 Der Verfasser hat gut Lachen, weil er zur Monatsmitte neue
Kröten bekommt.
 Wenn Frösche sich in schamverletzender Weise zeigen, ist der Frühling nicht mehr weit.
 Wenn Frösche Blaublütigkeit vorgeben, ist Vorsicht geboten.
 Achtung! Vor dem finalen Kuss Geschlecht des Frosches
mit Sicherheit feststellen lassen!
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Liebe Republik!
Fröhlich will das Herze springen, denn nun ist er wieder da, der holde Lenz. Es ist die Zeit, in der Kröten und Frösche sich auf den Weg machen, um den Ort ihrer Geburt aufzusuchen und dort Unmengen von Nachfahren zu produzieren. Leider werden sie dabei häufig plattgewalzt. Erinnern wir uns an den Biologieunterricht der Mittelstufe: Kaulquappen verlassen im Frühsommer das nasse Element, ihr Schwanz beginnt zu schrumpfen und fällt schließlich ganz ab. Von homosexuellen Männern ist das gegenteilige Verhalten bekannt. Sie steigen im Frühsommer in die Gewässer ihrer großstädtischen Wohnorte, die fast nie ihre Geburtsorte sind, und ihr Schwanz schrumpft bei der Berührung mit dem kalten Wasser, fällt aber in der Regel nicht ab. Sie produzieren auch keine Unmengen von Nachfahren. Ein Plattgewalztwerden gar ist nahezu ausgeschlossen.
Bei dem anschließenden Sonnenbad in Gewässernähe, das meistens unter einer Vielzahl von Artgenossen stattfindet, kommt es gelegentlich vor, daß der Schwanz plötzlich wieder wächst. Wissenschaftler deuten dies als ein Zeichen des Wohlbehagens.
Dieses Phänomen ist ansonsten nur noch von wenigen anderen Säugetierarten bekannt.
Die zwei nachgewiesenen Gemeinsamkeiten zwischen gleichgeschlechtlich orientierten Männern und Fröschen sind zum einen das bekannte ohrenbetäubende Quaken zu abendlicher Stunde, bei dem die Lurche ihre Kehle aufblähen und damit ihre Artgenossen anlocken wollen, während die Schwuppen mit geöffnetem Mund Informationen über sie austauschen und sie manchmal eben gerade nicht anlocken wollen. Zum anderen ist von männlichen Erdkröten (Bufo bufo) bekannt, daß sie in einem Zustand höchster geschlechtlicher Erregung - und in dem befinden sie sich während der Monate März und April quasi pausenlos - wahllos alles fest umklammern, was in etwa ihre eigene Größe hat und sich bewegt. Schwule Männer machen das auch.
Obwohl homosexuelle Großstadtmenschen zuweilen davon träumen, Frösche zu küssen, um sie anschließend mit nach hause zu nehmen, ist ein solcher Vorgang noch nie wissenschaftlich dokumentiert worden. Dem Verfasser ist lediglich ein Fall aus Köln-Weidenpesch bekannt, in dem ein Schwuli sich an einem Baggersee die größte und muskulöseste Kröte ausgesucht hatte, um sie inniglich zu küssen und das Ergebnis abzuwarten. Er hatte nicht bedacht, daß bei Lurchen die WEIBCHEN die Stärkeren und Größeren sind und sah sich mit einer aufdringlichen Dame konfrontiert. In der Folge kam es leider wieder zu einem bedauerlichen Fall von Plattgewalztwerden.
Wenn jemand behaupten sollte, Frösche wandern in Massen zu den Badestellen der Schwulen, um dort von ihnen geküßt zu werden und zu verhindern, daß ihre Schwänze schrumpfen, ist das wahrscheinlich eine Lüge. Das sollte Sie jedoch nicht, liebe Republik, davon abhalten, Lurche zu liebkosen, wenn Ihnen danach ist.
Vermutlich legen gleichgeschlechtlich orientierte Männer noch weitere ungewöhnliche Verhaltensweisen an den Tag, sie entziehen sich aber oft dem Auge des Betrachters, weil sie vorwiegend nachtaktiv sind und sich gelegentlich sogar in fast völlig abgedunkelten Räumen aufhalten, ohne dabei die Orientierung zu verlieren. Ihre Fassung verlieren sie allerdings sehr wohl.
So konnte der Verfasser dieser Zeilen erst kürzlich während einer seiner Beobachtungstouren in Amsterdam miterleben, wie zwei Exemplare dieser Spezies in einem der erwähnten lichtarmen Räume aufeinandertrafen und der eine sofort zu schreien begann: "Ich hab' dir doch gesagt, daß Freitag MEIN Tag ist, du sollst dich hier nicht rumtreiben, DEIN Tag ist Samstag! Ich find's echt scheiße, daß du dich nie an unsere Abmachungen hältst!" daraufhin schrumpften die Schwänze bei beiden, fielen aber nicht ab.
Dafür fiel dem Verfasser bei anderer Gelegenheit an gleicher Stelle das Mobiltelefon aus der Tasche. Er bemerkte es allerdings erst, als er mit einem Artgenossen an der Tränke eine Etage höher saß.
Daraufhin bat er den Schankwirt, seine Nummer anzuwählen und es dann eine Weile klingeln zu lassen. So geschah es, und der Verfasser eilte in den abgedunkelten, weitläufigen Versammlungsraum seiner Artgenossen zurück.
Schon auf der Treppe hörte er das "Halleluja" aus dem Messias von Händel und beeilte sich, die Quelle des Geräusches zu finden.
"Hallo?" hörte er eine tiefe Stimme säuseln. Im Schein einer roten Glühbirne sah er eine muskulöse Kröte mit kupferfarbenen Augen, die sich sein Mobiltelefon an das Trommelfell oberhalb der für Kröten so typischen Giftdrüse hielt. Seither hat der Verfasser Besuche in abgedunkelten Räumen ausgesetzt.
Sollten Sie, liebe Republik, Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Worte befallen, so empfiehlt ihnen etuxx einen Besuch schummriger Räume im Bereich Nollendorfplatz während der Osterfeiertage. Es ist nämlich ein noch nicht geklärtes Naturphänomen, daß sich in jedem Jahr tausende und abertausende männliche (und nur männliche) Frösche gegen Ende März bis in den April hinein auf den Weg nach Berlin machen, um hier in dunklen und feuchten Räumen geduldig darauf zu warten, geküßt zu werden, und zwar nicht unbedingt auf den Mund. Manchmal wagen sie sich ans Tageslicht, dann sieht man sie in ihren glänzenden Häuten an zentralen Orten unserer Stadt, und sie quaken auf Teufel komm raus.
Sollten Sie dafür Interesse zeigen und diese Kolumne erst nach Ostern lesen, so macht das auch nichts, denn noch während des ganzen Sommers können Sie ein ähnliches Verhalten im Strandbad Wannsee und im Großen Tiergarten beobachten.
Viel Vergnügen wünscht ihnen dabei Ihr ergebener
Horst Wagenfeld
PS: Das etuxx-Gewissen tritt in Gestalt einer weiblichen Kröte an mich heran und quakt: "Schwuli und Schwuppe schreiben wir aber in der nächsten Kolumne nicht mehr, gell?"
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