Wir griffen den Leipziger Oberbürgermeister an!
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Früher war alles besser. Da gab es in ganz Deutschland keine Stadtverwaltung, die sich den Nazis entgegengestellt hätte. Jetzt gibt es eine, ausgerechnet bei uns in Leipzig und das hat uns genervt. Marschierende Nazihorden in unserer kleinen Stadt sind nämlich eigentlich garnicht so schlecht. Sie zeigen allen, wie schwer wir's hier haben, und wir fühlen uns hier so richtig wie in einem kleinen gallischen Dorf, wenn Bullen und Nazis die Stadt besetzen. So richtig widerständlerisch. Der Bürgermeister drohte das zu verhindern. Wir fanden uns plötzlich in einem Boot mit unseren Lehrern, unseren Onkels, und der verhassten Stadtverwaltung, die die Zuschüsse zu unserem Jugendhaus kürzen wollte. Das alles war unerträglich.
Deshalb haben wir das Transparent 'Deutschland zerstören' auf der Bühne aufgespannt. Im Grunde sind nämlich alle Deutschen Nazis. Außer uns natürlich. Das ist genetisch so vorbestimmt. Warum wir auserwählt wurden, die Reinheit des deutschen Antifaschismus zu repräsentieren, das wissen wir noch nicht. Wir wissen aber, der Bürgermeister ist ein Liberaler und wird uns schon nicht hauen. Deshalb haben wir noch ein bißchen Randale drumrum gemacht. Hinterher haben wir uns zur Theoriedebatte getroffen. Denn zuvielen Leuten geht Deutschland am Arsch vorbei. Da wollen wir aktiv gegenhalten. Deswegen fassen wir aber noch lange keine schmutzigen Naziprolls an. Da holt man sich doch sicher was weg. Stimmt es eigentlich, was man sich über sie erzählt? Schlagen sie tatsächlich Menschen? Man hört ja die wildesten Gerüchte.
Genossen aus der Heldenstadt Leipzig
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