Homoehe macht doof
von Eike Stedefeldt

Die Reaktionen auf das vorläufige "Ja" Karlsruhes zum Lebenspartnerschaftsgesetz offenbaren das ganze Ausmaß eines intellektuellen Verfalls.

Am 18. Juli wies das Bundesverfassungsgericht Anträge Bayerns und Sachsens auf einstweilige Aussetzung der Homo-Ehe ab. Zur allgemeinen Überraschung, denn selbst jene Vereine, die es mit einer zehnjährigen Propagandaschlacht gegen links (weniger gegen rechts) herbeiführten, hatten einen Erfolg der Antragsseite erwartet. Während nicht zu erwarten ist, daß Karlsruhe in absehbarer Zeit doch noch den Normenkontrollklagen dreier schwarz regierter Länder folgt und das erste Sondergesetz für Homosexuelle seit Streichung des §175 StGB im Jahre 1994 nachträglich für verfassungswidrig erklärt, ist eines sicher: Rot-Grün hat eine weitere, einst aufmüpfige Emanzipationsbewegung zur Strecke gebracht; die "Homosexuellenfrage" wurde per Heimholung ins Reich von Ehe und Familie gelöst.

Ein klassisches Szenario mit gewohnt unappetitlichen Effekten, die nur noch damit erklärbar sind, daß auch unter Perversen politisch-moralischer Verfall einhergeht mit abnehmender geistiger Potenz. Dafür lieferten die letzten Tage allerhand Beispiele. "So deutlich hatte das höchste Gericht noch nie konzediert, daß Homosexuelle in ihrer Lebensform diskriminiert seien", halluzinierte der Schwule vom rechten Rand der taz, Jan Feddersen - nur eine Richterstimme weniger hätte das Machwerk aus der grünen "Erfolgsabteilung Homosexuelle" ins Schwule Museum befördert. Ähnlich desorientiert gab sich der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag: "Bayern ist auf ganzer Linie gestoppt worden", jubelte Volker Beck, obwohl die Entscheidung im Hauptsacheverfahren noch aussteht.

Daß sich ausgerechnet der Primus des konservativen Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) vor Gericht und Fernsehkameras mit einer riesigen AIDS-Schleife schmückte, verweist auf eine Interferenz von dumm und dreist: Beck hatte für die Renten-Reform gestimmt, also gegen die vitalen Interessen von Menschen mit HIV (Hauptbetroffenengruppe sind Schwule), über die auf dem Berliner AIDS-Kongreß Anfang Juli resümiert wurde: "Leistungen werden gekürzt, HIV-Infizierte stehen erheblich schlechter da als je zuvor." Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) hielt zudem das grüne "Projekt der Moderne" für gesellschaftspolitisch rückwärtsgewandt, das überdies alle Präventionslogik übergeht: Wo "Ehe" monogam angelegt wird, kommt sie auch in der Homo-Fassung mit antiquierten Werten wie sexueller Treue daher; verdächtig macht sich, wer im Ehebett mit Kondomen wedelt. Strukturelle Studien bestätigen dies: gerade "auf Dauer angelegte Partnerschaften" sind ein Hauptinfektionsrisiko. Folglich wurde die DAH von der Justizministerin gar nicht erst zu den Vorgesprächen mit "interessierten Verbänden" gebeten. Die Einladungsliste dazu stammte laut Däubler-Gmelins Vorzimmer aus dem Büro Beck.

Bar feministischen Grundwissens triumphierte auch Grünen-Chefin Claudia Roth, LSVD-Mitglied seit 1993. Die "Menschenrechtsexpertin" delirierte einen "guten Tag für Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie" und hob so die staatliche Nichterfassung lesbischer und schwuler Paare quasi auf eine Ebene mit, sagen wir: Bomben auf Belgrad. "Zwar findet sich in der Menschenrechtserklärung der UNO tatsächlich ein Hinweis darauf, daß das Recht auf freie Partnerwahl zu den Elementarrechten zu zählen sei", schrieb Georg Klauda zu diesem Aberwitz im Buch "Unser Stück vom Kuchen. Zehn Positionen gegen die Homo-Ehe" (Querverlag 2000). Doch sei es dort aus ganz anderem Grund verankert worden, nämlich, um "Frauen vor Zwangsverheiratung, Beziehungen zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft oder Religion vor Eheverboten zu schützen, die für sie, anders als für Lesben und Schwule, in aller Regel mit einem völligen Beziehungsverbot zusammenfallen".

Davon, daß unter der von Roth mitverantworteten Abschiebepraxis das LPartG wie die BGB-Ehe bei sogenannten binationalen Paaren "eine bis ins antike Extrem einer hausväterlichen Gewalt über Leben und Tod gesteigerte Abhängigkeit für den ausländischen Partner bedeutet" (Klauda), hat Roth keinen Schimmer. Im Gegensatz zu Birol Izik vom Verein "Türkiyeli Gay": "Durch Scheinehen können neue Abhängigkeitsverhältnisse entstehen", sagte er dem Tagesspiegel. Martin Herdieckerhoff, Vorstand der "Lesben und Schwulen in der Union" (LSU), erklärte das Karlsruher Urteil hingegen für "einer freien Gesellschaft würdig". Als brächte das LPartG statt gleicher Rechte nicht vor allem Pflichten (z.B. Unterhalt auch nach der Scheidung, aber anders als bei Hetero-Ehen ohne steuerliche Absetzbarkeit; es gibt auch kein Ehegattensplitting) und beschränkte es nicht die Freiheit, eine neue Partnerschaft einzugehen (Scheidungsfristen, Anwalts- und Gerichtspflicht).

Das Wissen um all die diskriminierenden Nachteile stoppte auch nicht den intellektuellen Sinkflug der Vielsprecherin des LSVD, Halina Bendkowski: "Man kann die Uhr nicht einfach zurückdrehen. Wachen Sie auf, Herr Stoiber! Wir leben im 21. Jahrhundert, Herr Biedenkopf!" Angesichts der Kopie von Regeln, die in einer Zeit fixiert wurden, als Frauen nicht mal das Wahlrecht hatten, ein toller Witz. Doch die "Erfinderin der Geschlechterdemokratie" hatte noch einen parat: "Deutschland hat damit in lesben- und schwulenpolitischer Hinsicht endlich Anschluß gefunden an die EU-Länder Dänemark, Niederlande, Schweden und Frankreich." Nur: Frankreich überwand das undemokratische Ehemodell durch den Zivilen Solidaritätspakt (PACS), der Menschen nicht nach Sexualität und Geschlecht sortiert, sondern ungeachtet dessen jeder und jedem offensteht.

Bei Farid Müller, dem Sprecher der grünen Bundesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik, knallten unterdessen nicht Sektkorken, sondern die Sicherungen: "Schenk einig mit Stoiber und Meisner" begeiferte er in einem aus seinem Hamburger GAL-Büro gefaxten Statement eine Erklärung der lesbischen PDS-Abgeordneten, worin es hieß: "Eine Zwangspause hätte auch eine Denkpause und Chance für die Politik sein können, grundlegende Konstruktionsmängel des Gesetzes zu beseitigen." Die Feministin hatte wie viele linke Gruppen eine staatsferne, flexible Regelung bevorzugt und deshalb am 10. November 2000 im Reichstag gegen ein LPartG gestimmt, das zwei Monate zuvor im Rechtsausschuß sogar der von den Grünen als Gutachter benannte Direktor des Hamburger Max-Planck-Instituts für Internationales Privatrecht, Prof. Hein Kötz, als "barocke Lösung" verlacht hatte, bei der er "leider" nicht genau wisse, was das federführende Justizministerium sich gedacht habe. "PDS übt Schwulenklatschen" überschrieb das LSVD-Mitglied Farid Müller seine unwürdige Injurie, der an sich eine Klage folgen müßte: "Schwulenklatschen" steht für tätliche Gewalt.

Daß die Homo-Ehe bei ihren Protagonisten persönlichkeitsverändernd wirkt, ist der erträglichere Teil dieses Ehedramas. Den weitaus schlimmeren begründete der Berkeley-Professor Carlo M. Cipolla 1988 im Standardwerk "Allegro ma non troppo" mit dem „goldenen Prinzip der menschlichen Dummheit": "Ein dummer Mensch ist ein Mensch, der einem anderen Menschen oder einer anderen Gruppe von Menschen einen Schaden beibringt, ohne zugleich einen Gewinn für sich selbst dabei herauszuziehen oder sogar einen Verlust erleidet." Zögen die Damen und Herren Staatshomos aus ihrem LPartG persönliche Gewinne, wären sie laut Cipolla nämlich nicht dumm, sondern Banditen.

zum Thema PACS, Homoehe, Bindungen bisher auf etuxx erschienen:
  • Bindungen - Brauchen wir neue Verbindlichkeiten in unseren Beziehungen?
  • Verfassungsklagen - Steckt ein Stückchen Fortschritt in der konservativen Homoehe?

Ja
Hildegard: In der politischen Bewertung der so genannten "Homo-Ehe" stimme ich mit Eike Stedefeldt hundertprozentig überein. Aber was mir an seinen Statements zum Thema nicht gefällt, ist die Fixierung auf Figuren wie Beck und Co., die zu einer fragwürdigen Personalisierung führt. Sinnvoller wäre, 1. die Gründe für den Erfolg der Ehepropaganda zu analysieren und 2. Gegenmodelle zu entwickeln.  
Hildegard: Nachtrag: Es gibt auch keinen "Rechtsruck" der "Bewegung", sondern nach dem Nachlassen des gemeinsamen Diskriminierungsdrucks ist nur auseinander gefallen, was kaum je zusammengehörte. Angemerkt sei auch noch, dass der erzreaktionäre Jura-Professor Hein Kötz ein schlechter Kronzeuge für linke Positionen ist.  
heinrich: brauche ich das staatssiegel über meine partnerschaft? ist mein gefühl erst echt, wenn eine standesbeamtin, notarin oder meinswegen eine staatliche fleischbeschauerin mir das offiziell bestätigt? muss ich steuerliche vorteile haben, wenn ich (sollte ich denn) liebe oder nähe zu einem menschen fühle? also nee... der ganze homo-ehe-quark ist gerade noch als promo-ereignis für lesben und schwule zu ertragen, um den preis, dass ein reaktionärkompatibles klischee vorgefahren wird; schön blöd!  
Eike Stedefeldt: Ich würde SOOO gern Beck & Co. umgehen, aber man kommt daran nicht vorbei. Außerdem ist der Minister des Rückwärtigen geradezu prototypisch für jene sich selbst verachtenden Kompensationshomos, die letztlich ins Reaktionäre abgleiten bei ihrem Drang nach staatlicher Anerkennung. Und das in jeder Hinsicht.  Stedefeldt
Eike Stedefeldt: Ach ja, was Kötz angeht: Ich finde es köstlich, wenn der politische Gegner sich solche Eier legt wie damals die Grünen im Rechtsausschuß des Bundestages. Die Gesichter hättet Ihr sehen sollen, als Kötz die Koalitionäre auslachte. War wirklich lustig. Ich finde, Spaß gehört zur Politik, sonst würde sie gänzlich unerträglich.  Stedefeldt
Hildegard: Unbestritten ist Beck prototypisch, aber trotzdem führt es auf die Dauer nicht weiter, sich an diesen Gartenzwergen abzuarbeiten. Und, lieber Eike Stedefeldt: Manchmal - z. B. in deinem ansonsten verdienstvollen Buch "Schwule Macht" - klingt es so, als beruhe der ganze Ehe-Hirnriss auf der Verschwörung einiger machtgeiler schwuler Schwaben, und das ist mir ein bisschen zu einfach. Propaganda braucht einen fruchtbaren Boden, sonst nützt die schönste Intrige nix.  
Hildegard: Auch lohnt es nicht, sich über Leute wie LSU-Herdieckerhoff aufzuregen - wass soll der Vertreter einer konservativen Partei anderes vertreten als konservative Positionen? Betr. Spaß: Ich habe sehr gelacht, als selbst der deutsch-piefigste aller TV-Sender, der MDR, kürzlich ein biederes Schwulenpärchen präsentierte mit dem Tenor: Warum will die böse CDU diese lieben Homos nicht heiraten lassen? Da wird sich die sächsische Landesregierung aber gar nicht gefreut haben, und es illustriert auch sehr schön, welche Werte die "Homo-Ehe" befestigen hilft ...  
Sascha B.: Eike, ich kann Hildegard, wie Du Dir denken kannst, nur beipflichten - denn diese Frage hast Du mir, trotz einiger Gespräche darüber, nie so recht beantworten können, finde ich: Was erwartest Du von Figuren wie Volker Beck oder von sonstigen konservativen Schwulen?! - Mein Idealismus geht in andere Richtung: Anstatt Funktionäre auf ihre Widersprüche hinzuweisen, wäre es mir wichtiger, den eher "Indifferenten" klar zu machen, dass die Homoehe ein anti-emanzipatorisches Projekt ist. - Ich glaube übrigens nicht, dass der LSVD die Mehrheit der Schwulen (geschweige denn der Lesben!) hinter sich hat. Aber das ist vielleicht wieder eine neue Debatte...  
nancy: aber sascha, genau an diesem 'klarmachen' arbeitet eike doch ebenso wie etuxx und eine menge anderer leute. übrigens gehört dazu auch, die rolle des lsvd 'klarzumachen'. -- und hildegard, warum gerade das rotgrüne homoehemodell geadelt wurde, das scheint mir ziemlich klar zu sein: weil es zur mainstream-ehe am besten passt. 'gegenmodelle' gibt es auch bereits, z.b. die wahlverwandtschaften. wo also müssten wir anfangen, wenn wir uns nicht weiter im kreis drehen wollen?  
Sascha B.: Genau, Nancy, DAS ist die Frage: Wo müss(t)en wir anfangen?! Auch hier auf ETUXX drehen wir uns zu diesem Thema im Kreis. Ich hoffe ja immer noch, dass es Leute genug gibt, mit denen zusammen wir (hier?) mal einen Gegenentwurf zu den ganzen verfickten (tschuldigung...) Partnerschaftsmodellen formulieren könn(t)en! Einen anarchistischen Gegenentwurf, einen freiheitlichen, einen queeren...  
Grobi: Will nicht mal jemand diese SCHRECKLICHE hintergrundtapete ersetzen??? die ist etuxx unwürdig!!!  
Dekoabteilung: das ist feinster Regenbogenbrokat! Wir von der Firma "pride cloth" dachten, das paßt zur altertümlichen Ehe.  
Stjopa: Ist nicht besser, als irgendwelche Gegenentwürfe zu machen und sich an Homos abzuarbeiten, mit denen ich so gut wie nichts am Hut habe, das was exisitiert zu unterlaufen. Bevor das Geld abgeschafft wird geh ich eben klauen und schwarzfahren.  
Moral: Wirkliche Veränderungen haben "Seitensprünge" und "schwule Priester" auch der katholischen Lehre nicht gebracht! Klauen und Schwarzfahren mag dein individueller Umgang sein, eine gesamtgesellschaftliche Veränderung wird damit stark verlangsamt. Was heute "machbar" wäre, wird sich erst in hundert Jahren "gesellschaftlich" durchsetzen, wenn Du dich individuell durchmogelst.  
Refo Mist: ich versteh euch nich, mädels. eigentlich gehört doch noch viel mehr abgeschafft als das ehemodell: definierte sexualität, die kapitalistischen prinzipien von konkurrenz um partner/innen und warenförmiger beziehungsführung,schließlich noch das patriarchat. das ehegattensplitting gehört sowieso durch kommunismus ersetzt. alles keine frage, und PERSÖNLICH interessiert mich der ganze ehequatsch auch nur, weil er jede menge privilegierte schafft, gegen deren privilegien ich was hab, ABER:::  
Refo M.: die deutsche hausfrau draußen im lande kann sich aufgrund rechtlicher und kultureller privilegien der heten immer wieder aufs neue der tatsache versichern, das nicht-heten pervers sind. gay bashers machen damit blutigen ernst.  
Refo M.: die freiheit für homos, in diese privilegienmaschine einzusteigen, zersetzt deren ausschiließlich heterosexuellen charakter und ist ein deutliches signal: frauen stehen nicht mehr unbedingt männern zur verfügung, sondern wählen - staatlich sanktioniert - frauen als partnerinnen; und der staat sagt ja zur schwulen partnerwahl. das macht was offiziell, sweeties, lasst uns nicht an pappkameraden abarbeiten, sondern lieber im schutze dieses sterns unser eigenes ding machen. die abschaffung des systems wird nicht per gesetz verordnet, aber wir können die lage ausnutzen.  
Sascha B.: Yup! Sehr schön, Refo M.! Allein: Definierte Sexualität können wir nicht "abschaffen" (irgendwie haben zu viele Leute immer noch dieses Modell im Kopf: Wir ändern ein Gesetz - und damit ist was abgeschafft...) - wir können nur versuchen, Definitionen zu ändern, aufzuweichen etc. But take care!: ohne Definitionen, auf die wir uns einigen, könnten wir uns überhaupt nicht mehr verständigen.  
Refo M:: oakay, sascha, dass war keine ausgefeilte strategie zum systemsturz, gelle (sollte es aber auch nicht sein). das gesetz zur abschaffung definierter sexualität - klarer kategorien nämlich, die unser begehren in definierte kanäle oder (dunkle) räume lenken, um die öffentliche und subjekt- ordnung hegemonial zu strukturieren - dieses gesetz wirds nicht geben. da muss subversive aktivität - öffentliches fisten auf dem kirchplatz, z.b. - ran.  
Refo M.: ich hätte im übrigen gerne gesprächspartnerInnen für meine hauptthese, dass die homoehe sogar eher gut als schlecht ist. nicht provo genug?  
nancy: refo, die ist insofern nicht mehr provo, als sie hier schon einige dutzendmale aufgestellt wurde. ich jedenfalls rege mich da nicht mehr auf. -- übrigens bin ich sogar: für reformen. aber es gibt ein kriterium. sie müssen mehr + bessere lebensmöglichkeiten öffnen, als sie schließen. (gern auch kollektive.) und das tut die homoehe gerade nicht.  
nancy: originell wäre allerdings, wenn du folgenden zusammenhang plausibel machen könntest: die homoehe überzeugt alle hausfrauen (oder fast alle) davon, dass homos akzeptable menschen sind, und deshalb hören die gaybashers auf, die armen schwulen und lesben im park oder sonstwo zu jagen. das fänd ich zumindest vergnüglich zu lesen... ;-)  
Refo M.: die deutsche hausfrau wird erstmal nicht überzeugt, aber sie muss sich einen teil ihrer privilegien jetzt mit den persversen teilen. die leben ja - ihr kennt das argument doch - nicht nur in ehrenfeld und schöneberg, sondern auch in niederbayern und im emsland. wenn dieser ehekram der zwar nicht wünschenswerte, aber erstmal notwendige schritt ist, deren unabdingbare akzeptanz zu fördern (und damit alternativen zur hetero-norm zu ermöglichen) finde ichs akzeptabel. dass heisst nicht, dass man nicht trotzdem öffentlich zeigt, dass ehe, monogame konzepte, privilegien und die dahinterstehende moral fürn arsch sind. soviel pragmatismus und strategie würd ich allen gern zumuten.  
Hildegard: Lieber Refo M., eigentlich kann ich da nur auf Eikes Ausgangstext verweisen - in dieser Hinsicht gehe ich nämlich absolut mit ihm konform: Die Homo-Ehe ist kein Schritt in die richtige Richtung, sondern das genaue Gegenteil. Statt die Privilegierung bestimmter, abhängigkeitsfördernder Lebensformen zu untergraben, zementiert sie diese. Aber das ist für mich, genauso wie für Nancy, eigentlich längst nicht mehr provo, sondern - ehrlich gesagt - ziemlich abgegessen.  
Hildegard: Zu Stjopa und Moral: Individuelles Unterlaufen und politische Gegenstrategien schließen sich doch nicht aus, sondern sollten sich eher ergänzen!  
Stjopa: Hast ja recht. Einer meiner Freunde will sich jetzt mit seinem ausländischen Freund verpartnern, der dann ne Arbeitserlaubnis bekommt. Obwohl gegen Homoehe, fing ich an, über deren Nutzen nachzudenken. Inzwischen plagen mich wieder arge Bedenken. Wenn die verheiratet sind, einschliesslich Ehevertrag und Gütertrennung ... Also ich würde die komplizierten Macht- und Abhängigkeitsstukturen, die mich schon so oft überfordern, gar nicht mehr geregelt bekommen, und schon würde es knallen, aber heftig.  
Sascha B.: Vorgestern war ich auf einem als "Info-Veranstaltung zu Genua" deklarierten Abend linksreformistischer Homosexueller, bei dem dann - wie kommt das nur? - plötzlich die Homoehe ausführlich diskutiert wurde. Vorherrschende Meinung: Deren Verdienst sei es, dass unter Lesben und Schwulen nun endlich wieder über Partnerschaften diskutiert werde (das Politische ist privat, oder so...)!  
Stjopa: Wo war das denn, Sascha?  
nn: im ackerkeller. donnerstag ist noch ne diskussion. nehmt die doch in den terminteil auf.  
Interaktivitätsstelle: das etuxx ist so gebaut, dass jeder seinen Senf draufhaut: Termine kannst Du genauso leicht eingeben wie Kommentare schreiben. Trau Dich!  
Sascha B.: Aber, nn, wo doch die Veranstaltung im Ackerkeller schon so furchtbar war (siehe auch in ETUXX Berlin)... Nee, das musst Du wirklich selber posten..  
Homoehe und Genua: ja das war mir auch schleierhaft, was der eheterorismus mit dem linksterrorismus in genua zu tun haben soll. friedliche proteste in jeder form immer ja bitte, schwarze blöcke und beklatschende anfeuerung der auch gewalt ausübenden nein danke. aber diese uninformierten meinungen angeblich linker homos, schauder graus, ehe raus aus dem GG.  
Fronck: ups, musste das system hier noch vollständig kapieren. Das zu Homoehe + Genua stammt von mir. kam zu spät + musste wieder gehen, deswegen habe ich in die diskussion nicht eingegriffen. aber auch weil ich erschüttert war so viel desinformierte sympathie für die homo-ehe und so wenig informierte anti-pathie zu hören. deswegen apathie.  
nn: fronck, was du da über anfeuerung zur gewalt sagst, ist schlicht: unsinn. geschossen hat ein polizist, das tat er wohl gewaltfrei? und wer hat wohl eine schule voller schlafender überfallen, alles kurz und klein und blutig geschlagen? linksterroristen oder staatsbüttel? und das sei ebenfalls keine gewalt? -- die gewalt ist sowieso da. und wenn du nur fliegende steine siehst, aber keine spur von elend, armut, umweltzerstörung, staatsterrorismus: dann bist du wirklich gewaltig mit blindheit geschlagen. (wofür mein mitleid dir sicher ist.)  
xyz: Eine Homo-Ehe wird es in Spanien vorerst nicht geben. Das Parlament lehnte am 25.9.01 einen entsprechenden Gesetzentwurf mit den Stimmen der mit absoluter Mehrheit regierenden konservativen Volkspartei unter Aznar) ab. Die Sozialisten (PSOE) und die kommunistisch geführte Vereinte Linke (IU) warfen der Volkspartei vor, sich "dem Diktat der Katholischen Kirche unterworfen" zu haben.