidung eine Verfassungsklage einreicht.  
dolomiti: Das war zu erwarten, nachdem der Senat bereits im Vorfeld auf das sog. Finanztabu in der Landesverfassung hingewiesen hatte, das einem Volksbegehren "zum Landeshaushalt" den Weg versperrt. Presseberichten zufolge soll die Entscheidung der Iniative Bankenskandal für eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht bereits gefallen sein. Bleibt abzuwarten, was das Gericht daraus macht. Die Rücknahme der Risikoabschirmung ist jedenfalls kein Haushaltsgesetz im engeren Sinne. Zweifelsohne tangiert sie aber zumindest mittelbar auch Haushaltsfragen (wenngleich keiner so recht durchschaut, worauf Sarrazin seine abstrusen Rechenwerke aus neuerer Zeit stützt).