bettenneutral!
Zur geplanten Schließung der "HIV/AIDS-Abteilung" im Krankenhaus Prenzlauer Berg (Berlin)

zusammengefasst von Robert M.

Die Vivantes GmbH möchte als Betreiberin des Krankenhauses Prenzlauer Berg unter anderem Kosten sparen, in dem sie Teilbereiche zentralisiert. Konkret heißt das: Die Infektionsabteilung mit Schwerpunkt HIV/Aids/Hepatitis und die Tagesklinik des Krankenhauses Prenzlauer Berg (Danziger Straße 75) sollen zum 31.12.2001 geschlossen werden. Berlins NordostlerInnen müssten dann ins Schöneberger Auguste-Victoria-Krankenhaus. Das Problem: Wer Berlin kennt, weiß um seine Größe. 400 PatientInnen sollen dann regelmäßig quer durch die Stadt reisen, eine zusätzliche finanzielle und gesundheitliche Belastung für viele HIV-Infizierte. Ein soziales Netz, das sich im Krankenhaus Prenzlauer Berg aufgebaut hat, geht verloren. Von einer wohnortnahen medizinische Versorgung wäre nicht mehr zu sprechen.

Der "Versorgungsauftrag" ginge dann an das Schöneberger Auguste-Viktoria-Krankenhaus (AVK). Die Umstrukturierung soll bettenneutral gestaltet werden, wie es im Büro-Deutsch so schön heißt. Darf ich übersetzen? Obwohl mit einem Ansteigen der PatientInnenzahlen im AVK zu rechnen ist, sollen nach jetzigen Plänen die Bettenzahlen und Kapazitäten (auch personell) nicht erhöht werden.

Pluspunkt, erstes und einziges Selbsthilfeprojekt von Menschen mit HIV und Aids im Ostteil Berlins, koordiniert die Proteste gegen die Schließungspläne und hofft auch auf Unterstützung von außerhalb. Eine Form des Protestes waren entsprechende Anfragen von Pluspunkt, Betroffenen und Privatpersonen an "Berliner Institutionen" zu den Schließungsplänen. Doch im Moment ist Wahlkampf in Berlin, der Insider weiß: keine Negativmeldungen! Beispielhaft ist die Antwort der Berliner SPD auf eine entsprechende Anfrage: höflich, aber diffus schwammig.

"... Die von Ihnen angesprochene Schließung der Infektionsabteilung mit HIV-Schwerpunkt und der Tagesklinik des Krankenhauses Prenzlauer Berg ist Bestandteil des Konzeptes der Vivantes GmbH zur Änderung der Berliner Krankenhausstruktur. Bei diesem Konzept handelt es sich um einen Vorschlag, der auf der politischen Ebene noch nicht abschließend bewertet worden ist; eine Stellungnahme des Senats liegt bislang noch nicht vor. Auch innerhalb der SPD-Fraktion des Abgeordnetenhauses wird über dieses Konzept noch kontrovers diskutiert. Auch hier ist noch keine Entscheidung getroffen worden.
Es hat in den vergangenen Wochen eine Vielzahl von Hinweisen von Patienten der Tagesklinik und sonstigen Betroffenen gegeben, die insbesondere auf die hohe Qualität von Medizin und Pflege in der Klinik aufmerksam gemacht haben. Die SPD-Fraktion hat diese Hinweise zur Kenntnis genommen und wird sich für den Erhalt des Standortes einsetzen. Ich bitte aber um Verständnis dafür, dass eine endgültige Entscheidung nur im Rahmen eines wirtschaftlich tragfähigen Gesamtkonzeptes getroffen werden kann. ..."


Darf man den aktuellen Antwortschreiben verschiedener Parteien und Organisationen glauben, die sich verbal alle auf die Seite von Pluspunkt schlagen, ist eine endgültige Entscheidung noch nicht gefallen. Pluspunkt organisiert und koordiniert eine Protestaktion, die medienwirksam noch im September stattfinden soll. Den genauen Termin und der Ort (beides steht noch nicht fest) und weitere Details wie sich Pluspunkt unterstützen lässt, gibt es unter der Telefonnummer 030-4466880 oder demnächst auf der Webseite des Selbsthilfeprojekts ( www.pluspunktberlin.de)


Krankenhausbettinstallation
neutrino: eine tagesklinik hat auch das rvk (rudolf-virchow-klinikum), das zur charite gehört. man muss aus dem prenzlauer berg also nicht nach schöneberg, sondern nur in den wedding. aber schön ist das natürlich trotzdem nicht.  
Monetik : Ethik: Die Behandlung von HIV-Patienten ist sehr teuer, das System der Krankenkassen ist derzeit noch sehr eine Solidargemeinschaft. Ich finde aber auch, das nicht jeder Versuch, auch dort zu sparen abgeschmettert werden darf. Ein bisschen Großstadtüberheblichkeit gehört schon dazu. Denn auf dem Land wäre es klar, dass man 50 oder 100 km fahren müsste zur nächsten Spezialklinik. Ja, dadurch wird ein Stück Lebensqualität eingebüßt, ich denke aber ein Stück zu verkraftendes.  
Monetik : Ethik: Ganz anders sehe ich die Nichtaufstockung der Kapazitäten im AVK. Wenn man schon 2 Spezialabteilungen für Berlin zusammenführt, muss man auch dort die Kapazitäten erhöhen, ohne Wenn und Aber. Oder ändert sich derzeit durch neue/ andere Medikamente und Therapien die BEHANDLUNG von HIV-Patienten (z.B. Hausbesuche von Ärzten/Pflegedienste)?  
Monetik : Ethik: @neutrino Soweit ich die Problematik verstanden habe, geht es darum, dass die Tagesklinik auch entsprechend spezialisiert sein muß, und nicht irgendwo eine Tagesklinik geschlossen wird.  
Brenda: Nein, die Behandlung ändert sich derzeit nicht. Es gibt derzeit noch keine medikamentösen Alternativen zur Dreifachkombination (ART). Das Herunterfahren der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherungen bedeutet auch weniger, und nicht mehr Hausbesuche.  
Brenda: Durch die steigende Inanspruchnahme von Privaten Krankenversicherungen durch überwiegend junge und gesunde Menschen (v.a. Männer, denn Frauen zahlen qua Geschlecht durchschnittl. monatlich DM 100 mehr) geht dem Solidarsystem ziemlich viel Geld flöten.  
Brenda: Das haben dann insbesondere Menschen aus den unteren Einkommensschichten auszubaden, die sich keine privaten Zusatzversicherungen leisten können, und für die immer weniger Leistungen zur Verfügung gestellt werden.  
neutrino: m:e, tagesklinik im rvk, damit ist schon eine hiv/aids-tagesklinik gemeint. wie solche kliniken dann weiter spezialisiert sind, das weiß ich nicht. zumindest ist das r.v.k. renommiert und verfügt über große erfahrung in der behandlung, schon wegen der anbindung an die charité. und nett sind die leute da auch. -- aber wie gesagt, das ist kein argument für die schließung.  
Monetik : Ethik: Brenda, das KK-Problem ist ja gut und schön (eben nicht!), aber trotzdem geht es mir unter anderem auch um die Vertretbarkeit der Wegstrecken. Krebs- und Dialysezentren gibt es ja auch nicht in jedem StadtteilKKH.