Israel, Palästina, Deutschland

von Mutti


Kaum ist die neue etuxx-Ausgabe am Start, gibt’s Zoff: Mausebär rechnet mit den "linksdeutschen Schwulen" ab;. (Er hält sie alle für offene oder latente Antisemiten und schlägt vor, die "restlinken Schwulis" sollten lieber Schwänze lutschen statt sich in ernsthafte Männer-Diskussionen einzumischen.) Währenddessen musste mein Posting eines palästinensischen Hilferufs auf "etuxx-Aktuelles" von der Redaktion präventiv entfernt werden, weil die Reaktionen der Leser aus dem Ruder zu laufen drohten. (siehe etuxx-Mitreden) Warum kracht es regelmässig bei diesem Thema?

Was geht z.B. in den Köpfen von Linksradikalen ab, die ein paar Berliner Strassenzüge zur antizionistischen Zone erklären, nachdem sich in einer Besetzerkneipe israelische Punks beim Plakatieren eines Pro-Israel-Plakates mit autonomen Freunden des palästinensischen Volkes geprügelt haben? Nicht zu vergessen die nicht-enden-wollende Diskussion in den etuxx-Foos zu WTC/Afghanistan/Antizionismus/deutschem Antisemitismus, auf die sich Mausebärs Anpisse in erster Linie bezieht. Ich weiss, es ist Krieg da unten (im Radio laufen gerade die aktuellen Meldungen) und quer durch alle unsere Freundschaften läuft dieser kaum zu harmonisierende Konflikt: "Wie hältst du es mit Israel?"

Ich will aber trotzdem versuchen hier eine Diskussion anzuschieben. Mir geht’s dabei weniger um stammtischmässige Besserwisserstandpunkte (die USA machen das, Joschka Fischer sagt dieses und Saddam Hussein jenes), die wir alle mal so runterschreiben können. Eher um, na ja, Subjektives, z.B. "Was hat mich zum bekennenden Antideutschen gemacht?" bzw. "Warum bin ich nach wie vor für die Sache der Palästinenser unterwegs?".

Das ist alles keine wirklich prickelnd neue Debatte*, und wem das am Ende nutzt - ausser unseren eigenen Befindlichkeiten - weiss ich auch nicht so genau. Selbst bei diesem, meinem Versuch, einen halbwegs "neutralen" Einleitungstext zu verfassen, sehe ich schon einige mit wunden Fingern ihre Niedermach-Beiträge schreiben. Berechtigte Kritiken sind mit Sicherheit dabei. Meine Hoffnung ist: etuxx ist nicht indymedia. Hier werden keine brasilianischen Studenten ihre Freimaurer-Paranoia zu Besten geben und völkische Beobachter ihren Dreck posten.

* Schon 1981 konnte man sich mit den Genossen der Deutschen Kommunistischen Partei über das Existenzrecht des Staates Israels ernsthaft in die Haare kriegen. Gleichzeitig gab’s neben Henrik M. Broders Abschied von der deutschen Linken ("Wir sind nicht die, vor denen unsere Eltern uns gewarnt haben" [Die ZEIT]) eine bemerkenswert weitsichtige Sonderausgabe des Frankfurter "Pflasterstrand" ("Palästina und die deutsche Linke"; Herausgeber: Daniel Cohn-Bendit, Ghostwriter Joschka Fischer). 5 Jahre später waren dann doch wieder alle solidarisch mit der ersten Intifada. Und der ein oder andere spätere Ober-Antideutsche hat sich 1990 geweigert, beim türkischen Gemüseladen Orangen aus Jaffa zu kaufen; wegen Zionismus-Imperialismus und so weiter.



Dieser Foo wird von Mutti (mutti@etuxx.com) moderiert. Die Redaktion wiederholt aus dem etuxx-Kleingedruckten: "Wir möchten, dass hier ein offenes Diskussionsklima herrscht, in dem sich die TeilnehmerInnen gegenseitig achten. Und wir wollen, dass zum Thema diskutiert wird. Deshalb behält sich die Redaktion vor, Beiträge auch zu löschen."

Blumenkohl 34: Auch wenn ich jetzt mit den Drohgebärden hier drüber vielleicht die falsche Frage stelle, ich wage es trotzdem, man belehre mich im Zweifelsfall, dass ich schon die Frage nicht stellen dürfte, weil ... . : Weshalb wird quasi jede Kritik an Israel als sofortigen Grundstein für neuen Antisemitismus in Deutschland gesehen? Mit diesem Opfer–Täter-Schema drehen wir uns immer Kreis. Warum darf man Israel, wie jeden anderen Staat auch, nicht von links kritisieren? Muss man leise schimpfen, damit es der zündelnde Mob nicht hört?  
spin: das an sich berechtigte anliegen, die falsche - nämlich antizionistische - politik der früheren linken zu kritisieren mischt sich leider schnell mit dem bedürfnis, sich als oberreflektierte supermaus zu inszenieren.  
spin: die speerspitze der pro-israelischen antideutschen, die bahamas, stammt schließlich vom in den 80ern noch sehr weitgehend anti-zionistischen "kommunistischen bund" ab. mich würde nicht windern, wenn wesentliche gründe für die entschiedenheit antideutscher pro-israel-positionen aus verkrachten polit-freundschaften resultiert, aus profilneurosen, und altlinkem szene-mackertum. anders kann ich mir das beständige um sich schlagen, die einseitigkeit und polemik, die der sache schadet, nicht erklären.  
t.sachichnich: @blumenkohl: du fragst, warum mensch denn israel nicht zumindest leise kritisieren darf. das ist ganz einfach: weil sich dieses leise kritisieren in deutschland so ganz schnell zu einem antizionistischem resp. antisemitischen geraune und gemurmel ausweitet. der deutsche antiimperialismus nach 45 hatte da schon immer eine ganz eigene note (entebbe, kibbuz-boykott etc).  
t.sachichnich: für mich als linksradikalen heißt das, daß ich bis zu einer weltweiten umwälzung der herrschenden verhältnisse BEDINGUNGSLOS für die existenz eines staates israel und die körperliche unversehrtheit seiner bewohnerInnen eintreten werde, auch auf die gefahr hin, die dümmlich-deutsche restlinke endgültig auf den misthaufen der geschichte zu schicken.  
t.sachichnich: @spin: ohne jetzt die oberreflektierte supermaus raushängen lassen zu wollen: deine formulierung von der bahamas als speerspitze der antideutschen birgt schon so einiges an strukturellem antisemitismus in sich. und das sich deine kritik an antideutschen darin erschöpft, durch den hinweis auf geistige oder persönliche defizite schlüsse auf die politische verfasstheit zu ziehen, hat hierzulande auch schon eine lange tradition.  
t.sachichnich: und an alle: ist doch nicht so schlimm, wir sind doch alle deutsche, äh, schwule, gelle?  
ichkenndich@sachichnich: Wann kapierst Du denn endlich, daß es es nichts bringt, durch Hinweise auf die politische Verfasstheit Schlüsse auf geistige oder persönliche Defizite zu ziehen? Wiso würzt Du eine stichhaltige Argumentaion immer solange mit Invektiven, bis sie ungeniessbar wird? Was politische Arbeit angeht, erscheinst Du mir eher unterreflektiert.  
Bodo: Eine vernünftige Diskussion über den Israel/Palästina-Konflikt zu führen tut Not. Ausnahmsweise plädiere ich für den Mittelweg. Jenseits tagepolitischer Ereignisse und einem nur in reflexhaften Grabenkämpfen der allzu (anti-[und deswegen doch wieder allzu:])deutschen Linken sollte über den Konflikt dikutiert werden.  
Bodo: Die deutsche Linke ist absurd. Kann man nicht die Masslosigkeit der Sharonschen Politik der militärischen Intervention kritisieren, ohne zugleich sich dem Verdacht auszusetzen die Hamas zu unterstützen. Kann man nicht Arafat gezielte Unfahigkeit kritisieren den fundamenatalistischen Terroristen das Handwerk zu legen, ohne als Antideutscher tituliert zu werden.  
Bodo: Man sollte sich gegen allzu reflexhafte Reaktionen wenden. Warum nur meinen viele Linke immer gleich auf alles eine Antwort zu haben und in Gut und Böse zu unterscheiden. Ein Denken in Widersprüchen und das Ertragen-können auf ein Problem keine Antwort zu haben wäre doch erstrebenswerter. Statt eines Aufreibens über eine Pro- Anti- und dann doch wieder nur allzu deutsche Debatte, wäre vielleicht der Versuch eines "objektiven" Beschreibens sinnvoller.  
spin: bodo, so seh ich's auch. es sollte um glaubwürdige positionen gehen, ein wenig populärer begriff in weiten teilen der linken. dazu gehört, sich die fehler beider seiten anschauen zu können, und - wenigstens hier mal - zuzugeben, dass entschiedenes "taking sides" keinen sinn macht. auch in der abstrakten debatte einen tragischen konflikt weiter zu schüren ist schon ein bisschen eklig. das geht an beide entschiedenen seiten: die antipalästinensische ebenso wie die antiisraelische. @sachichnich: ich verstehe deinen antisemitismus-vorwurf verstehe ich nicht.  
spin: es ist zwar praktisch folgenlos, aber eine diskussion in der deutschen linken liegt mir schon am herzen. für's erste schlage ich folgende sichtweise als konsens vor: frieden geht nur, wenn eine situation entsteht, in der die wechselseitige Bedrohung aufhört: ein ende mit besatzungs-/belagerungszustand und (selbstmord)attentaten & märtyrerhype; ein kompromiss, mit dem beide seiten leben können: kein weitgehendes rückkehrrecht für palästinenserInnen in isarelisches kerngebiet, aber entschädigungen und aufbauhilfe für ein palästinensisches gemeinwesen;  
spin: weitgehende rücknahme von siedlungen in der westbank. ein sensibler umgang mit der geschichte wechselseitiger traumatisierung, keine provokationen, anerkennung des existenzrechtes des staates israel, für palästinenserInnen eine situation, die ihre materielle und politische existenz sichert. und, wie uri avneri aus der israelischen friedensbewegung sagt: beide seiten müssen lernen, die geschichte der jeweils anderen zu verstehen. das mag menschelnd klingen, aber ich sehe keinen anderen plausiblen weg.  
spin: @ichkennedich & sachichnich: ich finde die sachichnich-position übrigens nicht stichhaltig. für mich gilt: israel ist aus versxchiedenen gründen prinzipiell kritisierbar: als bürgerlicher staat ohnehin, unter vielen aspekten, die mit ungleicher verteilung von ressourcen, sexismus, antiarabischem rassismus zu tun haben, den es dort sehr wohl gibt.  
spin: dazu kommt, dass scharon offensichtlich von aussöhnung weniger hält als von provokation und militärmacht. das zu leugnen, wie es jetzt in teilen der deutschen linken en vogue ist, mag wohlgemeint sein, ist aber einfach nicht realistisch.ich sehe darin bemühten philosemitismus, eine spielart des positiven rassismus, der darüberhinaus noch den nachteil hat, das man einen teufel als gegenseite braucht: das völkische kollektiv palästina. das muss allerdings durch ernsthaften rassismus konstruiert werden.  
spin: die kritik an israel bedeutet nicht IM MINDESTEN, die bedeutung der shoa als entstehungsbedingung von israel zu leugnen und rückhaltlos die existenz des einzigen staates zu vertreten, in dem juden/jüdinnen sich einen eigenständigen politischen und militärischen schutz gegen antisemitismus organisieren können. sorry für den langen monolog!  
nob@sachichnich: ich sehe keinen Widerspruch darin -selbst bedingungslos, auch wenn mir dieses Wort seit dem Herbst nicht mehr ganz so gerne über die Lippen will - für das Existenzrecht des Staates Israel einzutreten und gleichzeitig dessen Kriegführen gegen die Palästinenser zu kritisieren. Deine Angst, daß sich eine Kritik an Israelischer Politik in antisemitisches Gemurmel ausweiten könnte, ist für mich zwar völlig nachvollziebar, hat für mich lediglich zur Konsequenz, daß ich ganz fürchterlich aufpassen muß, wann, wo und wie ich Kritik übe.  
spin: ach ja, der emo-background sollte nicht zu kurz kommen. ein freund sagte mal: "ich hab ne arroganz-allergie." sowas ähnliches treibt mich bei praktisch jeder antipalästinensischen (antideutschen) äußerung um - je entschiedener sie als wohlmeinende solidarität mit israel daher kommt, als desto arroganter empfinde ich sie meist.  
spin: wo bleibt die traumatisierende situation der israelis, mit fast permanenter angst vor anschlägen leben zu müssen? wo die situation vieler menschen in der west bank, die mit ausgangssperren, in armut oder in flüchtlingscamps leben müssen? wo bleibt die suche nach einem weg raus aus der gewalt? unter den tisch damit, für die reinheit der analyse, für ein perfekt abgeleitetes weltbild.  
Mal eine andere Position:: Vor Sharon haben andere israelische Politiker andere Wege versucht. Nach ihm werden neue Politiker wieder nach neuen Wegen suchen. Bei der PLO versucht sich seit Jahrzehnten nur Arrafat. Und Hamas et al. dulden eh keine Einflußnahme, geschweige denn eine demokratische. Schade um die Toten, aber Platz für Lösungen gibt es erst wieder, wenn die alten Säcke sich gegenseitig fertig gemacht haben.  
Mal eine andere Position:: Für den schnodderigen Ton der Verzweiflung gibt es leider kein Emoticon. Sonst stünde es hier.  
orca: Stelle ich mich als Jude vor, die Shoa und die späteren Vertreibungskriege im Nacken, finde ich die Position der Vorwärts-Selbstverteidigung Israels berechtigt; als Pali im Flüchtlingslager oder in einer autonomen Stadt, alleweil einen israelischen Panzer vor der Nase oder auf den Zehen meiner Kumpel, ginge es mir mit den Selbstmordattentätern genau so... Deshalb finde ich es logisch, wenn die Stellvertreter im räumlichen und kulturellen Abstand dieselbe Unversöhnlichkeit zeigen. Ich finde es allerdings umso dämlicher.  
mutti: nein, orca, nein! vielleicht hast du damit recht, dass unsere "stellvertreter-unversöhnlickeiten" dämlich sind. ganz entschieden dämlich ist aber dein versuch, militärische repression - (die zwischen kombattanten und zivilisten zu unterscheiden versuchen mag, - es aber aus ihrer eigenen logik heraus nicht kann)und menschen, die sich mit kiloweise sprengstoff um den bauch ins paradies sprengen wollen, indem sie sich damit in ein restaurant/linienbus/fußgängerzone begeben, auf die gleiche stufe zu stellen.  
nob: Na sowas mutti, sind sich die beiden Dinge nicht doch sehr ähnlich darin, daß sie für ein irgendwie geartetes Ziel den Tod von Zivilisten billigend in Kauf nehmen. Denn auch der Selbstmordattentäter (oder sind da auch Frauen drunter?) wird wohl kaum den Tod seiner Opfer an sich als Ziel benennen, sondern die Freiheit Palästinas, oder so ähnlich. Also morden für ein abstraktes Ziel. Beim Israelischen Staat heißt das Ziel eben anders.und ähneln sich nicht auch beide darin, daß sich mit dem gewählten Mittel das Ziel nicht erreichen läßt?.  
nob: Ein Unterschied, der mir einfällt,ist, daß das Israelische Militär eine sich demokratisch legitimierende Staatsmacht vertritt und die Attentäter eine je nach Blickwinkel Befreiungs- oder Terrororganisation. Aber wie genügend Beispiele zeigen sind auch diese beiden nicht so grundverschieden, daß nicht aus dem einen ziemlich schnell das andere werden kann  
mutti: heiliger strohsack, nob! was soll denn ein selbstmordattentäter anderes beabsichtigen, als sich und den umstehenden die gedärme in die luft zu jagen. was "billigend in kauf nehmen" im allgemeinen sprachgebrauch bedeutet, dürfte eigentlich auch dir geläufig sein. fändest du "demokratisch legitimierte" selbstmordattentäterInnen mit einer weniger abstrakten zielsetzung als 'befreiung' irgendwie legitimer? schön außerdem, dass du genügend beispiele benennen kannst (und uns leider vorenthälst)wie -ruckzuck- aus dem einem das andere werden kann. sind wir nicht alle irgendwie potentielle selbstmordattentäterinnen.  
gigi: woher kommt nur diese verhängnisvolle neigung, sich in einem krieg zu positionieren? erstens ist israel in keiner weise in seiner existenz gefährdet (weswegen ein derzeitiger aufruf, "solidarität mit israel" zu zeigen, nur als rechtfertigung des israelischen feldzugs in den besetzten gebieten verstanden werden kann). zweitens bringt der staatsgründungskrieg der palästinenser nicht einen funken "emanzipation" mit sich. im gegenteil.  
gigi: und die linke hierzulande hat nicht nur keinerlei einfluss auf diesen krieg (wofür man ruhig einmal dankbar sein kann). sie nutzt ihn perfiderweise auch noch zur bewältigung endemischer identitätsprobleme. vielleicht sollten die linken gruppen, statt veranstaltungen & demos zum krieg zwischen israel und den palästinensern zu organisieren, sich mal gedanken machen, was es heißt, ein linker im land der mörder zu sein. das wäre auf jeden fall sinnvoller als die projektion dieser fragestellung auf den nahen osten.  
gigi: übrigens, bodo, ist es quatsch, arafat die unfähigkeit vorzuwerfen, den fundamentalistischen terroristen das handwerk zu legen. das setzte ja voraus, dass er das überhaupt wollte. die autonomiebehörde finanziert in wirklickkeit aber jedem selbstmordattentäter ein staatsbegräbnis. zwischen HAMAS und PLO gibt es keine feindschaft, sondern eine arbeitsteilung nach dem motto: god cop, bad cop.  
bodo@gigi: das ist doch wortgeklaube. und so einfach kannst du es dir auch nicht machen: god cop, bad cop. die widersprüche durchziehen alle lager und werden bis zum tod ausgefochten. die israelischen mörder an rabin sollte man nochmal erwähnen. in diesem konflikt gibt es für mich keine solidarität mit völkern! Es gibt geschichtl. lehren: existenzrecht etc. pp.. Muss mich das aber darin hindern einen lebensfähigen palästinesischen Staat zu fordern?  
bodo: Mit aller deutlichkeit kann und muss eine deutsche linke gegen antisemitismus und dem im anderen gewande daherkommenden antizionismus auftreten. diese vielen neuen walsers gehen einem richtig auf den sack. (volker rühe: "israel ist dabei seine moralische überlegenheit zu verspielen" etc.) aber dies sind spezifisch deutsche aspekte. widerliche verschiebungen des diskurses.  
bodo: aber, dieses wenden gegen antisemitismus kann doch nicht bedeuten, dass ich mir die politik israels zu eigen mache. die unterstützung der militärischen logik des kriegers und (vielleicht etwas provokativ) mörders sharon ist als linke position indiskutabel. (mörder bezieht sich auf die gezielte tötung von zivilisten in den 80ern in den flüchtlingslagern shatila und ...). egal wieviel durchgeknallte terroristen von der plo oder hamas rumlaufen.  
bodo: sharons politik ist eine politik der masslosigkeit und der militärischen logik. eine beendigung dieses militäreinsatzes zu fordern ist für mich ein legitimes anliegen. natürlich nicht ohne die ursachen unter den tisch zu kehren. für eine rückkehr des politischen. für ein denken in widersprüchen. für eine solidaritätspause.  
orca: @ mutti: Tut mir ja leid, aber für mich ist kein Staat (auch nicht Israel) heilig, sondern eher das Gegenteil, und für mich ist kein Terrorismus (auch nicht der islamistische) Ausgeburt des Bösen, sondern eher Ausdruck von Verzweiflung des Menschenmaterials und Verblendung der Führer. Und die zwischen Kombattanten und Zivilisten unterscheidende militärische Repression (sie tut es nie wirklich, wenn sie erst im Rollen ist - müßtets Du aus Vietnam, Nicaragua... Isreale/Palästina) schafft vor allem aus repressierten Zivilisten Kombattanten. Völlig klar, völlig logisch: "Es hilft nur Gewalt, wo Gewalt herrscht."  
orca: Moralische Überlegenheit kann nur der Gewaltverzicht hervorbringen; eine Zeit lang hat Israel da Vorleistungen gebracht; jetzt marschiert und rollt es auf das Niveau seiner extremistischen Gegner zurück & dahinter: in den autonomen Städten blockiert die Armee die Arbeit der Krankenhäuser, damit in den israelischen keine Diskos gesprengt werden. DAS für eine Lösung zu halten, ist so dämlich wie unmenschlich. Und nur DARAUF zu verweisen, ist m.E. links, nicht auf der einen oder anderen oder anderen oder einen Seite die Dämonen bzw. Lichtgestalten zu erkennen. Und alle anderen Aspekte können erst erörtert werden, wenn man DAFÜR weder physisch noch verbal erschossen wird.  
orca: Mit niemandem bin ich freilich im Dissens darüber, daß die Äußerungen der deutschen Politik vor allem der eigenen Entschuldigung und "Entkrampfung" im Verhältnis zu Israel dienen.  
mutti: mal was anderes, liebe freunde der gepflegten diskussion hier: wie halten wir es mit der palästina-demo am samstag in berlin? die fordert z.B. den stop von waffenlieferungen deutschlands an Israel. ich hab ehrlich gesagt kein schimmer, ob und in welchen umfang deutschland das tut. was ich allerdings zu wissen glaube, ist, das deutschland der größte eu-netto-entwicklungshilfe-zahler an die palästinensiche selbstverwaltung war/ist.  
Bodo: an diesem samstag gehe ich zu keiner demo. ausnahmsweise ist heute in der taz mal ein ganz ordentlicher artikel zu den demos.  www.taz.de/pt/2002/04/09/a0182.nf/text
nc: bodo, orca, euere versuche, eine kritische position zu finden, so wie gigi sie vorschlägt, finde ich gut. aber gleich zeigt sich, wie schwer das ist. lest doch noch mal selbst, was ihr geschrieben habt: auf den ersten blick eine kritik beider seiten, die aber nur für sharon + israel genauer ausgeführt wird. -- wahrscheinlich ist es keine lösung, wenn derzeit ein staat palästina entände. so wie die dinge liegen, hätte dieser staat die hamas-märtyrer als seinen nationalen mythos. alle kinder würden in der schule lernen, diese helden zu verehren, alle politiker würden sich auf sie beziehen, etc. (das ist im moment schon so.) damit könnte der krieg nicht zu ende sein.  
nc: im gegenteil wäre diesem staat krieg notwendig eingeschrieben. -- außerdem: welche kräfte sollten den staat organisatorisch tragen? die autonomiebehörde war der vorläufig gescheiterte versuch, die plo-struktur in eine staatliche verwaltung zu transformieren. im land gibt es keine kapitalistische klasse, die interesse an einem bürgerlich-demokratischen staat hätte und stark genug wäre, ihn zu tragen. das von außen kommende geld -- ohnehin zu wenig für wirtschaftlichen aufbau -- wurde klientelistisch verteilt, also in "ursprünglicher akkumulation" angeeignet. es gibt aber auch keine anderen kräfte, die einen bürgerlichen staat erzwingen könnten.  
nc: sharon braucht den krieg, um seine regierung zu halten. arafat braucht den krieg, um sein regime zu halten. wahrscheinlich gibt es nur zwei szenarien für etwas, das ein ende des krieges werden könnte: eine un-schutztruppe -- wie an zahlreichen beispielen ersichtlich sind aber konflikte mit solchen einmärschen nicht zu ende, sondern bekommen nur eine andere form. durch so einen einmarsch würde nicht die sharon-regierung, sondern der ganze staat israel geschwächt und langfristig hätte das fatale folgen. die andere möglichkeit: friedensbewegungen auf beiden seiten, die sich gegen jene kräfte richten, die interesse an der fortsetzung des krieges haben. die ansätze dazu sind derzeit sehr schwach.  
nc: besonders viel optimismus ist also nicht angebracht. ich finde, man könnte z.b. mit linken palis hier darüber diskutieren, warum sie ihre kritiken an der derzeitigen politik in palästina nicht öffentlich äußern, sondern sich einem nationalen konsens unterwerfen.  
mutti: naja, liebe nc, wenn sie sich trauten, deine "linken palästinensischen kritiker", würden sie wahrscheinlich in brennenden autoreifen durch die straßen gazas getrieben.  
träumenbringtnix: friedensbewegung gibt es erst, wenn die krieger abgewirtschaftet haben. zuerst werden arafat und die plo abgewickelt. anschließend stehen sharon und die falken vor einem scherbenhaufen. und dann gibt es eine chance auf friedensbewegung.  
mutti: hä?  
spin: ich würde gerne nochmal aus der nahost-strategiedebatte raus und auf was, was mich perssönlich anpisst. ein t.sachichnich hat mir oben einen antisemitismusvorwurf gemacht und auf meine frage, worin mein ("struktureller") antisemitismus besteht, nicht geantwortet. ich habe keine lust, weitere 2 tage zu warten.  
spin: meine auffassung davon ist: es ist nicht nur der übliche bluff, leute durch einen möglichst krassen anwurf zum maul halten zu bewegen. die masche, kritikerInnen der aktuellen israelischen politik pauschal als antisemiten zu denunzieren, finde ich an sich schon unduldbar. die kritikerInnen der eigenen - antideutschen - position so zu bezeichnen, ist eine instrumentalisierung des begriffs von geradezu revisionistischem ausmaß. wer das macht, betreibt die verwässerung des antisemitismusbegriffs. oder?  
t.sachichnich: @spin: nun denn, ich bin wohl etwas übers ziel hinausgeschossen. leider habe ich den fehler begangen, mir erst die diversen kommentare zum thema auf indymedia anzutun, um dann hier meinen frust rauszulassen.aber was ich meinte: in der ganzen diskussion wird seit längerem mit termini gearbeitet wie "den" palästinensern oder eben "den" antideutschen. das eine wie das andere ist ein konstrukt - so wie die "jüdisch-bolschewistische weltverschwörung eines ist. sich dieser konstrukte als argumentationshilfen zu bedienen mag nachvolziehbar sein, aber gleich "die speerspitze" zu lokalisieren....  
t.sachichnich: klang für mich zu sehr nach "die weisen von zion" bzw. in diesem falle: die wahnies von der bahamas. vielleicht hab ich - wie die anderen "antideutschen" - auch ne meise, wär gut möglich. entschuldigen möchte ich mich auch vielmals dafür, dich ganze zwei tage warten gelassen zu haben, aber - ob du es glaubst oder nicht - diskussionen auf etuxx betrachte ich dann doch eher als hobby und nicht als schwulen meinungsbildungskurs mit anwesenheitspflicht.  
Wed. J. van Nelle: "Der übliche bluff, leute durch einen möglichst krassen anwurf zum maul halten zu bewegen" - hast du dafür nicht eine passende Kurzbezeichnung? Sowas wie ROFL oder RTFM. Die könnte man immer posten, wenn so ein Ding kommt. Aber ÜBULDEMKAZMZB bringts nicht so recht.  
t.sachichnich: und jetzt noch ein paar daten: heute, mittwoch, 10.4., findet um 19uhr im kato am schlesischen tor eine veranstaltung von U.A. der bahamas zu ihrer angekündigten gegenkundgebung am 13.4. statt. am freitag, dem 12.4. um 18.30, findet ebenfalls im kato eine veranstaltung des "bündnisses gegen antisemitismus und antizionismus" mit thomas von der osten-sacken und esther shapiro statt. das bündnis, das u.a. von jungle world, aab, jüdischem studentenverein, mobilisiert auch zu einer demo am sonntag(!), dem 14.4. um 14uhr ab hackeschen markt. die dazu aufrufenden plakate sind jedoch schon größtenteils von den wänden fhains und kbergs "verschwunden".  
t.sachichnich: die nicht-nur-bahamas-kundgebung am samstag beginnt um 13.30 auf der friedrichsbrücke am hack.markt und befindet sich in sichtweite zur palästina-demo. die polizei hat angekündigt, ein aufeinandertreffen "massivst" zu verhindern. infos unter www.gegenkundgebung.de.vu die "moderatere" demo am sonntag sollte aber doch als "pflichttermin" gelten. ach ja: es stimmt mich nachdenklich, daß all die "berechtigte kritik" hier wahlweise an sharon, die idf, jüdische reservisten oder gleich an israel gerichtet wird. ist das eigentlich alles identisch? nö? na gut.  
Marcie: Was "träumenbringtnix" da oben schreibt, und auch "malneandereposition", ist doch (pardon) die Position der neuen Mitte. Beim vorletzten Balkankrieg wurde die Äußerung "Sie müssen es auskämpfen!" kolportiert und mal dem deutschen, mal dem amerikanischen Außenminister zugeschrieben. Ob sie nun so gefallen ist oder nicht - es geht darum, sich an Krieg als Mittel der Politik zu gewöhnen und damit abzufinden. Gewöhnt bin ich ja wieder. Aber ich will mich einfach nicht abfinden, meine Herrn. Auch dann nicht, wenn es mir mit so hübschem Jugendsprech serviert wird wie "wenn die alten Säcke sich fertig gemacht haben".  
orca: @nc: ich finde es nicht ungleichgewichtig, wenn die Kritik an Sharons Israel genauer ausgeführt wird - nur da haben wir den adressiert kritisierbaren, im Prinzip auch weltlich-demokratischen Staat. Was für ein Gebilde der palästinensische wäre, beschreibst Du m.E. nicht unzutreffend (und damit nicht analog kritisierbar).  
orca: ... Und obwohl ich die Beinahe Unmöglichkeit des Friedens mit/durch ihn sehr wohl sehe, meine ich, daß es keinen anderen Weg gibt als seine Gründung. Erstens unterscheidet er sich darin ja nicht negativ von anderen in der Geschichte entstandenen Staaten, die sich alle (und D.land gewiß nicht zuerst) erst im Lauf ihrer Geschichte leidlich zivilisiert haben. ES WÄRE ALSO HÖCHST DRINGLICH, ENDLICH MIT DER FRIEDENSBEWEGUNG ANZUFANGEN, bejhaupte ich also aus dem Abstand.  
orca: Denn daß Sharons Offensive, die PLO-Bürokratie (die letzte Intifada war wohl zumindest nicht zuletzt, vielleicht beinahe gleichberechtig ein von ihr auf Israel umgelenkter Elendsaufstand gegen sie), Hamas und UNO-Truppen sowenig wie eine israelische oder anderweitige Erziehungsdiktatur der Palästinenser gar nichts lösen, könnten wir uns doch zugeben.  
mutti: ...leute, wir ergehen uns mal wieder in mehr oder weniger plausiblen kurzanalysen, gegenseitigen belehrungen, ratschlägen (an wen eigentlich?), kurz - es ist genau das passiert, was ich im einleitungstext als besserwisserstammtisch bezeichnet habe und vermeiden wollte. zugegebenermaßen fällt mir selber auch nix besseres ein... trotzdem, "you don't have to be a weatherman to know where the wind blows" und dazu ausnahmsweise ein link zur:  jungle world
orca: @ mutti: wieso nur ausnahmsweise "jungle world"? und ich lese (und schreibe) das anders, nämlich als Versuche, nicht in den angewachsenen Kampfstiefeln die ewig gleichen Wege zu gehen. Kannst Du & kann der Gummibär aber jenseits der Reflexion auch haben: schon in der Bibel war mir der kleine David sympathischer als der riesenhafte Goliath, und wenn Israel (das ich von den maroden arabischen Regimes überhaupt nicht bedroht sieht, und es kämpft ja auch nicht gegen die Mullahs und saudischen Prinzen) die Rolle wechselt... Dann eben, bis es wieder anders kommt, entschieden Pro Palästina. Scheißegal, wie sich die Großmacht dieses Kriegs historisch zu legitimieren versucht. Jetzt zufriedener?  
mutti: das mit dem "ausnahmsweise" bezieht sich auf die setzung eines links und nicht auf die jungle world an sich. weil ich finde, dass das hinweisen auf andere texte(autoritäten) in einem diskussionsstrang nicht besonders produktiv ist. ansonsten: achherje orca, dann sei doch so pro-palästina wie du willst und bebildere das mit bibelgeschichtchen. befindest dich dabei in guter gesellschaft mit...(brauche ich dir nicht zu erzählen, mit wem so alles noch.) im übrigen geht mir entschiedenes pro genauso wie entschiedenes anti ziemlich auf den keks.  
nob: Da hast du mich aber gründlich mistverstanden liebste Mutti: Ich wollte dir doch gerade darin widersprechen, daß du dich dagegen wehrtest, Attentäter und Militär auf eine Stufe zu stellen. Für mich sind sie eben genau das: auf einer Stufe. Und daß sich die israelische Militärmacht als demokratisch legitmiert ansieht macht wenn überhaupt anders, dann einfach nur noch schlimmer.  
nob: Und zu den Beispielen - vom Terror zum Staatsmensch: Die Sinn Fein in Nordirland war noch vor kurzem für die "zivilisierte Welt" einfach ein Teil der IRA - also Terror - und nu sitzt se in der Regierung. Oder eben Arafat, vor gar nicht allzulanger Zeit noch von sämtlichen offiziellen Stellen Oberterrorist genannt, heute mehr oder minder anerkanntes Staatsoberhaupt.  
gigi: Ein wirklich guter Text zum Thema findet sich  hier
gigi: (Leider war der Link zu lang und wurde abgeschnitten. Ich meine den Text "eine kritik als kommentar" von der Antisemitismus-AG der Gruppe Subcutan, die die Palästina-Solidarität in der deutschen Linken auseinander nimmt.)  
mutti: hab ich ja befürchtet, mit der unsitte der verlinkerei (und dummerweise habe ich selber damit angefangen). egal, gigi, sag doch einfach in drei sätzen, was du sagen wolltest und die technischen probleme können wir dann vergessen.  
gigi: der link führt schon zum ziel, wenn auch nur halbwegs. ihr müsst dann einfach nach unten blättern zum dritten beitrag mit dem titel "eine kritik als kommentar". ich finde den text ziemlich gut, weil er die kritik am antisemitismus zurück nach deutschland holt und darauf verzichtet, den kriegsparteien im nahen osten tipps zu geben.  
Wed. J. van Nelle: Ich finde diesen "Besserwisserstammtisch" sehr interessant. Ausgewogene Analysen kann ich in der Zeitung lesen! Hier finde ich Argumente mal knapp auf den Punkt gebracht, und kann sie als Kickstarter für's Selberdenken benutzen. Bei einem Thema, das mich ehrlich gesagt vorher nicht interessiert hat.  
Hürriet: Aber niemand kann doch im Moment ernsthaft "Solidarität mit Israel" fordern..!! Wer ist denn Israel?der Staat, Sharon, seine Einwohnerinnen? Was z.Zt. als Israel definiert wird, ist das mordende israelische Militär und seine Auftraggeber..  
t.sachichnich: nun denn, gestern hab ich erlebt, wie deutsche linke gedenken, frieden zu schaffen. nachdem in kreuzberg (am kato) das erste mal seit 45 aus einer antiimperialistisch-autonomen-antizionistischen menschenmenge wieder "juden raus" gerufen werden durfte, wurde dann die bahamas-veranstaltung, die zu einem großen teil von durchaus diskussionswilligen menschen besucht wurde, mit steinen, messern, cs-gas angegriffen, mehrere leute wurden verletzt. kurz nachdem die angreifer verschwunden waren, tauchte dann eine delegation von antiimps und plo auf, um das ganze auch noch zu unterstützen. mir reichts. ich fahr in urlaub. @mutti: heute bob dylan?  
zaunpfahl: _  kato vorfall
Nie wider Berlin aka hobbl: Schon komisch, daß es hier so beschaulich zugeht, während die Irren sich in Berlin die Fressen einhauen. Bißchen mehr Analyse dürfte aber schon sein! Hier scheint es ja genug Raum und genug Ruhe zu geben.  
Nie wider Berlin aka hobbl:: Mich würde zum Beispiel interessieren, in wie weit die "antiimps/plo" und die "antideutschen" einen genuin bundesrepublikanischen und eigentlich soziologischen Konflikt vor-austragen. Sich nämlich der Frage anzunehmen, wie sich eine Gesellschaft definiert, die ihren Volkscharakter immer weiter verliert. Will sagen: die aus dem Holocaust abgeleitete Positionierung der alten BRD in einer "historischen Schuld" hat für immer größere Teile der Bevölkerung keine Bedeutung.  
Nie wider Berlin aka hobbl::: Nicht weil diese Teile Platz für nationalistische Tendenzen schaffen wollen, sondern weil ihre Geschichte in dieser Gesellschaft erst später beginnt. Und nun fordern und bekommen sie Platz auch in der kollektiven Selbstwahrnehmung. Wie dann aber politische Positionen moralisch beglaubigen? Mit dem Holocaust/dem 2.WW geht ja nicht mehr so ohne weiteres. Sobald da im Kampf der Durchgeknalleten die ersten brauchbaren Brocken auftauchen, übernehmen dann die bürgerlichen Medien die Debatte.  
Ahäm: Meinst du "Nie wieder Berlin"? Oder tatsächlich "Nie wider Berlin"? :-)  
Nicht Bedingungslos 32: Mir scheint, als laufen viele Problemdiskussionen auf die Begriffe wie Heimat, historische Identität ... hinaus. Linke und Schwule haben oft eins gemeinsam, wenn sie auch manchmal beides sind. Sie leugnen Heimatgefühle, sind auf der Suche nach einer Identität, die für sie gerechter als die Identität via ihrer Blutvorfahren ist. Schwule (spez. Berliner) flüchteten oft vor dem Mief der Kleinstadt, dieser Enge die sie jahrelang gefangen hielt. Wir glauben an eine neue selbstbestimmte Heimat, Strukturen und Szenen, die wir uns gesucht + gebaut haben.  
Nicht Bedingungslos 32: Unendliche Schuld lässt Leute wie t.sachichnich etwas BEDINGUNGSLOS machen. Lieber t.sachichnich – ein guter Freund ist nicht, wer alles mit Ja oder Amen hinnimmt, sondern durchaus auch Kritik anbringen kann. Im Fall von Deutschland ist das schwierig. Die Frage ist, kann Deutschland jemals Freund Israels werden. Der linke Spagat besteht zwischen einer staats- und damit hierzulande auch einer deutschkritischen Haltung, während man sich andererseits als Deutscher Israel gegenüber definieren will. Eine Schleife, aus die ich keinen Ausweg weiß – aber bedingungslos folge ich keinem Herren.  
Nicht Bedingungslos 32: Ich haue jeder Dumpfbacke, die "Juden raus" brüllt, gern mit paar in die Fresse, aber trotzdem möchte ich mich nicht als dumpfe deutsche Masse beschimpfen lassen, weil ich mein Handeln reflektieren möchte und nicht BEDINGUNGSLOS folgen möchte.  
mutti@hüriret: solidarität mit israel, ...hm.... ganz schwierige frage! ich sehe aber vom meinem bescheidenen weltstammtisch aus im moment nur, dass der staat israel, was seine militärschläge in den besetzten gebieten betrifft, weltweit isoliert ist. uno, eu, usa, rußland, - von den arabischen und afrikanischen staaten und ihrer bevölkerung ganz zu schweigen.  
mutti@hobbl: also bei deinen steilen thesen oben komm ich nicht so richtig mit. was darf ich mir denn unter einer "gesellschaft, die immer mehr ihren volkscharakter verliert" verstehen?  
hobbl: Eine Gesellschaft, in der immer mehr Leute ohne Probleme sagen können, sie seien keine Deutschen, und politische Argumentationen seien für sie ohne Belang, insofern darin mit "Deutsch-sein" operiert wird. (Was bei den Antideutschen ja extrem geschieht.)  
Bummelstudent@hobbl: Ich sehe ein, das die Antideutschen vom "Deutsch-sein" grotesk besessen sind. Ich sehe auch ein, daß eine völlig emotional fundierte Pro-Postion eine ebenso emotionale No-Position gradezu herausfordert. Vorallem, wenn den Palästina-Symphs dabei ständig abverlangt wird, moralisch "Deutsch" zu denken und eine historische "Schuld" anzuerkennen, die sie in großen Teilen nichts angeht - weil sie keine "Deutschen" sind. Trotzdem bin ich der Meinung, daß hier kein genuin deutscher Konflikt ausgetragen wird. Mein Argument: die Weltnachrichten. Anderswo (frankreich, Tunesien) tobt der gleiche Kampf!  
mutti: liebe leute, kennt ihr eigentlich die geschichte von muhammad al-dura? wer ist das? das ist der kleine, palästinensiche junge, der in den armen seines vaters am 30 september 2001 an einer straßenkreuzung (links israelisches militär, rechts palästinensichee polizei) erschossen wurde. das bild ging durch die welt. verbreitet von einem französischen fernsehsender. der tag des beginns der al-aksa intifada. wir wußten alle: erschossen von einem israelischen soldat.  
mutti: muhammad al-dura ist der märtyrer der intifada. sein vater war deswegen sogar in durban/südafrika zur uno-konferenz. in kairo ist mittlerweile die straße, an dem die israelische botschaft liegt, nach ihm benannt. im palästinensischen fernsehen (wie auch in lybien, irak, saudi-arabien, syrien usw.) lief das video seines todes (ein schießender israelischer soldat dazwischengeschnitten) in endlosschleife. es gibt gedichte zum ruhme muhamads und coole popsongs zu seinem angedenken. kurz: ein held, weil opfer brutalster israelischer gewalt gegen unschuldige kinder.  
mutti: es gibt bloß ein problem: es läßt sich nicht beweisen wer muhammad al-dura wirklich erschoß. in einem ard-feature (lief ende februar im ersten und wurde kontrovers diskutiert) versucht esther shapira aufzuzeigen, dass mit allen seriösen kriminologischen kriterien eine täterschaft des israelischen militärs kaum in frage kommt. sie sagt's halt nicht so direkt, wegen journalistischer sorgfaltspflicht. ich denke, letzendlich egal wer die tödlichen kugeln geschossen hat: querschläger oder absicht. wir werden es nicht rausfinden.  
mutti: zweites problem: esther shapira wird bedroht. anonyme emails usw.. sie hat mit ihrem filmbeitrag einen arabischen märtyrer beleidigt und es droht ihr rache. einschüchterungen und mehr. esther shapira ist (da gehe ich mal von aus) deutsche staatsbürgerin. eine veranstaltung zum deutschem antizionismus/antiisrealismus/antisemitismus bei der sie in das kreuzberger kato als referentin geladen war, mußte deshalb in die evangelische jerusalem gemeinde gegenüber vom jüdischen museum verlegt werden. wir mußten alle die jacken am eingang abgeben um reinzukommen.  
Leo: Ich führe die aktuellen Entwicklungen in Nahost im wesentlichen auf zwei Ereignisse zurück. Als erstes wäre da die Einrichtung einer Art europäischen Quasi-Außenministerpostens, des "Hohen Beauftragten für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik" auf Initiative der Regierung Schröder auf dem EU-Gipfel in Köln 1999. Dieses Amt war darauf zugeschnitten, mit dem 1995 bis 1999 amtierenden NATO-Generalsekretär besetzt zu werden, der so für den frisch gewonnenen Kosovokrieg belohnt wurde. Es handelt sich um den ehemaligen spanischen Außenminister, der Anfang der 80er Jahre noch als Kulturminister sich gegen Amerikanisierung und den NATO-Beitritt Spaniens gewandt hatte.  
Leo: Ebendieser Javier Solana hat seitdem für die Europäische Union den Fuß in die Tür des "Friedensprozesses" gestellt. Seine Vermittlungsbemühungen sind mit denen eines Joseph Fischer auf dem Niveau einer direkten Zusammenarbeit der Stäbe koordiniert - wie schon seinerzeit in Rambouillet. Zum anderen war da Clinton, der im letzen Präsidentschaftswahlkampf die Nahostkarte gespielt und gehofft hatte, sich mit einem Durchbruch in Camp David eine weitere Legislaturperiode zu sichern. Seitdem gibt es in Nahost einen Wettbewerb zwischen zwei Vermittlungsparteien, denen es jeweils mehr darum geht zu vermitteln als darum damit Ergebnisse zu erzielen.  
Leo: Denn dann könnte man ja nicht mehr weiter vermitteln, und das muß man, denn wer sich als Vermittler etablieren kann gewinnt dabei die Hegemonie in der Region und geopolitisches Gewicht. Damit hängt der Nahostkonflikt politisch am euroatlantischen Verhältnis, und das ist in letzter Zeit von deutscher Seite durch eine Politik der aggressiven Selbsteinladung geprägt, die nach dem 11.9. nochmal radikalisiert wurde. Im Moment wird noch in diplomatischer Form vermittelt, aber der Übergang zu einer militärischen Form ist inzwischen in den Bereich des Denkbaren gerückt.  
Leo: Auch das Drehbuch ähnelt der Jugoslawiennummer: Faschistoide Zombiediktatur (demokratischer Staat) versucht rebellisches Volk (von Europa hochgezüchtete Ethno-Guerilla) zu unterdrücken, so daß irgendwann unparteiische Vermittler (Euroland) eingreifen müssen, um nach dem dramatisch inszenierten Scheitern aller zivilen Bemühungen Frieden und Normalität wiederherzustellen (als Besatzungstruppe der bewaffnet weiterbestehenden völkischen Guerilla Rückendeckung für ethnische Säuberungen zu geben). Sharon wird schon ziemlich milosevicmäßig in Szene gesetzt. Allerdings hatte die UCK keine professionelle PR, so daß sich kaum Deutsche mit ihr identifiziert haben.  
mutti: also komm leo! das kapiert kein mensch hier was du da schreibst mit deiner spanisch-deutschen verschwörung. also ehrlich, also mal echt, also komm mal runter von deinem film.  
Sascha B.: Leo, das ist schon eine Art von Eurozentrismus, die Du da pflegst, die fatal an das Verhältnis der Antideutschen zu Deutschland erinnert. Der Israel-Palästina-Konflikt hängt (meinetwegen auch: gottseidank) nicht von Herrn Fischer und nicht von Herrn Solana ab. Und ich gehe sogar so weit zu behaupten: nicht einmal vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika (sowieso: gottseidank). - Antisemitismus ist in arabischen und muslimischen Völkern und Staaten endemisch. Und zwecks moralischer Unterstützung bedienen sie sich bisher am liebsten doch noch bei Alt- und Neonazis (von Remer bis Mahler). Etliche muslimische HPs verlinken z.B. auf  diese Seite
Leo: Ich habe lediglich eine Sichtweise angebracht, zu der man gelangen kann, wenn man sich näher für Europäische Politik interessiert. Sie ist zugegebenermaßen etwas ungewöhnlich, aber es kann ja jeder der möchte die Faktenbasis nachrecherchieren. Über die Ursachen des arabischen Antisemitismus müßte jemand anderes was erläutern, ich hab mich hier nur damit beschäftigt wie er instrumentalisiert wird.  
Sascha B.: Wenn ich den massiven Antisemitismus auf der Pro-Palästina-Demo vom 13.4. in Berlin mitbekomme, ist es mir aber erstmal schnurz, wie er instrumentalisiert wird. Brennende israelische Fahnen, "Juden raus!"-Rufe, IDF-SS-Vergleiche und Kinder, die in Selbstmordattentäterkostüme gesteckt werden - dafür sollte sich jeder Linke, der an dieser Demo teilgenommen hat, abgrundtief schämen (mindestens!). Problem offenbar: Man müsste auch mal eine skeptische Haltung gegenüber gewissen MigrantInnen(organisationen) einnehmen. Völkischer und religiöser Wahn werden nicht appetitlicher, wenn die ihm anhängen, die man gelernt hat, als Unterdrückte anzusehen.  
Bummelstudent@Sascha B.: Dein letzter Satz hätte auch einfach heißen können: "Völkischer und religiöser Wahn werden nicht appetitlicher, wenn Unterdrückte ihm anhängen." In der völligen Identifikation mit den Unterdrückten liegt das Haupthinderniss für eine kritische Solidarität aus der Linken. Was man sich im eigenen Leben mühsam abtrainiert hat, nämlich absolute kritiklose Zustimmung zu fordern, daß gestattet man sich ersatzweise in der Solidarität mit Palästina. Oder Israel.  
Bummelstudent: Und gerät dabei leicht in die widerwärtige Rolle des Applausgebers für Kinder und Jugendliche, die sich in ihren Drohgebärden und Kampfansagen doch eigentlich nur selbst beweisen wollen.  
Bert the Evil: @ Sascha B. "Antisemitismus ist in arabischen und muslimischen Völkern und Staaten endemisch." Da ich das fremde Wort nicht kenne... Meint das soviel wie "eingeboren", "genetisch"? Etwa so wie bei den Juden der Hang zum Schacher? Dann sollten wir aber unbedingt Bundeswehr-Friedenstruppen unter antideutschem Kommando schicken - und Umerziehungslager für beide Seiten einrichten!!! Im Ernst: lest ihr manchmal wenigstens, was ihr selber schreibt?  
Duden Fremdwörterbuch: endemisch: a) [ein]heimisch; b) örtlich begrenzt auftretend [Med.]; c) in einem bestimmten Gebiet verbreitet [Biol.]  
Mutti@Böser Bert & Sascha: Ich sehe es als meine Moderatorenpflicht an, etwas zu dem Begriff 'endemisch' zu erläutern. Der kommt in der Tat (s.o.) aus der Medizin/Biologie und wird in der Regel im wissenschaftlichen Kontext zur Beschreibung örtlich begrentzter Infektionskrankheiten gebraucht. Nun hat er hier als Metapher in einem politischen Streit Einzug gehalten. Davon mag man halten, was man will. Nur etwas zur Klarstellung: 'Endemisch' meint eben genau nicht 'genetisch'. Ein Satz z.B. wie dieser: "Alle Araber haben den Judenhaß mit der Muttermilch eingesogen" bezöge sich in der Tat auf Vererbung etc. und würde damit anti-arabische und rassistische Ressentiments bedienen.  
Mutti@Böser Bert & Sascha (Forts.): Dagegen stammt ein Satz wie "Alle Juden haben den Hang zum Schacher" aus der Mottenkiste des Antisemitismus/Antijudaismus in jahrhundertealter christlich-abendländischer Tradition. Inwieweit sich eine solche oder ähnliche antisemitische Aussage in den Zeitungen, Schulen, Universitäten, Popkultur usw. der arabischen Länder verbreitet hat, und ob das was mit dem aktuellen Nahostkonflikt zu tun hat, darf hier m.E. nicht ausgeklammert werden.  
Innova –jeder Preis verhandelbar?: "Deutsches Kaufen" setzt auf festes Preisgefüge. Wichtiges z.B. der Brotpreis ist Jahrhunderte staatlich festgelegt gewesen. Das prägt. Daher der oft gehegte Gedanke: nur ein fester Preis sei ein fairer und gerechter. Schutz vor Händlerwillkür. Bei anderen Kulturen gibt es das so nicht: z.B. Basare. Dieser Kulturunterschied wurde mehr als nur benutzt, um sich von anderen Kulturen abzugrenzen, wenn’s sein musste, auch die hiesige "Kaufkultur" als zivilisatorisch höher darzustellen. Feilschen laut Wörterbuch(!)= hartnäckiges und kleinliches Handeln. Vermutet wird, der potentielle Käufer könne den Preis nicht zahlen ... .  
Innova: Gern wurden diese Schablonen zur Judendiskriminierung benutzt. Und auch der linke Atheist, kann sich dieses evt. gefühlten Unbehagens nicht entziehen. Die linken Werte hierzulande sind dann z.T. doch christlich humanistisch verankert. (Das reicht von Kaufkultur über Zweier-Beziehungskisten bis hin zur Einstellungen zum Tod usw.) Ein Großteil linker Geschichte heißt Ablehnung der Traditionen der Eltern und Großeltern, doch vieles wurde eben unbewusst in den Deutschen "reinsozialisiert".  
mutti@innova: sach mal, wie kommst du jetzt aufs thema "deutsches kaufen"? ok, wenn ich mir beide beiträge von dir zweimal reinziehe, erkenne ich schon den zusammenhang zu vielem obengesagten, obwohl mir deinen gedankensprung nachzuvollziehen, doch etwas schwer fällt. mein vorschlag zur güte: neue beiträge, die sich nicht direkt auf ein statement eine/r/s ander/er/en beziehen so einleiten, dass auch ein flüchtiger leser blicken kann um was es gerade geht. (ich versuch mich jetzt auch daran zu halten.)  
Bert the Evil: liebe mutti, es geht mir eben um das, was ich von solchen "metaphern" in solchem zusammenhang halte! alle araber sind schwer krank, habe ich es jetzt? und findest du den unterschied tatsächlich so groß? und wenn wir schon unter spezialisten für kranke völker und rassenfragen sind: irre ich mich sehr, wenn mir auch die araber ein semitisches volk scheinen? und ab welchem stadium der krankheit oder abstammung darf man denn deiner meinung nach nun einander töten?  
mutti@bert: böser bert, da solltest du besser sascha fragen, was er mit seinem "endemisch" eigentlich sagen wollte... dass allerdings in arabischen und muslimischen gesellschaften religiöser und antizionistischer judenhaß (geduldet und gefördert, nicht nur in den moscheen, sondern auch von säkulären institutionen) erschreckend weit verbreitet ist, dürfte auch dir nicht entgangen sein. ok, ich versuche dich jetzt mal so zu verstehen, dass du mit deinem beitrag eher auf deutschen-europäischen-westlichen antisemitismus aufmerksam machen willst...  
Innova: "Alle Juden haben den Hang zum Schacher" mir ging’s um diesen Satz. Selbst verständlich machen DIE Juden so viel und so wenig wie DIE Schwulen oder DIE Amerikaner. Und da in der Kürze oft die Würze liegt, wird aber gern so verkürzt und das ist dann meiner Meinung nach nicht unbedingt rassistisch oder antisemitisch oder oder, sondern pauschalisiert und auf den Kern gebracht. Ich wollte mit dem Kaufbeispiel auf die kulturellen Unterschiede hinaus, denen man nicht einfach entfliehen kann. Respekt oder Achtung vor anderen äußert sich im Wahrnehmen und Einhalten solcher kulturellen Rieten. Aber Herr Scharon musste ja unbedingt auf diesen dummen Tempelhügel klettern.  
mutti@bert (forts.): jedenfalls das mit der 'umerziehung unter deutschem kommando für schwerkranke araber usw.' sind deine worte, und es ist unredlich, diese jetzt anderen in den mund zu legen. um mal polemisch zu werden: mir scheint, der spezialist für kranke völker und rassenfragen bist du, wo du zu wissen scheinst, dass ein/e araber/in deshalb nicht antisemit/in sein könne, da selber angehörige/r 'eines semitisches volkes'. das riecht nämlich schwer nach rassenbiologie (das mit den kaukasiern, semiten usw. - lernt man das heute noch so in der schule?). was ich sagen will: nationalität und religion schützt nicht vor antisemitismus! juden, die antisemitischen scheiß erzählen und daran glauben gibts auch, nä!  
mutti@bert (forts.): also: der begriff antisemitismus ist mitnichten eine 'völkische' kategorie, sondern die sammelbezeichnung aller klischees, mythen, vorurteile, zuschreibungen von feindschaft gegenüber juden; seien sie kulturell, religiös, politisch oder sonstwie motiviert. im anschluß an den christlichen antijudaismus (juden haben jesus getötet, trinken das blut von christenkindern, vergiften brunnen) fingen im späten 19. jhrdt. wissenschaftler an, ihren judenhaß rassenbiologisch zu begründen. da gibt's dann eine direkte linie zu den nürnberger gesetzten und der darauf folgenden versuchten endlösung durch die nazis.  
mutti@bert (forts.): wenn also deutsche nahostexperten von scholl-latour bis möllemann von der definitorischen unmöglichkeit palästinensichem antisemitismus' reden, verschleiern sie m.e. mehr schlecht als recht ihre antijüdischen ressentiments. sie befinden sich dabei übrigends in bester gesellschaft mit yassir arafat, dessen beliebteste und immer wieder gerne wiederholte rhetorische spitzenleistung ggü. der europäischen und amerikanischen öffentlichkeit folgende aussage ist: er könne schon deshalb kein antisemit sein, weil er ja selbst dem semitischem volke angehört.  
mutti dauerredend@innova: das mit dem wahrnehmen&respekt vor den kulturellen codes anderer sehe ich auch so. ein problem bereitet mir allerdings dein inhaltlicher sprung zu sharons tempelbergbesteigung im jahr 2000. diese story wurde doch zu gerne von der globalisierten presse als grund für die zweite intifada kolportiert. daran glaube ich nicht. genausowenig wie ich daran glaube, dass die ermordung erzherzogs johanns von österreich-ungarn durch einen serbischen nationalisten in sarajewo 1914 der grund für den 1. weltkrieg war. in beiden fällen wurden allerdings religiös-nationalistische ressentiments aktiviert:  
mutti@innova: im aktuellerem fall war es eine instinktlose und imperiale geste von premierminister sharon, der in den wunden der gedemütigten palästinensischen bevölkerung israels und der besetzten gebiete rumzustocherte um seinen machismo unter beweis zu stellen. aber daran, bitteschön, ist doch nicht das osloer abkommen gescheitert.  
Rosa Intifada: Intifada - der kampf für ein unabhängiges Palästina geht weiter... sagt mal kinders, was ist aus euch geworden über nacht???? vor ein paar Jahren waren wir alle für die Intifada und die PFLP, und jetzt auf einmal sagt ihr alle, das sei Antisemitismus??? Neee, neee, ihr könnt behaupten was ihr wollt, was früher links war, ist euch heute links! Und Scharon war früher ein Kriegsverbrecher und ist auch heute einer!!!  
Sascha B.: Deine "Rosa Intifada" kannst Du gerne mal in der Realität ausprobieren; ich vermittle gerne entsprechende Kontakte. Hast Du Dich mal mit Deiner geliebten PFLP über Homosexualität unterhalten? Nein, nicht? Schade auch!  
Rosa Intifada: Sascha B., dann vermittel mal schön. Einfacher noch wäre es, du schaust mal in entsprechende Texte über bzw. VON PFLP z.B. im Internet. Dann würdest du deine komisch-rhetorisch gemeinte Frage erst garnicht stellen, weil DU dich das erst einmal selbst fragen müßtest!  
mutti@rosa intifada: ein unabhängiges palästina zu wünschen ist edel&deutsch&gutmenschlich; wird aber allen weh tun - gleichermaßen dem staat israel(ökonomisch) und dem von dir herbeigesehnten hungerleiderstaat palästina (mit rosa dauerpräsident arafat an der spitze). bis zu dieser, deiner staatsgründungsutopie bomben fatah-, jihaad- und hammas-kommandos erstmal weiter. auch gegen schwule, lesben, friedensbewegte und linke israelis, die sich beispielsweise in einem jerusalemer cafe auf einen espresso treffen wollen.  
@rosa intifada: ja, deine PFLP unter leitung des kinderarztes dr. habash hatte eine linke, emanzipatorische zielsetzung. da war ich seinerzeit auch fan von. (kein witz.) mißtrauisch wurde ich allerdings später, als in den flugblättern der linken PFLP ständig von den von der israelischen armee vergifteten brunnen (aus denen palästinensiche kinder dann wasser trinken) die rede war. apropos, was tut die PFLP heute eigentlich so? soweit ich weiß: garnix. weil sie eine geißel des syrischen geheimdienstes ist.  
@rosa intifada: und über die kriegsverbrechen des rassisten sharon (was dessen rassismus betrifft, bin ich sogar einer meinung mit dir) mögen andere richten. vielleicht ein un-tribunal. du weißt schon, den haag und so: del-ponte vs. milosevic. gerne würde ich da später auch schröder, stoiber, blair, haider und bush auf der anklagebank sehen. und hussein. und arafat. und selbst chirac. aber bei den drei letztgenannten bist du wahrscheinlich anderer meinung als ich, verehrte(r) rosa- intifada! shalom&salam-a-leikum wünscht dir deine mutti.  
Brenda@RosaIntifada: Was sind denn das für beschissene Vereinheitlichungen? Vor ein paar Jahren waren wir alle für die Intifada? Vielleicht bei irgendwelchen dämlichen Anti-Imp-Kleingruppen. Aber deren Antisemitismus war auch schon in den achtzigern scheisse, und auch "vor ein paar Jahren" und heute immer noch. In welchen Politklitschen hast du denn abgehangen?  
Bert the Evil: liebe mutti: "ok, ich versuche dich jetzt mal so zu verstehen, dass du mit deinem beitrag eher auf deutschen-europäischen-westlichen antisemitismus aufmerksam machen willst..." GENAAUUU! mit den winzigen beiden ergänzungen, daß ich den antiarabismus des polit-pathologen dem auch kein bißchen vorziehe und den verschiedentlich demonstrierten philosemitismus nur für seine verdrängung durch umwertung halte. (im übrigen gibt dich das unverständnis für ironie & gesprächsführung - am beispiel der "umerziehung" -mir zu gnadenloser kritik frei: da ist kein Quentchen jüdischer spitzfindigkeit und intellektualität - um noch mal ein anderes berühmtes klischee zu bemühen.)  
innova@mutti: Zurück zum Kulturen-WirrWarr: Respekt vor den Rieten, doch wie dann kritisieren, wie die Welt verändern? Die eigenen christlichen Gehirnverwerfungen lassen sich durch innerkulturelle Kampfschauplätze (CSD, Homoehe) mehr oder minder beheben, doch was ist mit den externen? Im Globalisierungssumpf kämpft G.Viagra gegen die pissigen Nationalisten, wobei das fast innerkulturell ist. Was ist mit den "kulturellen" Zwangsehen, Genitalverstümmlungen, Homophobien etc. Ist ein Kampf gegen andere Kulturen, vielmehr gegen die von uns aus gesehenen Unmenschlichkeiten, möglich, wenn wir sie gleichzeitig respektieren wollen? Auch der Israel-Palästina Konflikt lässt sich ohne Kritik nicht ansprechen.  
t.sachichnich: @rosa intifada: ja, ich hab mich am letzten mittwoch nach der gesprengten bahamasveranstaltung mal mit nem (ehemaligen)kader der pflp "unterhalten". als dann rauskam, daß ich ne lederjackentrine bin, war für ihn die diskussion beendet. "mit solche rede ich nicht" war seine wortgetreue antwort, bevor sein kumpan anfing zu faseln, daß wir es noch erleben werden, wie die arabische welt die juden ins meer jagen wird. naja, war ja mein erster palästinenser...  
t.sachichnich: ansonsten bin ich ja heilfroh, nicht von mir behaupten zu müssen, irgendwann mal die intifada toll gefunden zu haben. die gnade der späten geburt...aber wirklich schön finde ich deinen satz: was früher links war ist auch heute links". soweit zum thema fortschritt, eigentlich ja auch was linkes. genau wie aiz, boykottiert kibuzzim, stalin, rim usw. huch ist das alles verwirrend, ich geh wieder zum gaychat.  
mutti@bert: vielleicht bin ich ja wirklich zu einfältig, bei deinen polemiken gegen antiarabismus den ironischen unterton rauszuhören. was mir allerdings auffällt ist, dass du bei deiner 'ironischen gesprächsführung' ständig mit antisemitischen konstrukten rumhantierst. jetzt bis du schon bei 'jüdischer spitzfindigkeit und intellektualität' (die du bei mir vermißt) angelangt. soll ich das jetzt witzig finden?  
Bert the Evil: mutti, da Du nun so direkt fragst, JAAA! und: "come fathers and MOTHERS /wherever you stand/ and DON'T critizise /what you DON'T UNDERSTAND" robert zimmermann (dylan), ein amerikanischer jud  fuck pc!
mutti@dösbert: "you don't have to be a weatherman, to know where the wind blows". auch dylan. (ist zwar schon mal oben zitiert, aber hier noch mal für anti-pc-bert; zum mitschreiben.)  
mutti@innova: ich finde, bei deinem/unserem kampf gegen unrecht sollten wir versuchen, richtige einsichten (menschenrechte/emanzipation) nicht kulturalistisch-arrogant gegen jene, die dieses unrecht begehen und in der regel zugleich die ökonomisch schwächeren sind, einzusetzen. wie das zu schaffen ist? dafür habe ich keine lösung anzubieten, weil ich die weisheit echt nicht mit löffeln gegessen habe. ich finde es aber grundfalsch, den nahostkonflikt (und unsere parteilichkeiten darin) als projektionsfläche für unsere weltverbesserungsphantasien zu benützen.  
innova: mein problem ist, wo kann ich da wie trennen? Ich kann es nicht, bin unsicher. Es mag ein wenig linke Justizmentalität mitschwingen: Situation sehen, einschätzen, Meinung bilden, für oder gegen Position einnehmen ... . Ich hab leider auch nur mehr Fragen als Antworten. [PS: das novum moderation auf etuxx - finde ich in diesem Fall gerechtfertigt, ok und von dir gut besetzt - Danke Dir + Danke etuxx]  
Gaby: Was mir Angst macht, ist dass sich im Moment sehr viele von dieser Kreigslogik anstecken lassen und meinen, sich für eine von beiden "Seiten" entscheiden zu müssen. Da ist viel mehr persönliche Wichtigmache dabei, als dass es um die Menschen dort ginge. Warum machen sich jetzt alle zu "Experten"? Das Interesse ehrt ja, aber es scheint eine linke Selbstüberschätzung darin zu liegen, alles gleich beurteilen zu können zu glauben. Die Räume, in denen Differenzen koexistieren können, auszuweiten, das ist Friedenspolitik.  
Bert the Evil: @ mutti: das sehr gut und durchaus auch vom israel-palästina-konflikt zu trennende phänomen "universale menschenrechte : vier welten" wäre durchaus mal einen eigenen thread wert. und ansonsten ist der punkt ja, daß du gerade nicht knowst, "where the wind blows": mir ist lediglich völlig schnurz, welche Erben der kreuzritter antisemitismus oder antiarabismus oder... oder... hervorbringen. der erreger dieser krankheiten IN IHNEN ist das problem; das andere sind austauschbare, lediglich verschieden ausbrechende symptome.  fuck pc!
mutti@t.sachichnich: also die 'gnade später geburt' macht einen noch lange nicht immun gegen politischen unfug... gehen wir mal davon aus, du bist in der alten ddr aufgewachsen. da war antizionismus staatsdoktrin während ich in der alten brd mit springers verdruckstem philosemitismus groß geworden bin. ist dann doch irgendwie folgerichtig, als westdeutscher linker in zeiten des kalten krieges auf der seite der palästinenser zu stehen.  
t.sachichnich: @mutti: ja, das muss man wohl springer (und adenauer) wohl anrechnen, daß sie versucht haben, dem antisemitismus der deutschen einen riegel vorzuschieben. aus welchen gründen ist mir erstmal egal. bevor jetzt wieder die mär von den staatstragenden antideutschen losgeht - ich bin (anders als wohl die bahamas) der meinung, daß man sehr wohl antikapitalist sein kann und trotzdem (bzw. eher genau deswegen) für israel eintreten muss. ansonsten weißt du ja, daß ich mich aufgrund meines nachwievor zarten alters für den staatsantizionismus der ddr-oberen nicht im geringsten verantwortlich fühle. .  
t.sachichnich: was für deutschlands linke "folgerichtig" ist, möchte ich angesichts der aktuellen entwicklungen lieber nicht beurteilen müssen...  
mutti: himmelhilf, lieber t.sachichnich! ichsachjanich, dass der alte, antizionistische konsens der brd-linken nicht auch irgendwie verdruckster antisemitismus war. wer sich wie wir damals so entschieden & emotional mit den 'opfern' der opfer des holocausts solidarisch erklärte, war im milden licht betrachtet, ignorant; im fahlen licht betrachtet, aber ein guter deutscher, an dessen wesen nach wie vor die welt genesen sollte. ich denke nur, dass die aktuelle debatte hier (auch) auf etuxx mehr über unser deutschsein als unser antikapitalistischsein verrät.  
mutti@t.sachichnich (forts.): ...und die antizionistischen gespenster von früher haben bis heute die wahrnehmungsweise der neuen mitte bis zur pop- & hippie-linken geprägt ("die armen palästinensischen kinder vs. den allmächtigen israelischen staatsterrorismus"). so reden&denken fast alle meine freunde und bekannten, (- die nebenbei bemerkt, mein derzeitiges engagement für eine zu belächelnde, philosemitische marotte halten.) hallo t.! es gibt eine welt da draußen, die ist jenseits von den pro+anti-eifereren auf indymedia.  
wir leben nicht mehr 1990: warum ist hier eigentlich immer noch die rede von pro/contra israel und pro/contra palästina? das ist doch spätestens seit 1990 nicht mehr das thema?! in beiden staaten bzw... gibt es jetzt diktatoren & kriegstreiber & leute, die mit dem krieg kohle machen. gegen die gilt es zu sein!  
&weiter: von daher stellt sich die frage mit antizionismus/antisemitismus auch gar nicht. wer ein feinbild braucht, suche es besser nicht in verallgemeinernden nationalen/religiösen/rassischen kategorien.  
denn: bisher profitieren einzelne wenige in ganz verschiedenen staaten von diesem krieg. übrigens auch christliche amerikaner, deutsche, jüdische russen, islamische kuwaitis etc. pp.  
bodo: werteste mutti, dass eine debatte wie diese mehr auf das deutschsein verweist, als auf das "antikaptalistischsein" (=sozialistisch? kommunistisch?) ist schlicht trivial. nationalität schreibt sich in die alle äußerungen des subjekts ein. man könnte mít fassbinder sagen "es spricht aus mir". eine sozialistische haltung ist eine bewusste position, sie bedarf der ständigen reflektion und trotz aller reflektion, taucht darin immer wieder das "deutschsein" auf. dies ist erst einmal so.  
t.sachichnich: @wir leben doch nicht mehr 1990: es ist schon bitter, daß für dich eine debatte zum thema deutsche linke und israel schon seit 1990 vorbei ist. danach war ja nichts, keine israelis, die sich vor mit deutschem geld hergestelltem giftgas eines saddam husseins in bunker flüchteten, keine großdeutsche wiedervereinigung, nix mit dutzenden geschändeten jüdischen friedhöfen...aber gegen den krieg bist du...wie die npd: "kein deutsches blut für fremde interessen"  
t.sachichnich: @mutti: ich glaub ja auch, daß das deutsche gutmenschentum sich leicht über bilder von kindern im kampf gegen panzer mobilisieren läßt, die alten erinnerungen, wie der großvater mit 16 gegen den iwan in die panzergräben gezwungen wurde, sind ja irgendwie doch vermittelt worden. allerdings frage ich mich dann doch, warum jemand wie joschka fischer das unbedingte existenzrecht des staates israel als grundlage seiner außenpolitik bestimmt, während selbsternannte anarchisten auf indymedia zur hatz auf "zionistenfreunde" blasen.  
Bert the Evil: eben: "...israelis, die sich vor mit deutschem geld hergestelltem giftgas eines saddam husseins in bunker flüchteten... großdeutsche wiedervereinigung... dutzende geschändete jüdische friedhöfe..." das ist die szenerie, vor der wir uns unbedingt bis auf messer und stein darüber zanken müssen, ob mehr die palästinenser oder mehr die israelis recht haben.  
t.sachichnich: @bert: das klingt so polemisch, daß wir uns aufs messer zanken sollen. messer sind allerdings schon gezogen worden, wie beim sturm auf die bahamasveranstaltung. und auch wenns nicht so angesagt ist: von einer linken, die sich mit der situation israels nicht auseinandersetzen will bzw. ganz bewußt mit judenhassern wie der hamas marschiert, trenne ich mich liebend gerne. wie das ganze dann inhaltlich aussieht - die praxis kennen wir ja jetzt - wird sich auf dem "esgehtumisrael"-kongreß im mai in der humboldt-uni zeigen. die redebeiträge vom 14.4. sind übrigens unter www.israel-soli.de.vu einzusehen.  
Bert the Evil: tja, es war wohl eher die polemik dagegen - aber wahrscheinlich braucht ihr's doch so. :-(( und das sind doch sehr verschiedene dinge, die dein "bzw." in eins bringt: "die sich mit der situation israels nicht auseinandersetzen will bzw. ganz bewußt mit judenhassern wie der hamas marschiert". z.Bsp.ist mir israel erst mal scheißegal: 1. weil es ein staat ist, 2. weil es auch ohne ihn antisemitismus gäbe und... und... und... Und andererseits sind mir islamistische (und jegliche anderen fundamentalisten, auch zionistische) aus vielerlei gründen herzlich und kopflich unsympathisch - auch wenn sie keine antisemiten wären oder nur unter anderem sind.  fuck pc!
Bert the Evil: kurz: es ist für mich höchst unergötzlich, zu sehen, wie in einem (verbalen) stellvertreterkrieg der deutschen linken untergeht, wer von deutschland aus giftgas-technik exportiert, öl- und großmacht-interessen verwirklicht und die bundeswehr zum friedensstiften runter schicken will. wir hätten (proisraelisch oder propalästinensisch oder...) erst mal viel gemeinsam zu verhandeln und zu tun, bevor wir auf diesen unterschied kommen müßten  
mutti@bert: nun ist aber mal gut! jetzt verweist du schon zum dritten mal innerhalb von zwei tagen auf deine eigene homepage...  
Bert the Evil: Ich denke, ich habe aber auch noch bißchen etwas anderes geschrieben, in dem ich mich bestimmt nicht bessern werde.  
wirleben@t.sachichnich: na, herzlichen glückwunsch für deine sachlichen beiträge. wenn du jetzt auch mal dein hysterisches emo-gedusel runterfahren würdest und die einzelnen teile n bissl sortieren tätst: mein beitrag war, dass die konflikt-linien aus linker sicht nicht wirklich zwischen zwei "völkern" liegt, sondern zwischen kriegstreibern und zivilisten. das mit den "völkern" ist, wie du richtig feststelltest, sache der npd & somit eher dein part. aber ihr findet ja auch die usa-politik toll, gell?  
Reaction: Als Grundlage für eine Kritik zu diesem Konflikt könnten die Diskussionen der Linken vor Ort, also in Israel und Palästina sein. Wobei mir keine einzige linke Gruppe in den palästinensischen Gebieten bekannt ist, Grund hierfür dürfte wohl das Fehlen von demokratischen Strukturen sein. Schuld daran ist, meiner Meinung nach, nicht die Regierung Sharons sondern der autoritäre Führungsstil der PA sowie die Vorherrschaft von islamistischen Gruppierungen. Somit ist mit der PA zur Zeit kein Staat zu machen.  
Reaction: Die Konfliktline verläuft tatsächlich zwischen "Völkern", schließlich ist das Bestreben vieler Gruppen in den palästinensischen Gebieten einzig darauf ausgerichtet möglichst viele Juden umzubringen. Einfach zwischen "oben" und "unten" zu unterteilen, greift zu kurz. Wenn die "Zivilisten" tatsächlich einfach nur Spielball von "Herrschenden" sind sollen sie halt die Regierung Sharon abwählen (Demokratie) bzw. die PA stürzen (Demokratie ist da ja nich so angesagt).  
Reaction: Die Aufgabe von radikalen Linken hier in fucking Dland ist in erster Linie dem Antisemitismus zu bekämpfen, der Konflikt vor Ort ist eh nur Realpolitisch zu lösen (eine kommunistische Revolution scheint mir doch ein wenig zu abstrakt).  
_autonomer_ data_changer: Die Verwendung eines Usernamens Redaktion in jeglicher Schreibweise verwirrt eine ernsthafte Diskussion sehr, da die (etuxx)Redaktion als Gruppe an keiner Diskussion teilnimmt. Der Eindruck wird aber Dritten dadurch vermittelt. Ich habe mir erlaubt, den Diskutiernamen redaction des "d"s zu berauben.  
Antikriegsarbeit in Israel: für eure terminkalenderchen - am freitag, den 26.04 findet um 20 uhr im Haus der Demokratie, Greifswalder Str. 4 eine veranstaltung statt: Nahostkonflikt ohne Ende? Ein israelischer Kriegsdienstverweigerer berichtet.  
mutti: danke,_autonomer_data_changer. ich war jetzt lange nicht drin und ein beitrag von "redaktion" hätte mich auch verwirrt.  
stefan: ein interessanter artikel zum thema aus der sz. etwas länger, lohnt sich aber...  http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/ar
Die Werbung: Der Neue Antisemitismusstreit - eine Chronologie auf  www.antisemitismusstreit.tk
t.s.: @wirleben: also gut, ich gebs zu: ich bin ein hysterisch duselnder emo-nazi, der aber aller widersprüche zum trotz die außenpolitik der usa bejubelt. zu deinen sachlichen beiträgen brauch man eigentlich nicht mehr sagen. aber wie schön, daß du nachwievor auf die trennung von (israelischen?) kriegstreibern und (pal.?) zivilisten beharrst.  
mutti: liebe leute: so richtig diskutiert wird hier seit tagen nicht mehr. abgesehen von einigen interesanten links werden hier nur noch statements hingeknallt (reaction, sachlich, der beleidigte bert, bodo, wir leben...) also internetusern, die offensichtlich schon sowieso alles klar haben! schade, weil: da bin ich bißchen altmodisch, denn ich glaube immer noch, dass eine fruchtbare auseinandersetzung mit argumenten unter uns möglich ist.  
mutti: deswegen stelle ich hier mal eine these auf (widerspruch welcome): mit der eskalation des israel-palästina konflikts (selbstmordanschläge/ramallah/dschenin) in den letzten wochen hat sich nicht nur in den medien und internationalen gremien der ton gegen israel verschärft, sondern es hat sich auch europaweit auf militanten straßenkundgebungen (von spanien über holland bis in die ukraine) einen seit der niederlage nazideutschlands 1945 nie dagewesener vernichtungswillen gegen israel und den juden allgemein manifestiert...  
mutti: ...das ganze angeführt von islamistisch orientierten, palästinensichen immigranten und ihren jeweiligen einheimischen, antisemitischen stichwortgebern (holländische friedenskämpfer, deutsche antiimperialisten, spanische seperatisten, ukrainische nationalisten). gleichzeitig erleben wir einen halbfaschistischen rollback in europa: neben berlusconiitalien und haiderösterreich hat jean-marie le pen ( wahlkampfzitat: "sozial bin ich links, wirtschaftlich rechts aber in erster linie national") den zweiten platz bei der präsidentschaftsvorwahl gemacht...  
mutti: ...ich glaube, dass sich in diesem wahlergebnis eine gefährliche tendenz widerspiegelt: frankreichs rassisten profitieren von den stimmen der arbeitslosen spießer und globalisierungsgeschädigten kleinbauern, die mit den deklassierten mahgrebs der banlieus nicht klarkommen. die anschläge auf synagogen (egal obs araber oder nazis waren) haben dort das wahlkampfthema "innere sicherheit" angeheizt und hierzulande verspricht schilys hektische reisediplomatie als reaktion auf die deutschen opfer eines antisemitischen anschlags in tunesien einen heißen wahlkampf...  
Sascha B.: Teilwiderspruch Frankreich betreffend, Mutti: Dass LePen vor Jospin liegt, ist auch dem unglückseligen europaweiten Trend der Sozialdemokraten zu "verdanken", sich von Konservativen und Neoliberalen nicht mehr unterscheiden zu wollen. Jospin ist in dieser Hinsicht eine besondere Enttäuschung, schien er doch anfangs sich der "Neuen Mitte" eines Blair und Schröder zu verweigern. 75 % der Französinnen und Franzosen werden am 5. Mai Chirac wählen und dann kotzen gehen, wie eine Kolumnistin treffend schrieb.  
Sascha B.: Über das Schweigen hier zum Thema Israel/Palästina würde ich mich gar nicht grämen. Das ist doch wohl auch Dir lieber als antisemitische Hetze oder eine Rechthaberei aus der komfortablen Distanz. Um Dir aber die Freude einer Reaktion zu machen: Ich finde die neueren Nachrichten aus Nahost so erschreckend, dass ich eine Israel-Soli-Veranstaltung erst dann wieder unterstützen würde, wenn einige Sachverhalte geklärt sind bzw. wenn ich Israel tatsächlich existentiell gefährdet sähe. Das ist im Moment meiner Meinung nach nicht der Fall.  
mutti: ...so, bevor's jetzt zu lang&konfus wird: mir gehts echt nicht in die birne, wenn einige hier immer noch glauben, irre links & fortschrittlich & revolutionär zu sein, wenn sie im einklang mit dem europäischen mainstream antiisraelische stimmung machen. damit dann auch die verbliebenen sozialdemokratischen regierungen ihre schamgrenzen ggü. israel aufgeben, weil jene sonst mit den law&order-faschisten von le pen bis haider nicht mithalten können, oder was?  
t.sachlichnich: liebe mutti, lieber sascha, ich glaube, daß israel seit seiner existenz nicht mehr so bedroht war wie im moment. dies ist der ausschlagebende grund für meine prinzipielle solidarität. wie mutti geschrieben hat, tobt der mob europaweit, eine derartige häufung von antisemitischen anschlägen hat es seit langer zeit nicht gegeben. dass sich die "globalisierungsverlierer" schulter an schulter aufmachen, den "endkampf" gegen den kapitalismus (und damit in erster linie gegen israel+ihre schutzmacht usa) zu forcieren, macht die sache nur schwieriger. aber:  
t.sachlichnich: es ist nun einmal so, dass uns die westlichen demokratien bzw. das bürgertum seit 1789 zumindest versprechen, wir hätten einen anspruch auf ein glückliches leben im diesseits, während die arabische welt nur 72 jungfrauen irgendwo anbietet. insofern stimmt die verkürzte jungleworldpolemik "fanta statt fatwa". und genau deswegen sollte israel der letzte staat sein, den wir "nachderrevo" abschaffen. von daher sag ich mit bauchschmerzen ja zum kapitalismus und zur zivilisation und ganz ohne skrupel nein zu sharia djihad.  
mutti@sascha: sach mal, was für sachverhalte willst du denn geklärt sehen? wenn du dschenin meinst, empfehle ich dir die lektüre von  der heutigen sz:
mutti@sascha & t.sachlichnich: also über das maß einer aktuellen, existenziellen gefährdung israels traue ich mir kein urteil zu. echt nicht. deswegen schließe ich mich euren einschätzungen (sascha: nicht schlimm; t.sach: ganz doll schlimm) nicht an. was mich in erster linie ängstigt, ist der aktuelle, antisemitische mainstream in europa, also der schulterschluß zwischen links & rechts, den möllemanns und menschenrechtsexperten.  
mutti@t.sachlichnich: also den palästinensern und ihren europäischen freunden pauschal zu unterstellen, sie seien alle fans von djihad und sharia ist kompletter unsinn und diese deine behauptung taugt auch nicht mehr für polemiken. und überhaupt finde ich es höchst merkwürdig, wenn du in deiner analyse(!) immer wieder zum ergebnis gelangst, den kapitalismus jetzt ganz doll lieb haben zu müssen. das check ich nicht.  
Sascha B.: Natürlich sind nicht alle Moslems Islamisten, Mutti. Diese Aussage hilft uns allerdings nicht weiter. Der friedfertige Islam ist genauso ein Konstrukt wie der prinzipiell militante. Aber welches Konstrukt ist wohl wirkungsmächtiger? Immer wieder lese und höre ich von den wenigen "aufgeklärten" Moslems, der Islam sei eigentlich gar nicht so... Aber über die theoretischen theologischen Potenzen dieser Religion diskutiere ich dann doch lieber zu anderen Zeiten. Und auch die säkular orientierten Palästinenser spielen im Moment eine so untergeordnete Rolle wie leider auch die israelische Friedensbewegung.  
Sascha B.: Ich spüre einen gewissen Druck zu sagen: Dies ist nicht der richtige Moment, um Israel zu kritisieren. Die Konsequenz daraus wäre aber ein Freund-Feind-Denken. Eine klassische Kriegssituation; für Einwände ist da kein Platz. Ich habe aber nicht die geringste Sympathie für die religiöse Rechte in Israel und mag sie nicht anders beurteilen als palästinensische Gotteskrieger. Es ist z.B. ein Skandal, dass die IDF militante SiedlerInnen schützen und tausende Soldaten ihr Leben für diese Unbelehrbaren auf´s Spiel setzen müssen.  
Sascha B.: Die massiven Menschenrechtsverletzungen durch Israel sind auch eine Tatsache. Dass dies den Antisemiten weltweit einen Vorwand liefert für ihre widerwärtige Agitation, für Anschläge auf jüdische Einrichtungen, für Angriffe auf Jüdinnen und Juden, war abzusehen. Wir sollten versuchen, dies zu entlarven als das, was es ist: eben ein Vorwand. Antisemitismus scheint mir bis auf weiteres unüberwindbar. Israel ist militärisch stark genug, um sich (ein weiteres Mal) seiner arabischen Feinde zu erwehren; auch deswegen habe ich keine Sorge um Israels staatliche Existenz. Alles, was ich hoffen kann, ist, dass auf den derzeitigen "heissen" eine längere Priode eines "kalten" Kriegs folgt.  
Spark: Ich bin genervt und verwirrt. Ich spüre den Druck (den ich mir auch selber mache), nach allen Seiten erst einen Absicherungs-Kotau machen zu müssen. Das alte antisemitische Gekotze geht wieder los, genauso wird aber auch bequemerweise von mancher Seite refelexartig allen Scharon-Kritikern die moralische Integrität abgesprochen. Dumme Scheißarroganz aller Orten.  
finderin: no comment  on this
mutti@finderin: na toll! wenn uns nix mehr einfällt, machen wir was mit schwänzen.  
1.TEIL - von KK: Ok, zum Antisemitismus : Ich denke viele Juden ( die extremen ) beschwören diesen durch ihren Zionismus herauf : Wer sich ständig als "gegen die Wand" gestellt sieht, und "allein auf dieser feindlichen Welt" , dann einen "Gottesstaat" errichten will und schließlich auf den Rest der Welt nicht hört, - (Ich frage mich, wieso das Irakische Volk leiden muss, und ein Herr Sharon eine Un-resolution nach der anderen brechen kann, ohne auch nur eine Sanktion zu ernten ) , - der ist für mich Weltfremd, egoistisch und selbst schuld, wenn er kritik erntet! ----------------  
2.Teil - von KK: Zum anderen, ist es schlimm von der derzeitigen Imperialmacht USA, dass sie die ganze sache derzeit gar nicht zu realisieren scheint : Ist denn Unterdrückung kein "Terror"? Ist die "erste" Gewalt in diesem Teufelskreis nicht der stille Terror,den der Staat israel an der Nativen Bevölkerung PAlästinas anwendet ( Siedlungspolitik, Landnahme, Vertreibung, Wasserkosten für Palästinener sidn in dieser trockenen Region 3 x so hoch wie für eienn Siedler )?  
3.Teil von KK: Die "zweite" Gewalt ist dann der verzweifelte Befreiungskampf der PAlästinenser : erst noch mit Waffen und Armeen und seit der Zeit der Intifada mit Suicid-Bomben, denn was soll man auch gegen einen Überlegegenen Feind anderes Tun als ihn zu demoralsisieren ( ICH VERURTEILE HIER DIE ATTENTATE, ABER ICH SAGE ICH KANN NACHVOLLZIEHEN, WARUM ES SOWEIT KOMMT ! Anm.d. Autors)  
4.TEIL- von KK: Die 3.Gewalt ist dann eben die "Defens-Policy" von Israel, bei denen es immer mehr gegenschläge und Verhaftungen gibt, und bei denen die Palästinenser weiter Diskriminiert werden. ( z.T. Stunden lang an Checkpoints warten, wenn die Straße nur für Israelis freigegeben ist. Die Armee dringt in Häauser ein, nimmt CCivilisten fest etc. )  
nc: kk, das ist doch quark. antisemitismus gab es, lange BEVOR die heute lebenden juden und jüdinnen ihn "heraufbeschwören" konnten. wenn du da sagst: "selbst schuld", wiederholst du ein muster, nach dem antisemitismus schon immer funktioniert hat (nur war früher der christus-mord die "erste gewalt"). und noch was: ja, landnahme und wasserverknappung sind "gewalt", von mir aus kannst du das auch "terror" nennen. die attentate auf cafés etc. sind aber ebenfalls terror. das kannst du nicht einfach weglassen.  
nc: dein reden von einer "ersten" gewalt und von einer "nativen" (eingeborenen) bevölkerung macht es übrigens nicht einfacher, in dem konflikt eine lösung zu finden. ich finde, das ist ein ganz fieses andocken an befreiungsdiskurse, die in diesem konflikt eben nicht passen. weder in seiner entstehung, noch in möglichen lösungen -- dort kann sich keine der beiden seiten von der anderen befreien.  
nc: kk, um es klar zu sagen: ob man an den attentaten etwas "nachvollziehen" kann (im psychologischen sinn von 'verstehen') das ist doch nicht die frage. ich kann das z.b. nicht. die frage steht politisch: wie kann das gestoppt werden? wenn du die attentate nur als reaktion auf etwas begreifst, das ihnen (zeitlich und ursächlich) vorausgeht, und du erst die unterstellte ursache abschaffen willst, damit sie aufhören, dann kommst du einer lösung keinen einzigen schritt näher.  
nc: zu diesen ursachen gehören übrigens auch politische dynamiken innerhalb des palästinensichen staatsapparats, die konkurrenz verschiedener palästinensischer gruppen um politischen einfluss, die interessen anderer arabischer staaten, usw. -- lass es nicht so aussehen, als ob da nur ein geknechtetes volk um seine freiheit kämpft. das ist echt 80erjahre-mäßig.  
Bert the Evil: @nc: es war ja nicht alles schlecht, was in den 80er jahren war... aber im grunde kann ich dir recht geben: in der aktuellen situation ist das eine immer die ursache des anderen, gleich be(un)rechtigt, und für linke sollte es nur die eine parteinahme geben: für die, die daraus aussteigen wollen.  
mandy: ach, allet papalapap! deutsche werden immer anti-semiten bleiben. egal, ob links, rechts oder sonst wat. ick bin fuer 'ne mauer, die die gebiete voneinander trennt. hat ja ooch in berlin funktioniert und uns lange vor coca cola bewahrt.  
von mir: Feine Exemplare der kämpfenden palästinensischen Volksgemeinschaft gibts  hier.
taz-leserIn: Diesen Artikel möchte ich Euch ans Herz legen:  Tsafrir Cohen: Das doppelte Tabu
taz-leserIn: außerdem:  Tsafrir Cohen: Illegal in Israel
sslicha: reigen verlinkter artikel, fortsetzung: essay in der ZEIT von leon de winter: ich klage an.  zeitessay
mutti: die ZEIT habe ich mir wegen leon de winter heute gekauft. (der schreibt by the way auch klasse krimis.)  
friseurlehrling: Bert, das ist viel zu lieb gesagt!  
Lore@mandy: Die Idee der trennenden Mauer hat übrigens ein Gush Shalom nahe stehender isrealischer Bürger neulich im Gespräch formuliert. Nach 28 Jahren kann man sie dann ja wieder einreißen...