Der 1. Mai in Kreuzberg -
diesmal anders


Die sich alljährlich wiederholenden "politischen" Ereignisse des 1. Mai in Kreuzberg wirken auf Außenstehende oft befremdlich oder grotesk. Die Demo zieht durch Kreuzberg, unvermeidlich scheint das Ende: dicke Tränengasschwaden, Steine fliegen durch die Luft, irgendwo schreien Menschen, Verletzte liegen auf dem Boden, knüppelschwingende Polizeihundertschaften, die beliebig Menschen verhaften, oder die hektisch und planlos umherirren.



Einige Stunden später trifft man sich mit Freunden in einer Kneipe, trinkt mehrere Pils und leckt sich die Wunden. Der Versuch sich an diesem Tag politisch zu äußern, hat umgekehrt proportional zur steigenden Teilnehmerzahl abgenommen. Kaum Transparente und nur wenige Flugblätter. Und noch vor dem letzten Redebeitrag liegt Kreuzberg in dichten Tränengasschwaden. Die politische Artikulation scheint ihres Sinnes enthoben.

Ähnlich einer Invasionsarmee okkupiert die Polizei den Kreuzberger Bezirk. Mit dem massiven Polizeiaufgebot wird die fundamentale Gesellschaftskritik präventiv für illegitim erklärt. Der politische Raum ist schon vom Ende her, nämlich durch Steinwürfe und Massenverhaftungen, definiert.

Dem will ein Bündnis entgegenwirken. Mit folgender Zielsetzung:

1. Rückeroberung der Politik; den 1.Mai in seiner Tradition der fundamentalen Gesellschaftskritik in den Vordergrund stellen.

2. Kreuzberg bleibt polizeifrei; denn die Polizeidominanz eskalierte bewusst in den letzten Jahren die Situation.



Zugegeben: ein hehres Ziel, das sich nur schwer verwirklichen lässt. Aber weshalb nicht das Experiment wagen? Denn die ritualisierte Auseinandersetzung wurde von vielen von uns als politische Sackgasse empfunden. Wir möchten deshalb im Vorfeld mit vielen Menschen ins Gespräch kommen und die Idee eines anderen 1. Mai diskutieren. Wir möchten der Legitimität fundamentaler Kritik einen Raum verschaffen und mit vielen Gruppen und Menschen über einen anderen 1. Mai reden. Bislang sind sehr unterschiedliche Menschen an dem Projekt beteiligt, von der AAB bis zum FU-Prof.

Im Rückblick auf das bisherige Geschehens wurde ein Vorschlag entwickelt, der die selbstbestimmte Gestaltung dieses Tages neu anstrebt. Nur indem man im vorhinein auf die politischen Entscheidungsgeber des rot-roten Senats Druck ausübt, ist eine andere Tagesgestaltung möglich. Vorausetzung für das Fernbleiben der Polizei ist eine sehr grosse Teilnehmerzahl, beispielsweise 40.000 plus x. In einem breiten Bündnis von Anti-Globalisierungsinitiativen, Antifagruppen, Bürgerrechts- und Menschenrechtsgruppen, Bürgerinitiativen, Parteien, Migrationsprojekten, Schulen und SchülerInnen, Hochschulgruppen, Antirassistischen Initiativen, kritischen Gewerkschaftern u.v.m. wollen wir etwas anders ausprobieren, unter Ausschluss politischer Parteien.

Ziel des Projektes ist es, aus dem 1. Mai 2002 eine offene Veranstaltung zu machen, auf der die politischen Inhalte wieder im Vordergrund stehen.

Dabei sollen möglichst viele brisante Problemdimensionen behandelt werden, ökonomische, politische, soziale, kulturelle und individuelle . Und das, ohne im Sinne eines sozialarbeiterisch befriedenden Ansatzes Abstriche von den politischen Forderungen zu machen. Von A wie Antifaschismus bis Z wie Zapata ist alles möglich. Nicht nur eine große Teilnehmerzahl für eine Demo und ein Fest sind entscheidend. Es kommt auf die Ausgestaltung und die Vermittlung von Kritik an. "Wenn ich hier nicht tanzen kann, ist das nicht meine Revolution!" (Emma Goldmann).



Bisher ist ein großes Konzert am Abend vor dem 1.Mai in Kreuzberg geplant. Am 1. Mai soll es mittags mit Diskussionen, Infos etc. beginnen; das Mariannenplatzfest geht dann nachmittags los, wie immer mit vielen Bands, Ständen etc. Zudem soll um 18 Uhr die revolutionäre 1.Mai-Demo beginnen. Während des ganzen Tages werden politische Initiativen ihre Projekte in vielfältiger Form vorstellen. Dabei soll kein Jahrmarkt der Beliebigkeiten geboten werden, stattdessen stellt ein breites politisches Spektrum der Linken die Notwendigkeit von Kritik dar.

Auch die Kritik an einem rot-roten Senat lässt man sich nicht verbieten. Wir wollen dem neuen Stadtregime nicht den Rücken frei halten durch einen befriedeten ersten Mai, sondern wir wollen durch die Rückeroberung politischer Handlungsmacht Veränderung denkbar machen, bei der die Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse der Ausgangspunkt ist. Denn Kritik ist bekanntlich der Kopf der Leidenschaft.

Das Projekt ist offen und in seiner Gestaltbarkeit von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie den Vorbereitenden mit einem eigenständigen Charakter bestimmbar. Wir sind gespannt auf Kritik und Anregungen. Und es kann sich jede und jeder einbringen in die Gestaltung eines anderen revolutionären 1. Mai in Berlin-Kreuzberg.


(Der Autor ist der Redaktion bekannt.)

jaja: ich dachte, über den status der "bessermacher" seien wir hinaus?! haben wir nicht letztes jahr gelernt, dass es keine "verbesserung" gibt, sondern nur eine perfektionierung des kapitalistischen systems? ist nicht tatsächlich das beste argument für einen 1. mai die absolute destruktivität, die scheinbare sinnlosigkeit? ist nicht der größte feind des kapitalismus der tod?  
ohoh: ich dachte, über den status der "destruktiven" sind wir hinaus?! ist die klamotte "macht kaputt, was euch kaputt macht" nicht längst überholt? sind wir immer noch nicht erwachsen geworden? ist nicht das bessere argument die subversion? und ist nicht der größte feind der subversion die fantasielosigkeit?  
die neue welt: jo, und aus diesem grund rufen wir immer wieder "wir sind die guten ihr werdet`s nicht vermuten" gehen nach hause und geben uns dem alkoholismus hin. und wissen DAS richtige getan zu haben. ach ich vergass: und natürlich hören wir mit inbrunst ernst busch. obwohl wir ja so tolle herrschaftsfreie anarchisten sind. so ist`s.  
kraischkowka: wieso ist soubversion nicht destruktiv, wieso wiederspricht sich "macht kaputt was euch kaputtmacht" mit subversion, und wieso kann destruktion nicht auch fantasievoll sein ??? fragen über fragen...  
Kraischkowka: das personenbündniss zum ersten Mai liest sich übrigens wie das who is who linker Karieristen, mit dabei mnitglieder der Kriegsparteien rot und gruen, das programm liest sich wie der kleine Leitfaden zur modernisierung der kapitalistischen Zivilgesellschaft. Liebe etuxxler, warum äussert ihr euch eigentlich nicht inhaltlich dazu ??? oder hält bei euch jetzt die Beliebigkeit Einzug ??  
Kraishckowka: Bezeichnenderweise enthält der Aufruf, den der Multifunktionär von Attac / Euromärsche Sascha Kimpel in der Gegend rumpostet auch die Zielvorgabe "Gewalt unmöglich zu machen" Wenn deutsche Linke aus regierungsnahen Beraterpositionen solches fordern, sehe ich schon den Ordnerdienst dieses Bündnisses Polizeiaufgaben übernehmen. Mit einem Spektrenübergreifenden "zivilen Ungehorsam", wie bei den Tutte Bianche in Italien hat das jedenfalls nichts zu tun  
Kraischkowka: Will sagen, die inhaltliche Schärfe des Gründungsaufruf fällt weit weit weit hinter die bisherigen 1.Mai Aufrufe zurück, dabei raus kommt ein bisschen gejammer über Sozialabbau, für schöner unsere Kieze, Multikulti und gegen unangemessene Polizeigewalt...In Zeiten neuer deutscher Grossmachtwünsche und realer Kriegführung nach innen wie nach aussen und einer forcierten rassistischen Entwicklung ein absolutes armutszeugniss. Was die AAB in diesem Bündniss zu gewinnen hofft ist mir schleierhaft, auch wenn ich den taktischen Hintergedanken, ihr Demo-Konzept durch die bürgerliche Linke absichern zu wollen, natürlich verstehe.  
kraischkowka: Ihr Plakat vom letzten Jahr "Das Ende der Gewalt" bekommt vor diesem Hintergrund natürlich einen sehr bitteren Beigeschmack, biedern sie sich doch auf diese Weise den linken Konfliktverwaltern an, die einen sehr bürgerlichen Gewaltbegriff haben, was die AAB in ihrem letztjährigen Aufruf ja auch richtig analysiert hatte. Das ist natürlich -und da wird die Sache eben trostlos- eine richtige Einschätzung der eigenen Schwäche, denn schon letztes Jahr wäre die Demo ohne linksliberale Unterstützung wahrscheinlich gar nicht losgegangen. Wir können nur hoffen, dass auch dieses Jahr alles ganz anders kommt, als sich das diese langweiligen NGO-Politiker so vorstellen.  
b: also momement mal, so wie ich den aufruf verstehe geht es in erster linie um ein bullenfreies kreuzberg und um politische inhalte. ich denke schon, dass das mit dem ersten mai so nicht weitergehen kann, is doch tatsächlich ziemlich sinnentleert. steineschmeissen mag zwar lustig sein, aber links is dat noch lange nicht. übrigens finde ich es nicht so toll leute hier persönlich anzugreifen.  
Kraischkowka: Zitat Aufruf Personenbündniss:"Die Attraktivität muss so groß sein, dass 40-60.000 Berliner und Berlinerinnen das neue Projekt Kreuzberg 2002 besuchen und die Massenpräsenz eine neue Qualität von themenbezogener Auseinandersetzung schafft und Gewalt unmöglich macht."  
Kraischkowka: Es ist doch nicht zu übersehen, dass hier die neuen linken mittelschichten den Berlinern ihr Kreuzberg zurückgeben wollen. Das ist doch nichts anderes als alternatives Kiezmanagement, was hier geplant wird. Ausserdem: Wer bitte wurde denn persönlich angegriffen ???  
ein kenner@Kraischkowa: Den Aufruf, den du meinst ist obsolet. Aber die von dir zu recht kritisierte Befriedungsstrategie, sollte nicht dominant werden. Aus diesem Grund diskutiert man ja hier.  
kraischkowka: das sind ja interessante detail informationen...wieso ist der obsolet und seit wann ??? es ist gerade drei tage her, das der per mailing liste mit bitte um kenntnissnahme und unterstützung eintrudelte ??? und was bitte können diskussionen auf etuxx der geballten pr-Macht diese "Personen" bündnisses entgegensetzen ??? Mir sind bisher auch wenig überzeugende konzeptionelle überlegungen zu politisch bestimmter, radikaler Bündnissarbeit bekannt...  
Gähn: Wenigstens mcht sich in dem Artikel oben mal jemand Gedanken. Ich für meinen Teil finde ja traditionelle erste mai randale un-glaub-lich-trost-los.("weissunoch, damals bolle am kotti, icke un die bullen, blah, blah") Das zeigt niemand irgendwas. ausser das alles ist wie immer, und "wir auch noch da sind" ... Rituale, Rituale...  
pilzi: Ich sach ma: VERMARKTEN!!! Es ist so klar wie Rindsboullion, die linken Splitter sind so autonom, dass einige sich das Steinesschmeißen nicht verbieten lassen wollen. Außerdem ist es fast die einzige Gelegenheit im Jahr, mal mit der Macht (Polizei) Armdrücken zu veranstalten. Dass jemand bei dem Live-Abenteuerspiel zu Tode kommt, ist sehr unwahrscheinlich, deshalb lassen sich so viele drauf ein: ein Erfolg der linken Demokraten oder einer demokratischen Linken, dass solche Spielchen funktionieren und diesen Rahmen haben. Um Inhalte geht es vielen nicht wirklich.  
pilzi: Die Polizei wird ähnlich konditioniert – und wartet darauf, endlich einsetzen zu dürfen, was man monatelang probte. Dann setzen wir den jungen Männern und Frauen noch ein bisschen Extra-Adrenalin, indem wir sie 72 Stunden-Dienste usw. schieben lassen. Und das Ritual kann beginnen. Es ist auch nicht zu verhindern. Es braucht einen Rahmen, der 1.Mai. Gerade die politische Kultur- Einheit SO36 könnte dieses aufgreifen, entsprechende Pressekonferenzen und Interviewtermine koordinieren. Die besten Web-Cam-Platze werden an Spiegel-Online und Indymedia vermietet, vielleicht darf indymedia auch umsonst, weil sie damals und das Esso ... ... . (alte Seilschaften).  
pilzi: Worauf es ankäme, es darf nicht gestellt aussehen, das wichtigste 2002: Authentizität ist wichtig. Die Handlung darf nicht gestellt wirken. Kämpfer auf beiden Seiten brauchen das als Antrieb. Wüßte man, dass man hier im organisierten Abenteuer-Spiel-Platz für große Kinder mit Krankenwagen und Netz und doppelten Boden spiele, nein keiner würde kommen. Neben CSD und Love-Parade muss es uns gelingen, auch den 1.Mai zu einem Standort Berlin Faktor zu machen. Herr Gysi und die PDS haben Erfahrung im Showkampf (PDS:KPDRZ), .... .  
Grossmufti: Die Macht = Die Polizei. Es tut mir leid pilzi, aber das musst du mir erkären. Wenn Du meinst die Polizei, sei Die Macht. Dann bitte ich um Erläuterung. Die Polemik mit dem Standortfaktor Riot/SO36 is ja ganz nett, aber was is nun dein Vorschlag?  
Hans: Sollen dort auch was lesbisch/schwules passieren?  
Leo: Am 1. Mai war die CDU-Innenverwaltung tatsächlich nichts weiter als der politische Arm der Polizei. Wer das Drehbuch vorgibt hat die Macht. Jetzt ist Saberschinsky verabschiedet, aber das spezifisch Neue an der dargestellten Initiative sehe ich nicht, mein Eindruck ist, die AAB möchte den selbstverschuldeten Mangel an politischem Umfeld unter Rückgriff auf das Globalisierungsgegnerspektrum kompensieren. Seit ich zurückdenken kann, sollte es bis jetzt jedes Jahr ganz anders und besser sein als die Jahre davor, aber es wirkt immer weniger davon über den Tag hinaus.  
pilzi @ Grossmufti: Macht gemeint als einer der Mächte: z.B. außerparlamentarische, mediale, exekutive (ausführende/umsetzende) = Polizei, judikative (gesetzgebende) .....  
Leo: So richtig die Forderung "polizeifreies Kreuzberg" ist, ihre einzige Funktion besteht leider darin, zum Nachdenken anzuregen, warum sie auch mit Rot-Rot nicht realisierbar ist. Aber da war noch die alte PDS-Forderung nach einer Nummernschildpflicht für Riotcops. "Zur Förderung von Bürgernähe und Transparenz werden - wie in Großbritannien und den USA seit langem bewährt - Berliner Polizeibeamte eine individualisierbare Kennung gut sichtbar an ihrer Uniform tragen. (...) Die Polizeiarbeit in besonderen Einsatzlagen ist geprägt von Vorausschau, Einfühlungsvermögen und Kooperationswille." Ob sich die Regierung in drei Monaten noch erinnern mag an an die  Koalitionsvereinbarung?
Hans: Die Nazis demonstrieren ebenfalls am ersten Mai. Was nun?  
mandy: vielleicht sollten die damen auch mal aktiv werden und nicht nur schwafeln?!  
stromer: Politische Inhalte sollen vermittelt werden!? Angesichts der aufgezaählten politischen Gruppierungen ist dieses Ziel bereits wie sau ad absurdum geführt. Wie kann mensch von radikaler Gesellschaftskritik reden und sich selbst die militante Option mit "Kiezmanagement" (sehr richtig bemerkt!) zerstören? Eine Demo ist nur dann subversiv, wenn sie ausser Kontrolle ist! So ein "Protest"-Jahrmarkt ist doch per se system-affirmativ. Was die VeranstalterInnen hoffen, vermitteln zu können, ist dabei völlig unerheblich. Ich fand den ersten Mai vor diesem Hintergrund alles andere als bedeutungsleer! (Traurig ist daran allein di unheimliche Mackerei, die nur allzu oft zu Tager trat...)  
madelene: also "systemaffirmativ" ist ja nun echt das coolste wort der letzten drei wochen. stromerle, willste nich mal kurz erzählen, welches "system" da affirmiert wird? die berliner polizei, die brd, großdeutschland? e.u.? oder gleich der ganze kapitalismus, so ganz im allgemeinen? und dem würden wir aber entkommen, wenn die demo "außer kontrolle" gerät? so wie die letzten jahre auch immer, wo wir am 1.mai immer so prima außer kontrolle und also raus aus dem kapitalismus waren -- isses das, was du meinst?  
OA: Wo ist eigentlich Herr Stromer am 1. Mai? Wäre schön, wenn dieser Aufruf hier, so unglücklich er sein mag, endlich mal dazu bewegen könnte, daß hier (Gegen-)Vorschläge unterbreitet werden. Die Fundamentalkritik (wenn ich schon das Wort radikal in dem Zusammenhang lese, bekomme ich einen Gähn-Reiz) ist leeres Geplapper.  
Kraischkowka: so leeres geplapper ist das nun auch nicht,was der herr stromer da vom stapel lässt. wers nicht glaub sollte sich den Artikel der Berliner Zeitung vom 12.2. durchlesen, was da ein gewisser Herr Prütz oder so von der PDS zu erzählen weiss. Da geht er schon los der Distanzierungstango. Das ist nämlich genau das (vorraussehbare)Problem, was ich oben meinte, an solchen "Personenbündnissen", in denen Platz für profilneurotische Intressen von Parteipolitikern bleibt...  
kraischkowka: Ich möchte an dieser Stelle noch auf die Sonderseite zum ersten Mai beim Stressfaktor verweisen, wo alles zur Sache gesammelt wird und auf den Text der autonomen Kommunisten, der zwar nicht das non plus ultra ist, aber die grundsätzlichen Funktionsweisen dieses bürgelichen Politikansatzes sehr gut auf den Punkt bringt. Weitere Diskussion folgt???  
B.: Was ist, denn die grundsätzliche Funktionsweise des bürgerlichen Politikansatzes, außer Aufrechterhaltung von G-W-G` und der dazu notwendigen Instanzen?  
Linksklave: Hier geht's zur  Streßfaktor-Sonderseite zum 1. Mai 2002
Leo: Bei mir kristallisiert aufgrund der Quellen folgendes Bild heraus: Da ab einem bestimmten Level ohnehin die Polizei einreiten wird, wird sich die AAB/Grottian-Initiative hauptsächlich auf die Vorabpräsentation des 1. Mai in der bundesweiten Presse auswirken. Die Innenverwaltung hat begriffen, daß sich Schlagzeilen der Sorte "Krawalle erwartet" in einer Art, an der sie kein Interesse haben kann, auf das Anreiseverhalten auswirken und versucht diese zu dämpfen. Weitere Maßnahmen, die an dieser Stelle ansetzen, sind wahrscheinlich. Wenn ich so in meine Glaskugel gucke, vermute ich, daß stärker als bisher die Polithooligangesetzgebung eingesetzt werden wird, um die Anreise zu reglementieren.  
B.: Ich denke wenn du recht hast leo, wäre die Initiative gescheitert. die initiative sollte als möglichkeitsraum genutzt werden, man sollte jetzt über alle negativen mittel- und langfristigen konsequenzen dieser aktion sprechen. - das papier im stressfaktor ist garnicht so schlecht, bis auf ein paar übliche abgrenzungen. aber eigentlich ein ansatz der sich zu diskutieren lohnt, denn natürlich darf der erste mai nicht von profilneurotischen einzelpersonen, sozialarbeitern und nem prof organisiert werden. pathetisch ausgedrückt: es muss von unten kommen!  
gigi: mit diesem aufruf hat die AAB endlich mal ihre maske fallen lassen. die kungeln schon lange mit den bürgerrechtlerInnen rum, angefangen von der "plattform gegen rassismus in staat und gesesellschaft" (humanistische union usw.) über die gegendemo gegen das demoverbot letztes jahr (grüne usw.) bis hin zur zusammenarbeit mit dem ehemaligen rechten flügel im asta der fu (jungdemokratInnen usw.).  
gigi: im stupa der fu haben sie letztes jahr sogar über den tolerierungskompromiss mit den jungdemokratInnen hinaus als einzige(!) linke gruppe für den bedingungslosen eintritt in den "freien zusammenschluss der studierendenschaften" (fzs) gestimmt. zur information: dieser hatte sich nur wenige wochen zuvor den rechts-asten aus rcds und burschenschaften geöffnet. wer die AAB für eine militante linksradikale gruppe hält, ist einfach auf dem falschen dampfer  
gigi: das ganze konzept der sog. popantifa, wie es von der antifa[m] in göttingen begründet wurde, ist die ersetzung von realer durch sog. symbolische militanz bei gleichzeitigen geheimabsprachen mit der polizei. nachzulesen ist das en detail in: schultze/gross, "die autonomen". insofern sind AAB und antifa[m] nie etwas anderes gewesen als befriedungsstrategen und abwickler der autonomen bewegung. die überraschung dürfte also bei leuten, die nachdenken können, nicht allzu groß sein: wer sich organisiert, hat keine revolution im sinn, sonst würde er dem staat nicht seine breitseite zeigen.  
kraischkowka: "wer sich organisiert, hat keine Revolution im Sinn..." oh je gigi, muss leider noch arbeiten, sonst würde die kommentarspalte hier heute noch wachsen, aber die tage vielleicht mal...  
B.: wertester gigi, deine revolutionäre politik ist mir sehr wohl bekannt. und ich muss sagen, dass dein gestus und dein einsatz (immer 150%) "sehr" revolutionär ist, nur wie wir von marx wissen, fallen das wesen der dinge und ihre erscheinung nicht in eins.  
gigi: hallo b.: nicht immer! "nicht immer", so heißt es korrekt bei marx. derselbe sätze fällt mir bei der selbstdarstellung, die du von deiner unigruppe gibst, auch immer ein.  
Sascha B.: Hey, Ihr Zicken! Aufhören mit der persönlichen Anpisse hier! Verabredet doch ein Duell im Grunewald. Da sekundiere ich gerne... Uppercuts statt Marx-Zitate, jau!  
Leo: @ B.: Dann wäre die Initiative gelungen, aber die "Rückeroberung der Politik" gescheitert, ein feiner Unterschied. Einer "Rückeroberung der Politik", die genau überhaupt gar nicht an die Kritik am Konzept Popantifa anknüpft, die es sei 3-4 Jahren an der Basis der Antifa und der autonomen Szene gibt, sondern dem 1. Mai von außen übergestülpt und völlig out of the box präsentiert wird, gebe ich allerdings auch nicht allzuviele Chancen. Mal sehen, wie sich die AAB verhält wenn Teile der Maidemo nach Mitte gehen wollen und es deswegen zum Konflikt mit der Polizei kommt. Rückeroberung der Politik heißt die Proteste ins Regierungsviertel tragen.  
Leo: Und dann waren da noch die Nazis. Körting wird versuchen, die Sache wieder ohne Demoverbot abzuwickeln. Das hat den Vorteil, daß es dann kein Gerichtsurteil gibt, wo die Antifa die Naziroute nachlesen kann und daß die Polizeipressestelle spontane Kürzungen der Strecke als geplant hinstellen kann. Der Nachteil ist, daß es ohne Gerichte vie schwieriger ist, die Nazidemo an den Stadtrand zu verlegen und daß Geheimverhandlungen mit der NPD gerade einen schlechten Kurs in der Presse haben.  
Leo: "Insbesondere war aus Sicht des Gerichts rechtlich nichts gegen die von der Behörde auf Kreuzberg beschränkte Route einzuwenden, da bei einer Wegstrecke durch das neue Geschäftsviertel in Berlin-Mitte angesichts des Mottos der Veranstaltung "Imperialistische Zentren angreifen" in diesem Bereich mit Sicherheit erhebliche Ausschreitungen zu erwarten gewesen wären."  (VG Berlin 27.04.2000)
Leo: Die Auflagen  (VG Berlin 28.04.2000)
Leo: "Die auferlegte Beschränkung der Route auf den Bezirk Kreuzberg statt auch durch Mitte wurde damit begründet, dass die gewählte Aufzugsstrecke anderenfalls an verschiedenen "Konsumtempeln", "Nobelgaststätten" und "Schicki-Micki-Läden" vorbeiführen würde, die als "Reizobjekte" zu Steinwürfen animieren könnten."  (OVG Berlin 29.04.2000)
Leo: "Auf der anderen Seite rechnet der Polizeipräsident in Berlin mit (...) der besonderen Gefährdung bestimmter Objekte in Berlin-Mitte."  (BVerfG 30.04.2000)
Hans: Was ist denn bitteschön, die Basis der Antifa und Autonomen Szene, die die Jahre zuvor ausgegrenzt worden sei?--- Das Motto "Rückeroberuung der Politk" ist tatsächlich ziemlich beschissen. Allerdings ist eine explizite Auseinandersetzung im Viertel mit, den zu kritisierenden Gegenstände eigentlich ganz schön. Warum nicht vorher zum Infostand gehen und Infos holen und ne `Woche später mit Freunden zum Potsdamerplatz, wissen umsetzen.  
Leo: Damit meine ich diejenigen Gruppen und Leute, die am 1. Mai regelmäßig die Proteste gegen die Aufmärsche der NPD/VS durchführen.  
Hans: Leo, zwischen den Leuten die Proteste "durchführen" und einer vermeintlichen "Basis" besteht ein himmelweiter Unterschied. Und niemand kann für sich allein in Anspruch nehmen, für die Basis zu sprechen.  
eine kreuzbergerin: ob mit stöckeln oder ohne: Grottian interessiert mich nich die bohne!!! für einen revolutionären 1. mai 2002! 1.MAI - BULLENFREI! Autonome Republik Kreuzberg fordert, Häuser zu besetzen, eröffnung von kuschelräumen!  Für einen Revolutionären 1. Mai 2002!
Leo: Ich spreche für gar niemanden außer mich selbst. Ich wollte damit nur sagen, wer denkt, daß der 1. Mai früher mal besser, politischer war und wie man das wiederkriegen kann, sollte nicht vergessen, daß es da auch noch nicht nötig war, sich an diesem Tag in größerem Stil um Nazis zu kümmern.  
Hans: Diese ganze Ablehnung des Personenbündnis und die Kaprizierung auf einen vermeintlich wirklich revolutionären Standpunkt ist absurd. Das Personenbündnis wollte nie über die sozialen Gruppen hinweg entscheiden, sondern Möglichkeitsbedingungen schaffen damit radikale Gesellschaftskritik hörbar wird. Und soziale Gruppen sollten diesen Tag dann nutzen um ihre radikale Gesellschaftskritik an die Leute zu bringen.  
Hans: Nach der Schilyschen und Becksteinschen Manier der Verbote und Repression sollte eine radikale Linke vielleicht einmal schauen, dass sie sich nicht den Rest ihrer Bündnispartner verprellt. Denn, auch Münchener Verhältnisse sind denkbar! Die berechtigte Kritik an einem befriedetem 1.Mai spielt mit dem gleichen Gewaltbegriff, wie die bürgerliche Gesellschaft. Gewalt wird als Selbstzweck dargestellt, statt gesellschaftliche Strukturen (Wertgesetz und die Instutionen seiner Absicherung sowie der gesellschaftliche tradierten Elemente die in die kapitalistische Produktionsweise integriert sind) zu benennen, die die Subjekte konstituierten.  
Hans: Statt einer Ablehnung a la "Objekt der Begierde"-Flugi, wäre eine konstruktive Diskussion über Möglichkeiten und Sinnhaftigkeit des Projekts angesagt. Und bei genauer Abwegung wäre das Personenbündnis auch zu verwerfen. Die Revolution wieder denkbar zu machen ist unser Ziel.  
Deligierter der Sachsen und Schwaben: Und wer hat nach der Revolution die Macht? Diktatur der Studenten? Oder Fachschaftsräte-Republik?  
nn: die ständige beschwörung des wertgesetzes geht mir langsam auf die nerven. marx hat mehr geschrieben, als der kurzdenker kurz ihm lässt. -- ansonsten hat hans recht: dem bündnis geht es um erweiterung der möglichkeiten linker politik. das ist ein richtiges anliegen, denn radikalität beweist sich nicht in rhetorik, sondern im maß wirklicher veränderung -- und für die braucht es eine massenbasis. ich habe nichts gegen steinewerfende jugendliche (wenn die steine in die richtige richtung fliegen) und auch nichts gegen steinewerfende altautonome (dito). wer aber erwartet, dass daraus eine massenbasis für sozialen widerstand erwächst, hat nicht ein brett vorm kopf, sondern einen ganzen schrank.  
Schlau werden zum 1. Mai: 1.  Intro
Schlau werden zum 1. Mai: 2. Häufig gestellte  Fragen
Schlau werden zum 1. Mai: 3. Was war 1987-2001 - Die  Chronologie
praktikant: nn hat nichts gegen steinewerfer. ob er/sie wohl selbst schon mal einen stein geworfen hat? oder zumindest mal ein wattebäuschen? typisches schreibtisch(täterInnen)gelaber.  
nn: ja, schätzchen, und der wattebausch hat sogar getroffen.  
nn: übrigens geht "schreibtischtäter" unter die gürtellinie: nazivergleiche laufen nicht unter diskussion, sondern unter diffamierung. das kannste stecken lassen. -- scheinbar hat dir ja nicht gefallen, was ich geschrieben habe. du könntest einfach sagen, was dir nicht passt, anstatt so rumzugrunzen. sonst kann außer dir selber niemand was mit deinem kommentar anfangen.  
LTI: Nicht jeder Schreibtischtäter ist ein Nazi. Begriffsbedeutungen erweitern sich gerne mal mit der Zeit, wie auch dieser. Viele Leute bezeichnen heute im arbeitsorganisatorischen Bereich die, die Büroarbeit machen als Schreibtischtäter (Gegenstück: die die reale Waren bewegen, Kundenkontakt haben, usw.). Es soll wie auch in diesem Fall andeuten, dass einige Probleme der Praxis nicht so durchführen lassen wie an den Reißbrettern ausgedacht. Die (Nazi)Schreibtischtäter, gegen Du Dich erwährst, wussten was tun, aber haben nicht die Arbeiten ausführen müssen. PS: Ansonsten gebe ich Dir Recht.  
schätzchen praktikant: präzisierung der kritischen nachfrage an nn (wie gewünscht) was macht nn zum gelingen eines knackigen ersten mai? mit schön reden wirds nix draus, mit wattebäuschchenwerfen vielleicht. (nn steht hier auch für alle anderen, die nur labern -tschuldigung: diskutieren) p.s. schreibtischtäter hat hier nix mit rechts zu tun. aber schreibtischgelaber nutzt och nix. und steinewerfen is drecksarbeit, det kannste glauben.  
Müde Massenbasis: Wir würden sie ja weiter tun, die Drecksarbeit des Steinewerfens, wenn dabei was rumkäme.  
Logikerin: Was soll man auf einem Diskussionsforum schon anderes tun als labern? Wenn das wenigstens funktionieren würde!  
Maifee: Was soll man auf einer Demo schon anderes tun als randalieren? Wenn dabei wenigstens was herumkäme...  
hans: Die Kräfteverhältnisse für die revolutionäre Linke stehen ungünstig und manchmal muss man sich fragen, ob es denn wirklich soviel besser wäre, wenn dass, was sich radikale Linke schimpft, Macht hätte in den entschiedenen Räten. Aber nun gut, wir befinden uns in der Phase der Kritik.  
hans: Und es gilt der konstruktive marxsche kategorische Imperativ "Alle Verhältnisse umzustürzen in der, der Mensch ein entrechtes und geknechtetes Lebewesen ist". Der Wille zählt! (Nach Nietzsche ist auch dies schon ein Weg zur Macht). Die radikale Linke befindet sich gerade nicht in der goldigen Situation. (Jede Woche zehntausende auf den Strassen, verankerte Institutionen und Ansätze von Rätebildung; alles (hoffentlich) Zukunftsmusik).  
hans: Die Kritik am bestehenden schafft es zumindest einmal im Jahr 15.000 Menschen auf die Strasse zu bringen und dies wurde im letzten Jahr zumm ersten mal verboten. Die Einschätzung der aab ist richtig. Man muss Bündnisse schliessen (ohne die eigene Position zu verwässern) um den Revolutionsgedanken überhaupt erst wieder hörbar zu machen, wir sind in keiner Postion wo wir die grosse Wahl hätten ( außer: sich ins Kämmerchen zurück zu ziehen und bahamas zu lesen).  
hans: Und nun zum linken Selbstverständnis:"Links IST man nicht, 'links' ist weder ein Sein noch eine Eigenschaft oder gar ein Eigentum, sondern 'links' ist ein bestimmtes Wirken in einem Kraftfeld im Gegensatz. Man bleibt nicht links, sondern handelt so (greift ein) in immer neuen konkreten Situationen". ( Wolf Haug)  
Heinz: Die AAB sind doch Faschisten! Und die anderen Autonomen, die wahren Revolutionären. Bei so eindeutigen Fronten bereitet die AAB im nächsten Jahr bestimmt mit den Bullen das AHA-Konzept vor, während die richtigen Linksradikalen immer noch treu den alten Tagen nachweinen. Die AAB will doch eine Partei werden und mit Schröder Gaza und Ramalla bombardieren. Und Lybien und den Irak. Ich weis es ganz genau!  
hans: werter heinz deine worte sind nicht so wohlfeil, vielleicht kannst du ja durch deine taten im klassenkampf überzeugen. ich bezweifle es.  
Kreuzbergerin: EIN ANDERES KREUZBERG IST MÖGLICH! AUTONOME REPUBLIK KREUZBERG! REVOLUTIONÄRER 1. MAI 2002  Autonome Republik Kreuzberg Homepage
Elke-Ida: Es ist doch ganz einfach: ein breites Bündnis will Kreuzberg polizeifrei. Was kann dies anderes bedeuten als daß DAS ERSTE MAL die Bundeswehr in SO36 eingesetzt wird? Nach diversen erfolgreichen Deeskalations-Maifeierlichkeiten wäre dies gleichfalls eine Demonstration von Frieden... (nationaler statt internationaler Friedenseinsatz)?!?  
Elke-Ida: ...  und hier noch mein Name für den Link
Otto: Info-Veranstaltung zum 1. Mai am Freitag den 22.März im Stadtteilladen Zielona Gora. Mit Vertreter/inne/n der studentischen Initiative an der Freien Universität. Offener Dialog zu den bisherigen Planungen. Kritik ist herzlichst erwünscht.  
Otto: Uhrzeit: 19.30. Das Zielona Gora ist im Friedrichshain in der Grünbergerstr.  
Reaction: Am Di abend ist das Auto vom FU-Prof Grottian abgefackelt worden. Womit sich die wahren und wirklichen Revolutionäre mal wieder selbst ins Abseits gestellt haben. Nur gut das die Blut-und-Boden MLer ihre eigenen Demos machen. Es zeigt allerdings auch, das die radikale Linke immer wieder an sich selbst scheitert und nicht am bösen Staat und seinen "Unterdrückern". Hoffe nur, das sich solche Erscheinungen eines Tages von selbst erledigen  
Bully: Quatsch!  
Reaction: @Bully, wieso quatsch? Wenn die radikale Linke nicht an sich selbst scheitert, an wem dann?