Ist Fummeltragen sexistisch?

Nein, meint Dr. Marcus Feinbein in seinen "Lectures on Drag". Eine Antwort auf Marilyn Frye und andere, die darin eine männliche Überlegenheitsgeste sehen - ausführlich zitiert in dieser Diskussion

Wer eine Frage stellt, weiss noch keine Antwort
Drag ist eine ambivalente Annäherung. Faszination und Verhöhnung, Empathie und Abwehr liegen miteinander im Streit. Im Drag übernimmt es ein Individuum, die herrschenden Rollenverhältnisse in Frage zu stellen. Dabei trägt es den Stand seiner Erkenntnis vor. Das mag nicht immer der neuste sein - wichtig ist allein, öffentlich an überkommenen Vorgaben zu rütteln. Das ist ein unbehaglicher Vorgang, solange man dabei keine besseren anbieten kann. Die Reaktionen der Umwelt spiegeln das Unbehagen: sowohl auf der Seite der eigenen wie auf der Seite der anverwandelten Geschlechterrolle gibt es wiederum Faszination und Verhöhnung, Empathie und Abwehr. Die Frage geht an alle: nach welchen Bildern richtest du dich aus?

Drag und diese schrecklichen Tuntenshows
Ausgedient hat dabei die Tunte alten Stils, integriert und anerkannt bis in die Boulevardpresse. Applaus stabilisiert jede Rolle. Kein wunder also, daß die Tunten-Bewegung auf dem Stand der achtziger Jahre stehen geblieben ist. Von der antifaschistischen Marlene Dietrich bis zur widerspenstigen Hildegard Knef - ihre Vorbilder haben mit der Lebenswirklichkeit junger Menschen nichts mehr gemein. Das mag sich wieder ändern. Wichtiger und interessanter sind zur Zeit die Prozesse in den städtischen Partyszenen. Dort trifft man auf Männer in Röcken, auf kraftbetonte Frauen - in denen man eben nicht mehr ungefragt Homosexuelle vermuten darf.

Drag und die Linke
Das Spiel mit äußeren Attributen öffnet den Raum für die grundsätzlichen Frage: Wovon lasse ich mich leiten bei der Übernahme öffentlicher und privater Verantwortung? Von der für mich vorgesehenen Geschlechterrolle? Oder von meinen eigenen Fähigkeiten und Interessen? Es war ein krasser Fehler linker Kritik, die rigiden alten Vorgaben ersetzen zu wollen durch ebenso rigide neue. An dieser Stelle hat die Linke ihren Einfluß auf die Entwicklung eingebüßt. Die Thesen von "Frauen/Lesben-Gruppen" und "Kritischen Männergruppen", mit ihren strengen Forderungen an Reflexion und Verhalten, werden kaum noch diskutiert. Heute ist Pop bestimmend für den Stand der Geschlechterfrage.

Drag zeigt den Stand der Dinge
In dem äußerst populären Film "Der Schuh des Manitou", einer burlesken Komödie, spielt ein heterosexueller Schauspieler die Rolle einer Tunte. Mit allen Vorurteilen, allen Klischees, aber auch liebevoll und detailgenau. Der Film stellt Tunten vor die Frage, vor die sie sonst Frauen stellen. Kann man so über mich lachen? Das hängt vom Betrachter ab. Wichtiger ist: die Rolle der Tunte hat die besten Oneliner, und ist über weite Strecken Motor des Story. Filmsoziologisch darf man also eine gewaltige Aufwertung der Rolle in der Öffentlichkeit konstatieren. Diese derbe filmische Massenware macht ein gewaltiger Sprung weg vom sexistischen Klamauk, wie er noch in "Manche mögen's heiß" steckt, einem ansonsten doch um Äonen besseren Film. Die Dinge sind offensichtlich in Bewegung.

Wer Drag verurteilt, hat Angst - um sich
Wer Drag verurteilt, öffentlich abgestellt sehen will, der will die Auseinandersetzung als ganzes nicht. Das kann der Verteidigung patriarchaler Riten geschuldet sein, kann aber auch sehr individuelle Gründe haben. Hier muß man sich hüten vor einem neuen Absolutismus, in dem nun jeder eine Drag-Erfahrung vorweisen muß, der Teil der Gruppe sein will. Diese Position verkennt wiederum, daß in aufoktroyierten Rollen keine wahren Empfindungen preiszugeben sind.

Das politische Moment im Drag.
Drag rüttelt an unseren Beliefs, an unseren Überzeugungen darüber, wer wir sind, und wer die anderen sind. Ein äußerst bedrohlicher Vorgang für Menschen, die Halt in festen Wahrheiten suchen. Da Angst ist in unserer Gesellschaft nicht als Argument zählt, wird man die Abwehr politisch oder religiös verbrämen. Das ist Teil des Prozesses. Eine Dragperformance, die auf ungeteilte Zustimmung stieße - wäre keine mehr. Sondern der Vortrag des common sense. Einen solchen bei der Verteilung der Geschlechterrollen nicht mehr zu wollen, daran erinnert uns Drag.

           Dr. Marcus Feinbein, "Lectures on Drag"
Unser Linktipp zum Thema:
Sascha B. : Lieber Dr. Feinbein, zum Ende hin psychologisieren Sie doch reichlich krude: "bedrohlicher Vorgang für Menschen, die Halt in festen Wahrheiten suchen. ... Deshalb wird die Abwehr politisch oder religiös verbrämt." Das ist eine recht verzweifelte Überheblichkeit nach dem Motto: Du kannst ja sagen, was du willst, du sprichst ja nur so, weil du Angst hast, Alkoholiker bist, eine dominante Mutter hattest etc. Das kommt mir vor, wie wenn ich mich mit einem Zeugen Jehovas über Gott unterhielte. - Öffnen Sie sich! Lassen Sie Äusserungen zu, als ob sie Sie tatsächlich irritieren könnten... :-)    
Lieber Sascha B. : Sie scheinen ein sehr gespanntes Verhältnis zu ihrem Alkoholismus wie zu ihrer dominaten Mutter zu haben. Das ist nicht notwendig. Beides macht sie als Mensch aus, gibt ihrer Angst vor dem Fummel eine ganz eigene Note. Stehen Sie dazu, etwas Besonderes zu sein. Auch das ist Drag. - ihr Dr. Marcus Feinbein ;-)  
Sascha B. : Danke, Dr. Feinbein. Das ist durchaus die Antwort, die ich von einem Psychologen erwartet hätte. Ich möchte aber eine Kritik an dem Drag-Wesen anbringen dürfen, ohne von Ihnen zu hören, dass sie nur meinen psychosozialen Defiziten geschuldet wäre. Halten Sie das (trotz meiner "overcaring mother") für möglich?  
Nachgehakt : Deine Kritik wird nur leider nicht deutlich, Sascha B.  
N. : Dass Angst als Argument wenig zähle, mag sein. Taugt sie aber hervorragend als Motor für allerlei Versteckspielchen. Es gibt ihn aber noch, den Widersacher der Angst, der den Drag kritisch hinterfragen lässt – der Ästhet könne ihn hässlich finden wie der Antideutsche den linksschwulen Mob. Der Ruf wird den Ästhet ereilen, dass er nur hässlich finde, was hässlich ist in seinem Hirn. (Preisfrage: Habe ich mich der Position von Sascha B. hiermit genähert?)  
Miranda Molotowa : Lieber Herr B., wieso bedeutet die Einbeziehung psychischer Prägungen und Befindlichkeiten für Sie sofort, dass NUR diese daran SCHULD seien? Warum wollen sie umgekehrt nicht psychische Aspekte in ihre politische Argumentation einfließen lassen? Warum reduziert es, wenn man psychische Erwägungen HINZU nimmt? Verstehe ich Sie richtig, dass sie Angst, Gefühle, Prägungen für unpolitisch halten? Wollen Sie nur Allgemeines und Strukturelles Eingang in ihr politisches Engagement finden lassen?  
Woher kommt eigentlich das Wort Drag? : fragt stjopa  
User00234 : bring deine "Kritik am Drag-Wesen" doch erstmal an, bevor du dich über eventuelle reaktionen erregst - würde mich durchaus interessieren  
User00234 : das ging an sascha b  
Sascha B. : Ich habe mich deshalb noch nicht kritisch (über Drag), sondern metakritisch (über des Autors vorweggenommene Einschätzung möglicher Reaktionen) geäussert, weil die Bedingungen des Diskurses hier für mich nicht stimmen. Selbstverständlich, Miranda, kann eine psychologische Argumentation eine politische ergänzen, nur las ich aus dem letzten Absatz des Textes ein Primat des Psychologischen heraus resp. das Postulat von dessen Unhintergehbarkeit, die ich nicht akzeptiere.  
Das Wort Drag kommt eigentlich von : to drag on - sich anziehen (antwortete  Link Everything Online)
0-8-15@Sascha B. : geh doch zurück ins philosophieseminar!  
0-8-15@Sascha B. : Gehen Sie dabei nicht über Los und ziehen sie nicht 4000 DM ein.  
gehdochnübä : geht das rumgepisse schon wieder los.  
User00234 : an Sascha B. - Kannst Du dem "Postulat von der Unhintergehbarkeit des Psychologischen" denn auch anhand des Themas etwas entgegensetzen?  
Dicke Titten - das ist der Grund : Die dicken Titten haben durchaus einen wenn man so will "sexistischen" Hintergrund, genauso wie dieses ganze Gewese um die ach so lustigen Frauenrollen. Die Botschaft "Ich mach mich lustig über Frauen(rollen)" soll etwas zurücknehmen von der Botschaft "Ich mach mich zur Frau". Wer darin eine männliche Überlegenheitsgeste sieht, ist allerdings nicht nur blöd, sondern auch blind. Als Drag-King malt man(n) sich aus dem gleichen Grund Bartschatten an und stopft sich was in die Hose. (-popeye)  
Spackenparade der Gutmänner : Seid ihr, liebe Gigi und Freunde, tatsächlich so blöde anzunehmen, eine Frau verspüre kein Unbehagen, wenn sie sich zum Mann macht? Warum kritisert ihr keine Drag-Kings als Sexisten? Weil den armen Weiblein dieser symbolische Schritt zur wahren Macht gestattet werden muß? Spacken... (-popeye)  
siona : Warum kommt mir das alles hier nur zu hinstilisiert vor? "... den armen Weibchen ... zur wahren Macht?" Haben Frauen in dieser Gesellschaft wirklich so weinig Macht? Warum findet man in den hohen Funktionen wirklich fast nur noch Männer, die sich dort "prostituieren"? Warum wird gerade Popeye beleidigend - Zitat: Spacke - ? Warum hat das eigentlich alles gar nichts mit dem Aufhänger zu tun? Fragen über Fragen, stellt sich hier eine kleine TF, (keine Drag) im täglichen Strassenkampf?  Wann ist ein Mann ...
Sascha B. : Popeye, verklemm Dir wenigstens mal die Verbalinjurien, wenn Du Dir schon sonst nichts verklemmen magst! Wie Du auf "Gigi und Freunde" kommst, weiss ich nicht; aber egal. Mir geht es weniger um eine Kritik des Cross-Dressing an sich als um die Zurückweisung des Konformitätsdrucks, der von dessen Anhängern ausgeht: Tuntenshows habe man gefälligst gut zu finden, und zu gewissen Anlässen müsse man sich "anfummeln". Das hat mit mir nichts zu tun; ich muss keine Äquidistanz zu beiden Geschlechtern demonstrieren...  
Sascha B. : ... ich muss keine Klischees verfestigen helfen, die ohnehin schon präsent genug sind; ich gehöre keinem "Dritten Geschlecht" an, sondern bin als Schwuler eindeutig ein Mann, der auf Männer steht. - Genausowenig liegt es mir, die peinliche Supervirilität schwuler Muskelmacker, (Pseudo-)Skins etc. zu adaptieren, die offenbar aus einem Empfinden defizitärer Männlichkeit sich speist. (Oh, habe ich jetzt etwa psychologisiert? ;-)  
Miranda Molotowa : Ich glaube, dieser Konformitätsdruck wird zum größten Teil von den Leuten herbeigeredet, die sich ihm dann heroisch nicht beugen wollen. Das Ganze klingt mir zu sehr nach billiger Anti-PC-Strategie. Real wird der Konformitätsdruck doch an ganz anderer Stelle und in andere Richtung, nämlich die der Geschlechterrrollen-Konformität ausgeübt.  
Sascha B. : Miranda, das Gerede von PC und Anti-PC überlasse ich gerne Dir und dem Bösen Bert. Das ist doch kein Kriterium, sondern ein Pawlow'sches Gebell von hüben wie von drüben. Und was soll mir denn "real" sagen? Ich habe eindeutig einen Konformitätsdruck in der (linken?) "schwulen Szene" beschrieben, den ich so empfinde, der mir nahe geht. Natürlich bestreite ich nicht die Macht der überkommenen Geschlechterrollen; das wäre ja albern. Aber worüber reden wir denn? Drag ist etwas, das nicht Mami und Papi "tun", sondern Schwule und Lesben.  
Miranda Molotowa : Achtung, es wird kompliziert: Es ist die Frage, ob du, Sascha, indem du so pauschal davon redest, wer Drag "tut", nicht dir selber diesen Druck schaffst, als Schwuler Darg tun zu müssen.  
Lore : Habt ihr schon die Kontaktanzeige "Mein Traum" vom 18.4. gesehen? Ist das jetzt subversiv oder sexistisch oder was weiß ich noch?  
Sascha B. : @ Miranda: Nein, der Anpassungsdruck ist so abstrakt nicht. Er war und ist mit realen :-) Ereignissen (und konkreten Aufforderungen) verbunden: Tuntenhaus- und -hoffeste, CSD, Rattenbar... @ Lore: Subversiv ist die Anzeige eher nicht; in Kontaktforen im Netz wimmelt es von Ähnlichem. Und sexistisch? Das musst Du doch wissen; ich dachte, Du bist da die Expertin... ;-) Davon abgesehen, habe ich ein Problem mit solchen "Triebanzeigen" hier auf etuxx; solange sie aber vereinzelt bleiben und niemanden abschrecken, anderes zu posten: na gut.  
Kolja (ja, genau der) : genauso gut könnte man diese von sascha beschriebene psycho-keule zurückschwingen: wem drag immer wieder die einzige idee für politische oder queere aktionen ist, der sucht nur nach einem anlaß, weil er sich sonst und allein nicht traut.  
Kolja : jedoch ist drag keineswegs nur was, was schwule und lesben tun. s soll och heten geben, die sowas tun.  
Marcie : Kann ich bestätigen. Ich hatte in der Oberstufe einen Mitschüler, der gern in Frauenkleidern auf Partys rumlief. Zuesrt hielten ihn alle für schwul. Er hing ständig in Frauencliquen rum - aber er hatte kein Auge für Männer. Weil er sich ausschliesslich für Frauen interessierte. Später wurde er Trödelmarkt-Hippie, und als dann Goa kam, brauchte er garnicht mehr aus den Rock.  
innova : Sind diese Drag-Dekonstruktionsversuche nicht Schrei nach Ganzheitlichkeit? Weshalb darf man sich für spezielle Anlässe nicht so oder so anziehen (to drag on), um auf der Bretterbühne, dem Partypublikum so oder so zu wirken, provozieren oder oder? Der Anpassungsdruck, speziell der der äußeren Hülle ist doch in jeder (Sub)-Kultur vorhanden. Die Symbole und Kodes gelten überall, nur eben immer andere: keine Besetzerparty mit "Anzugtypen", keine Gay-Skins-Treffen mit lackierten Nägeln, kein Tuntenball mit Boots oder oder. Das schlimmste sind immer die Regeln, die aufgestellt werden für die Schubladen. Aber Stöckel bedienen keinen Fetisch auf den Snaekerpartys - und irgendwo ist Schluss!  
innova : Wer Drags nur politisch rechtfertigen will, sitzt auf dem falschen Dampfer, da gehört ne Menge Lust dazu. Sascha B.s Druck beim CSD verstehe ich nicht, wo die Punktunte den Anzugköter hinter sich zieht. Brustwarzenpiercingsgucklöcher im kleinen Schwarzen gelassen werden. Tittenwunder neben Borg-Skins? In dieser Megabeliebigkeit gibt es einen Druck zum drag??? Tuntenhaus und Rattenbar kenne ich nicht, aber wenn das "Tunten"-haus einlädt, kann ich mir eine Kleidchenordnung vorstellen. Und warum nicht?  
. : .  
Liesbeth : Daß das Fummeltragen konformistisch sein soll,ist mir wahrlich nicht begreiflich, vor allem, wenn man die Beispiele von Tuntenshows hört, die Du, werter Sascha, aufzählst: Rattenbar und Tuntenhaus- und Hoffest. Bei beiden Veranstaltungen sind doch immer mehr als 90% nicht im Fummel. Ich als Fummelträgerin habe selbst dort tuntenfeindliche Kommentare zu Ohren bekommen. Man stelle sich vor: auf dem Tuntenhaushoffest!!! Soviel dazu, daß Du armes Hascherl einer konformen, Dir Fummel verordnenden, linken schwulen Szene gegenüberstehst.  
Liesbeth : ....Daß Du im übrigen "eindeutig ein Mann" bist, ist eine hübsche Feststellung, wo bisher noch keine daran gezweifelt hat, wobei die "eindeutige" Kategorie "Mann" durchaus in Frage zu stellen ist, wofür Fummel eine der adäquaten Möglichkeiten ist!  
Stjopa (Faker!) : Die Schwuppe poppt verschlafen im Darkroom, wenn die Nacht dunkel ist?!  
stjopa : Hey welcher Narziss kann hier nich an sich halten und muss Blödsinn ablassen fuck diesen komischen bert und alle anderen nicknameklauer. im übrigen is nen mann im kleid noch keine tunte und möchtegerntransgenderpersönlichkeit noch kein angriff auf die guten sitten.  
Sascha B. : Ich versuche, mich ein bisschen zu erkären. :-) Es geht natürlich nicht darum, dass ich mich genötigt fühle, mich anzufummeln, wenn ich an einen der genannten Orte nur als Zuschauer, Gast etc. hingehe. Aber es gab etliche politische u.ä. Aktionen, an denen ich nicht teilgenommen habe, weil ich mich nicht verkleiden wollte. - @ Lisbeth: Hm, schwul zu sein bedeutet für mich aber in der Tat, als Mann auf Männer zu stehen und nicht, die Kategorie "Mann" in Frage zu stellen. Das überlasse ich gerne denjenigen Heteros, die meinen, ein richtiger Mann sei nur, wer Frauen penetriert.  
lotte lenya : also sascha mir ist auch nach dem lesen sämtlicher obiger beiträge nicht ganz klar worauf deine kritik abzielt. manchmal siehst du dich einem gewissen fummelkonformitätsdruck ausgesetzt,fühlst dich dann aber eigentlich doch nicht genötigt dich zu bestimmten anlässen anzufummeln. woraus speist sich denn dein widerwillen dich selbst mal anzufummeln? geht es hier nicht vielmehr um befindlichkeiten als um eine politisch kritik?  
lotte lenya : ich denke du kannst dich glücklich schätzen dir deiner männlichen identität so sicher zu sein. ich habe nie ernsthaft den wunsch verspürt eine frau sein zu wollen, aber genausowenig würde ich mich als 100%ig männlich in einem gesellschaftskonformen sinne bezeichnen. drag ist (fast) immer irritation und provokation und kann verdammt viel spass machen!  
Sascha B. : Lotte, das stimmt natürlich: Es ging um "Befindlichkeiten" - die ich allerdings ganz und gar nicht in einen Gegensatz zu "Politik" stellen würde. Wenn ich tatsächlich der einzige Mensch auf der Welt wäre, der jemals diesen Druck sich anzufummeln gespürt hätte (um sich als "korrekter, bewusster, selbst- und geschlechterrollenkritischer Schwuler" zu beweisen) - dann würde ich gerne zugeben, dass ich ein exklusives "Problem" habe, das meiner Verschrobenheit geschuldet sein mag. Ich denke aber eben, dass dieser (soziale) Druck nicht nur mich betrifft (oder betroffen hat).  
Solierklärung : für Sascha - der (soziale) Druck betrifft in der Tat nicht nur dich.  
Stjopa : Wenn ich alle Dinge unterlassen hätte, zu denen mich sozialer Druck nötigte, würd ich mir heute nich nur manchmal in die Hosen pissen, sondern immer. Von anderen Angewohnheiten ganz zu schweigen. Sascha, inzwischen is Deine Fummelphobie doch schon ne Marotte, ohne die Du nich mehr Sascha wärst, der einsame Ritter gegen den Fummelzwang. Aber Schatz, ne Motoradjacke ohne Motorad is auch nen Fummel, genauso wie nen BH ohne Büsten, oder?  
Gelobt sei : der soziale druck, denn er macht hart. und geschadet hat das fürwahr noch keiner. also: ab morgen motorradjacken ohne motorrad pflicht für alle. und immer.  
schlaubär : dazumal, in der ddr, war es üblich, selbstverpflichtungen zu übernehmen. die kollektive setzten sich zusammen und jede/r verpflichtete sich zu tun, was er laut arbeitsvertrag ohnehin zu tun hatte - nun aber "freiwillig".  
Sascha B. : @ Stjopa: Klar ist `ne Motorradjacke ohne Motorrad ein Fummel! Wenn sich diese Einsicht doch nur durchsetzen würde! Dann müsste ich nie mehr `was gegen den Fummelzwang sagen... :-) Kleines Erlebnis vom "Karneval der Kulturen" am Rande: In Anspielung auf eben meine Motorradjacke wurde ich von einem Hetero-Bikerpärchen gefragt: "Sach mal, haste `ne Harley?". Ich antwortete: "Nö, nur `ne Jacke!". Woraufhin die Frau meinte: "Immerhin ein erster Schritt!". Nun, der erste Schritt kann zugleich der letzte sein...